Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 17.09.2007 19:40:39 Gelesen: 1330126# 13@  
Ein Papierschnipsel auf Reisen

Die Geschichte der Briefmarke begann 1840 in Großbritannien – Heute ist das Klebestück ein Zeichen der Wertschätzung

Pforzheimer Zeitung (16.09.07) - Aus den Augen, aus dem Sinn: Kurz befeuchten, auf den Umschlag pappen und dann ab damit – wer nicht gerade Sammler ist, hat mit Briefmarken nicht viel am Hut. Schade eigentlich. Denn die kleinen gezackten Papiere haben den Postbetrieb revolutioniert. Und das bis heute.

Stefan Kley, Direktor des Museums für Kommunikation in Nürnberg, erzählt der PZ die Erfolgsgeschichte der Briefmarke.

Im späten Mittelalter entstanden die Vorläufer der heutigen Post. Zu jener Zeit war noch der Empfänger verpflichtet, das Porto für den zugestellten Brief zu entrichten. Aber immer mehr Absender markierten den Umschlag mit vereinbarten Zeichen, die der Empfänger zu lesen verstand und den Brief so unbezahlt zurückgehen lassen konnte. So gab es bald Bestrebungen, ein neues Zahlungssystem zu entwickeln.

Im Jahre 1838 betraute die britische Regierung Sir Rowland Hill mit der Reformierung ihres Postwesens. Er ließ am 1. Mai 1840 die erste aufklebbare Marke, die „One Penny Black“, drucken. Hill gilt offiziell als Erfinder der Briefmarke. Somit war zum einen der Absender für die Bezahlung des Portos verantwortlich und zum anderen trug die Einführung der Briefmarke zur Vereinfachung und Senkung der Tarife bei, erläutert Kley. Als erste deutsche Briefmarke erschien am 1. November 1849 im Königreich Bayern der „Schwarze Einser“.

Gedruckt wurden und werden Briefmarken auch heute noch auf speziellem, sehr hochwertigem Papier – selbst wenn immer wieder Marken aus anderen Materialien erscheinen. Früher wurden Stein-, Buch- und Stichtiefdruckverfahren eingesetzt, heute verwendet man herkömmliche sowie kombinierte Drucktechniken.

Marke als Liebesbotschaft

Die Zähnung ergab sich aus der Not heraus, die Marken sauber und ohne Schaden voneinander zu trennen, denn die ersten Marken der Welt musste der Postbeamte noch mit einer Schere vom Bogen trennen. Die Klebegummierung hat sich im Laufe der Jahre als die praktikabelste Art der Aufbringung erwiesen und wird weltweit eingesetzt.

Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Brief zum wichtigsten Massen-Kommunikationsmittel. Mit der Zeit entwickelte sich sogar ein regelrechter Geheimcode: Je nachdem, wie die Briefmarke aufgeklebt war, konnte man dem Empfänger eine zusätzliche geheime Botschaft übermitteln. Die Marke schief auf den Umschlag geklebt, hieß beispielsweise „Ich liebe dich“.

Diese Frankierung, berichtet Kley, wurde nicht gerne gesehen, die Post transportierte die Briefe aber dennoch.
Seit der Privatisierung im Jahre 1994 gibt nicht mehr die Deutsche Bundespost die Briefmarken heraus, sondern das Bundesministerium der Finanzen. Gemeinsam mit einem Kunst- und Programmbeirat entscheidet der Bundesfinanzminister über die Auswahl der Motive. Bis ein Entwurf tatsächlich gedruckt wird, muss er viele Komitees und Prüfungen durchlaufen. In einigen Staaten wie den Niederlanden, Finnland, Österreich oder den USA können sogar Privatpersonen Briefmarken mit ihren eigenen Motiven drucken lassen.

Da die Briefmarke schon seit ihrer Entstehung ein willkommenes Medium der Selbstdarstellung des Herausgeberlandes war, dienen sie als Spiegel ihrer Zeit und somit als wichtige historische Dokumente. Insbesondere in Kriegszeiten oder in diktatorischen Staaten wurden und werden auch heute noch Briefmarken für Propagandazwecke eingesetzt.

Die große Gemeinde der Philatelisten interessiert sich insbesondere für Fälschungen, Fehldrucke und Irrtümer. Andreas Hahn, Leiter des Archivs für Philatelie in Bonn, weiß von bekannten „Klassikern“ zu berichten: Beispielsweise die Geschichte vom „Roten Adenauer“: 1968 waren den verschiedenen Portostufen noch bestimmte Farben zugewiesen. Die „30-Pfennig“-Marke zum „1. Todestag von Konrad Adenauer“ wurde also in leuchtendem Rot entworfen; doch die Familie Adenauer protestierte gegen den Farbton, weil er zu sehr an die Farbe der „Roten Fahne“ erinnerte. So wurde die gedruckte Auflage eingestampft und durch eine Marke in orangerotem Ton ersetzt.

Heute werden weltweit mehrere Milliarden Marken verbraucht. In Deutschland liegt der derzeitige Bedarf an Briefmarkenpapier pro Tag bei etwa 25 Tonnen. Wie die Geschichte der Briefmarke weitergeschrieben wird, ist angesichts der Aufhebung des Briefmonopols am 1. Januar 2008 „schwer vorauszusagen“, so Kley. „Aber es gibt einen gegenläufigen Trend, weg vom Freistempler. Heute ist es wieder etwas Besonderes, einen Brief zu schreiben und mit einer schönen Marke zu frankieren. Dieses eigentlich umständliche Verfahren demonstriert dem Empfänger eine besondere Wertschätzung.“

(Quelle: http://www.pz-news.de/kultur/lifestyle/berichte/95747/)

Von Japan über Amerika nach Berlin: Reich frankierter Einschreibbrief aus dem Jahre 1929.

Foto: Deutsche Post/ Archiv für Philatelie


 
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