Thema: Was ist nach Michel ein Gefälligkeitsstempel ?
drmoeller_neuss Am: 29.06.2015 08:06:44 Gelesen: 19964# 30@  
Mein Vorschlag:

Gefälligkeitsstempel = Eine in einem von der Postverwaltung genehmigten Prozess vorgenommene Entwertung von Wertzeichen (lose oder auf Belegen), die nicht für Frankatur- oder andere Verrechnungszwecke der Postverwaltung verwendet wurden.

Ich habe die Definition jetzt allgemeiner gefasst, es kommt alleine darauf an, ob die Entwertung offiziell vorgesehen war. "Wertzeichen" schliesst auch Ganzsachen mit ein, und "Verrechnungszwecke" auch die amtliche Verwendung von Marken zur internen Abrechnung (z.B. in der DDR zur Verrechnung der Gebühren für Postschliessfächer).

"Amtliche Rückdatierungen", wie sie bei Sonderstempeln üblich sind, fallen damit unter meine Definition eines Gefälligkeitsstempels, auch die bogenweise Entwertung von Marken in der DDR für den Export nach Außerkurssetzung, da dieser Prozess durch die DDR-Postverwaltung genehmigt war. "Entwertung" geht weiter als "gültiger Stempel", da auch die aufgedruckten Stempel von Cuba oder Äquatorial-Guinea als Gefälligkeitsstempel zu werten sind, obwohl der Entwertungsaufdruck nicht mittels Stempel angebracht wurde. Wem diese Länder zu exotisch sind, denke nur an die österreichische Porzellanmarke, die offiziell von der Versandstelle mit eingebranntem "Stempel" verkauft wurde.

Mir sind einige Fälle bekannt, wo das Datum handschriftlich eingetragen wurde. Natürlich handelt es sich hierbei nicht um "Stempelabdrucke", aber um amtliche Entwertungen.

Nach dieser Definition sind Abstempelungen durch Postbeamten mit zurückgestellten Stempeln in der Infla-Zeit keine Gefälligkeitsstempel, da hinter dieser Tätigkeit kein genehmigter Prozess steht. Das gleiche gilt für die Abstempelung von losen ausländischen Marken. Dagegen ist eine Abstempelung mit einem "Nachträglich entwertet"-Stempel auf Beleg nicht zu beanstanden, weil dazu die Briefträger auch bei ausländischen Postwertzeichen dazu angehalten waren. Auch ein versehentlich falsch eingestellter Stempel fällt noch unter das Kriterium "von der Postverwaltung genehmigter Prozess", wenn der Prozessablauf diese Fehlerquelle nicht aussschliesst. So kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein weiterverwendeter Stempel aus der Reichspostzeit ohne Absicht plötzlich um 40 Jahre "zurückspringt", zum Beispiel von 1961 auf das Jahr 1922. Die Einstellung "13" anstelle "-3" ist aber auf einen menschlichen Fehler zurückzuführen, den die Mechanik des Stempels nicht verhindern kann.
 
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