Thema: Ganzsachen mit Zusatzfrankatur
fdoell Am: 26.10.2008 12:00:58 Gelesen: 269954# 46@  
In meinem Sammelgebiet Estland gab es (wie übrigens in Lettland und Litauen auch) eine Zeit des Übergangs aus der Sowjetunion 1991-1992 in die wieder erlangte Unabhängigkeit mit etlichen Beispielen zu diesem Thema.

"Als Estnische Sowjetrepublik (ESSR) war Estland natürlich vollständig in das Postwesen der Sowjetunion eingebunden. Nach verschiedenen an der Sowjetbürokratie gescheiterten Versuchen, die nicht für die Leistungen der estnischen Post auskömmlichen Posttarife der Sowjetunion anzuheben, erklärte die Estnische SSR die sowjetischen Posttarife bereits ab dem 1. Januar 1991 für ungültig und definierte eigene, deutlich höhere Inlands-Posttarife für in Estland aufgegebene Briefe, Postkarten und Zusatzleistungen wie Einschreibegebühren. Die Postverwaltung der ESSR schied damit de facto aus dem System der Postverwaltung der Sowjetunion aus.

Mangels Briefmarken in genügender Anzahl, der Unmöglichkeit der Postverwaltung der (Noch-) ESSR, eigene (sowjetische oder estnische) Briefmarken zu drucken oder drucken zu lassen und um die in den Postämtern in hoher Zahl vorhandenen sowjetischen Ganzsachen zu nutzen, wurden vielfältige Nebenstempel (teilweise auch als Lokalausgaben) als Wertstempelzudrucke auf Ganzsachen, Umschläge und Postkartenvordrucke aufgebracht und diese an Postschaltern zum neuen Posttarif verkauft. Mischfrankaturen mit sowjetischen und estnischen Briefmarken für höhere Portostufen und nach Gebührenerhöhungen waren an der Tagesordnung. Mit Wirkung zum 31. Dezember wurden sämtliche sowjetische Postwertzeichen, ob nun in Form von Briefmarken oder als eingedruckte Wertzeichen auf Ganzsachen, für ungültig erklärt. Vormalige sowjetische Ganzsachen wurden jedoch noch jahrelang als Umschläge verwendet.

Noch war die Währung in dieser Zeit der sowjetische Rubel (1 Rubel = 100 Kopeken), dies gilt auch für die ersten estnischen Briefmarken der wiederhergestellten Republik, die ab 1. Oktober 1991 verausgabt wurden. Mit der (Wieder-)Einführung der estnischen Kroon-Währung (1 Kroon = 100 Senti; eine Kroon-Währung gab es bereits in der unabhängigen Estnischen Republik im Zeitraum 1928 bis 1940) am 20. Juni 1992 und deren feste Bindung an die Deutsche Mark (8 EEK = 1 DEM) wurden neue finanzielle Verhältnisse eingeleitet. Rubel wurden im realen Marktwert von nur 10:1 zur estnischen Krone konvertiert (10 Rubel = 1 Kroon) und ermöglichten dem estnischen Geldsystem einen stabilen Kurs."

Hierzu bin ich dabei, eine Ausstellungssammlung aufzustellen, die Texte sind aus der Einführung dazu.

Nachfolgend einige Beispiele:



Frankatur: 5 Kop. sowj, GS-WSt "Transportmittel" braun und Jahreszahl "1982" auf Bildumschlag "Günther Reindorff" + 10 Kop. Zdr. + 50 Kop. sowj. Dauermarken = 65 Kop. für eingeschriebenen Inlandsbrief (Tarifperiode Inland A).

Besonderheit: Erstverwendungstag lt. Michel-Katalog.



60 Kop. auf sowjetischen Einschreibepostkarten (irrtümlich) neben 4 Kop. WSt. (Mi EP1), Porto für eingeschriebene Inlands-Postkarte, gültig nur mit Zusatzporto 6 Kop.



Frankatur: 5 Kop. sowj. GS-Wst. "Fahne ohne Umrandung" blau und Jahreszahl "1988" auf sowj. Bildumschlag "Tallinn" + Zdr. 10 Kop. Typ MB1 + neue estnische Dauermarke 0,05 Rubel = 20 Kop. für einfachen Inlandsbrief (Tarifperiode Inland B).



Frankatur: 7 Kop. sowj. Gs.-Wst. auf Bildumschlag "Kloster Kuremäe" vom 13.05.91 (im Zusammenhang mit der Erhöhung des sowj. Inlands-Briefportos von 5 auf 7 Kop.) + 13 Kop. Zdr. Typ MCS + 50 Kop. sowj. Dauermarke = 70 Kop. für eingeschriebenen Inlandsbrief (Tarifperiode Inland B).

Besonderheit: R-Stempel ohne Eintragung der lfd. Nr., d.h. evtl. voreingedruckt und nicht verwendet; der Brief wäre damit um 50 Kop. überfrankiert.

Herzliche Grüße
Friedhelm
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/662
https://www.philaseiten.de/beitrag/10489