Thema: BDPh in Not: Beitragserhöhung um 6 Euro vorgeschlagen
Richard Am: 02.09.2015 10:38:31 Gelesen: 9678# 1@  
Der BDPh in Not - Beitragserhöhung?

Von Prof. Dr. Erhard Mörschel

In Gotha wird die Hauptversammlung und der traditionelle, nun zweijährig stattfindende Philatelistentag stattfinden. Der zweijährige Rhythmus hat dem Ereignis keinen Abbruch getan; im Gegenteil: Ich habe erfahren, dass viele Vereine unseres Verbandes eine Fahrt nach Gotha planen. Für die organisierte Philatelie, Vereine, Verband und BDPh ist die Hauptversammlung von großer Bedeutung, da hier die Weichen für die zukünftige Entwicklung des BDPh gestellt werden. Wir hatten es uns jahrelang gut eingerichtet: noch Anfang der 90er Jahren des letzten Jahrhunderts war unsere Mitgliederzahl hoch (1992: 75.000; mit DPhJ: 84.000 - sie ist nun halbiert (ca. 38.000 Mitglieder) und sie schrumpft altersbedingt weiter um jährlich ca. 5%. Das wirkt sich stark auf die Einnahmesituation des BDPh aus, da weniger Mitglieder Leistung und Infrastruktur bezahlen müssen.

Geldnot war in der Vergangenheit ein Fremdwort, da die "Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte" den BDPh, und damit auch uns und unsere Vereine, in der Öffentlichkeitsarbeit großzügig unterstützen konnte. Noch 2007 lag die Fördersumme bei guter und sicherer Anlagepolitik des Geschäftsführers Herrn Krenkel bei fast 600.000 €. Wie alle Stiftungen leidet auch die "Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte" nun massiv unter dem weiter anhaltenden Zinstief und musste, auch unter Aufbrauch von Rücklagen (nicht des unangreifbaren Stiftungsvermögens) ihre Förderung kontinuierlich zurückfahren, vielleicht dieses Jahr auf ein Sechstel der oben gen. Förderungssumme. Die Bibliotheken Hamburg, Frankfurt und München haben schon das Donnergrollen der unerwarteten Kürzungen gespürt.

Rückläufige Mitgliederzahlen und gleichzeitig hohe Kürzungen der Zuwendungen zwingen den BDPh zum Sparen, in Zukunft wohl auch zu Änderungen von Leistungen und Strukturen. Für das Jahr 2014 konnte der Vorstand des BDPh noch einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen; es wurde an allem gespart, an den Jahresgaben, den Reisemitteln, den Seminarzuschüssen, der Bezuschussung von Ausstellungen, an Personalmitteln, Zuschüssen für Jugend und ARGen. Auch die Zeitschrift Philatelie muss Kürzungen bei Versand, Druck und Seitenzahl hinnehmen.

Andererseits versuchte der Vorstand durch Sponsoring (Philatelistentag Gotha) und z. B. der Auflage der Belegeedition des BDPh die finanzielle Situation zu verbessern und die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Alle diese Sparmaßnahmen werden allerdings für die Zukunft nicht ausreichen, um einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen zu können. Erhebliche Zuschüsse der Stiftung, von denen wir bisher gelebt haben, sind kurz- und mittelfristig nicht mehr zu erwarten.

Herr Müller, Vorsitzender des Verbandes der Philatelisten in NRW e. V. und gleichzeitig Vorsitzender des Verwaltungsrates (Gremium der Verbandsvorsitzenden) wird zur Hauptversammlung in Gotha den Antrag stellen, den Jahresbeitrag für Vereinsmitglieder um 6 € und den der Einzelmitglieder um 3 € zu erhöhen. So stiege der BDPh - Beitrag im Jahr 2017 von 12€ auf 18 €; hinzu kommt der Beitrag des Landesverbandes [Hessen] mit derzeit 3,50 €, wobei auch hier im Verband über eine Erhöhung gesprochen werden muss. Wir sind bisher der "billigste" Verband, andere Landesverbände verlangen höhere Beiträge. Die Einzelmitgliedschaft im BDPh soll um 3 € erhöht werden, da sie schon entsprechend hoch ist und konkurrenzfähig bleiben sollte.

Insgesamt sind [im Landesverband Hessen] nach den derzeitigen Vorstellungen 21,50 € für BDPh - und Verbandsmitgliedschaft zu zahlen. Betrachtet man insgesamt die Leistungen des BDPh, so ist dies noch ein guter Preis; allein eine frei verkäufliche philatelistische Zeitschrift kostet ein Vielfaches dieses Betrages!

Andererseits ist es notwendig, sich die Beitragsstruktur der Vereine unseres Verbandes vor Augen zu führen. Die meisten Vereine verlangen von ihren Mitgliedern einen Jahresbeitrag, der zwischen 20 und 30 € liegt. Sie müssen im Vergleich mit anderen Vereinen konkurrenzfähig bleiben. Der Jahresbeitrag meines Heimatvereins Marburg beträgt z. Z. 27 €. Nach Abzug des geplanten BDPh/LV-Beitrages blieben für die Vereinsarbeit 5,50 € übrig. Falls auch der LV seinen Beitrag erhöhen müsste, noch weniger. Da kann ich mich nur dem Kommentar des Marburger Schatzmeisters anschließen: "Das geht nicht", und dieser Meinung werden sich auch viele weitere Vereine anschließen. Sie müssen schließlich Beitragserhöhungen auf ihren Hauptversammlungen durchsetzen. Ungewöhnlich ist auch, dass dann von den derzeit durchschnittlichen Vereinbeiträgen ca 2/3 abgeführt werden sollen.

Wir befinden uns also in einer schwierigen Situation, quasi einer Zwickmühle, den Notwendigkeiten des BDPh und gleichzeitig den Interessen unserer Vereine Rechnung zu tragen. Bisher habe ich Beitragserhöhungen des BDPh immer befürwortet und auch dafür gekämpft. Einer Erhöhung um angedachte 6 € wird der Vorstand jedoch nur zustimmen können, wenn die Mehrheit der Vereine diese Erhöhung mitträgt. Ich hätte mir gewünscht, dass der BDPh frühzeitig Informationen zur Beitragserhöhung und ihrer Höhe bekannt gegeben hätte. Durch den gesundheitlich bedingten Wechsel der Schatzmeister konnte dies wohl leider nicht erfolgen. Auch sollte die Notwendigkeit der Beitragserhöhung mit Vorschlägen verbunden sein, an welcher Stelle der BDPh sparen sollte; er müsste Leistungen und Strukturen überdenken und diskutieren: wo können wir sparen, welche Leistungen müssen wir erbringen. Da wir keine Informationen besaßen, war es uns auch unmöglich, diese Punkte auf unserem LV-Tag 2015 zu thematisieren. Für die Einberufung einer Vollversammlung der Vereine unseres Verbandes vor der Hauptversammlung in Gotha ist es nun zu spät. Wir planen, diesen Themenkomplex auf unserem Licher Seminar im November 2015 zu besprechen. Allein dies wäre ein Grund, das Seminar zu besuchen.

Ich möchte doch noch einmal kurz auf die Finanzsituation des BDPh eingehen und die derzeitigen Größenordnungen (keine genauen Haushaltszahlen!) der wichtigsten Haushaltsposten nennen:

Die Mitgliederbeiträge der Vereinsmitglieder liegen derzeit bei ca. 430.000 €, die der 2300 Einzelmitglieder bei ca. 110.000 € (!). Summiert sind dies mit weiteren Erträgen ca. 580.000 € an Einnahmen.

Dem gegenüber entstehen derzeit Ausgaben von ca. 800.000 € (Personalkosten: 260.000 €, Haus der Philatelie: 60.000 €, Zeitschrift Philatelie: 380.000 €, Sachkosten, Versicherungen, KfZ, Reisekosten usw.: 100.000 €). Aus diesen Zahlen ersehen Sie eine Unterdeckung von ca. 220.000 €.


Wir sind in einer jahrelang gewachsenen Abhängigkeit und können ohne eine Förderung und Zuschüsse durch die "Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte" derzeit nicht leben! Weitere Kürzungen der Stiftungsmittel, die in diesen Größenordnungen nicht absehbar waren, zwingen den BDPh zu Beitragserhöhungen oder massiven Ausgabekürzungen. Auch mache ich darauf aufmerksam, dass ca. 2300 Direktmitglieder ein Fünftel der jährlichen Beiträge erbringen. Wer die Direktmitgliedschaft abschaffen will (siehe Diskussionen im Internet), müsste auch dies durch höhere Beiträge der Vereinsmitglieder zusätzlich kompensieren.

Alle diese Fakten, denen wir uns heute stellen müssen, werden schon seit Jahren diskutiert, im Verband für alle unsere Vereine zuletzt im Forum in Erlensee am 21. Oktober 2012. Wir stehen vor Entscheidungen, die klug bedacht werden müssen: befürworten wir die Beitragserhöhung, können wir, auch mit Einschränkungen, unsere derzeitige Infrastruktur erhalten, lehnen wir sie ab (oder teilweise ab) bleiben uns Ausgabenreduzierung und ein grundlegender Strukturwandel nicht erspart. Alle großen Etatposten müssen überprüft werden: Kann der BDPh die Kosten der Zeitschrift "Philatelie" durch Änderung der Organisationsstruktur senken? Können wir die Zeitschrift "Philatelie" mit ihren 12/10 Ausgaben erhalten, wird sie eine Zeitschrift nur für extra zahlende Mitglieder, wird sie eine On-line Zeitschrift? Können wir weiter das Haus der Philatelie nutzen oder müssen wir in ein anderes bescheideneres Domizil ziehen? Müssen wir Personal reduzieren, können wir uns nach Pensionierung des jetzigen Geschäftsführers einen neuen Vollzeit-Geschäftsführer leisten; können wir Reisemittel in der derzeitigen Höhe vorhalten?

Dies sind normale Fragen zum fortwährenden Strukturwandel, dem sich in anderer Form und mit anderen Fragen jede Firma stellen muss, die am Markt bestehen will. Aber auch wenn Strukturen angepasst werden, wird das der Freude an der Philatelie keinen Abbruch tun.

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Prof. Dr. Moerschel ist Vorsitzender des Landesverbands Hessen, Rhein-Main-Nahe e. V. und damit auch Mitglied im Verwaltungsrat des BDPh.

Die Texthervorhebungen erfolgten durch die Redaktion Philaseiten, ebenso die Einfügungen in eckigen Klammern.

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Ergänzung vom 030915, 13:26 Uhr, ausführlich siehe Beitrag [#22]:

Herr Müller (Vorsitzender Westfalen) hat am 9. August 2015 seinen Antragsentwurf / Antrag per E-Mail storniert.

Der Antrag/Antragsentwurf wurde am 9. August zurückgezogen/storniert; der BDPh-Schatzmeister wird einen Antrag zur Beitragserhöhung einbringen.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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