Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 24.09.2007 21:25:49 Gelesen: 1329942# 17@  
Briefmarken: Die Preise sind im Keller

Echo-Online.de / br (24.09.07) - Briefmarkensammler stempelt des Volkes Meinung gern als pedantische Langweiler ab, die weltvergessen in ihrer Stube sitzen, vorsichtig in lauwarmem Seifenwasser schöne Bildchen von den Umschlägen lösen, sie trocknen, liebevoll ins Album stecken und dabei im bescheidenen Glücksgefühl baden. So beschaulich geht es in Wirklichkeit aber selten zu. Das Feld eines Philatelisten ist sehr vielseitig, weltumspannend und aufregend, setzt Geschichtswissen voraus, und ist einmal der Jagdinstinkt geweckt, fehlt ein bestimmtes Stück, um eine Sammlung zu komplettieren, werden oft keine Mühen gescheut, es zu bekommen.

So ergeht es auch dem redefreudigen Manfred Backen aus Gelnhausen, einem der vielen hundert Sammler, die am Freitag und Samstag zur Jubiläumsauktion ins Auktionshaus Albert Kiel nach Eberstadt gekommen sind, um dort ganz bestimmte Lose, wie es in der Sprache der Philatelisten heißt, zu ergattern. Backen ist gleich an beiden Tagen über die Autobahn nach Darmstadt gerauscht („nicht so schlimm, in einer Stunde ist man ja da“), um fündig zu werden. Jetzt, am Samstag, sitzt er in Reih und Glied mit vielen anderen vor dem Auktionator, den Katalog auf dem Schoss, und lässt sich nicht überbieten, als seine Posten an der Reihe sind.

Wie viele Briefmarkenfreunde hat sich der Gelnhäuser auf ein ganz bestimmtes Sammelgebiete spezialisiert, auf Gedenkblätter aus dem Dritten Reich, die zu Propagandazwecken in Umlauf gesetzt wurden. Und bei ihm sollten diese gestempelt, aber nicht beschriftet sein. Geziert sind die Postkarten in der Regel mit Hitlerportraits, Reichsadler und Hakenkreuz; weshalb sich die Erwerber auch verpflichten müssen, sie lediglich für historisch-wissenschaftliche Sammelzwecke zu erwerben. Solche Blätter gibt es übrigens vom Schwimmländerkampf Deutschland-Frankreich, ausgetragen am 3./4. Juli 1937 im Darmstädter Woog. Das Gebot betrug hier 90 Euro.

Markus Gropp, Mitarbeiter im Auktionshaus Kiel erzählt, dass es für die Sammler Tausende Möglichkeiten der Spezialisierung gebe. Beliebt bei Anfängern sei natürlich, Motive zu sammeln, Briefmarken, die Blumen, Hunde, Flugzeuge oder Eisenbahnen abbilden. Gern werden auch die Postwertzeichen bestimmter Länder gesammelt, oft begrenzt in bestimmte Zeiträume.

Und wer länger dabei ist, ist schnell bei Ausgefallenem angelangt. Er sammelt dann Briefmarken aus altdeutschen Staaten, aber nur, wenn sie mit besonderen Stempeln versehen sind, Nummernstempel etwa, ohne Ortsangaben. Oder er spezialisiert sich auf Briefmarken mit Bodenrändern ganz bestimmter Zeiten und Länder. Gropp beispielsweise schaut sich nach Marken aus der Inflationszeit (1916 bis 1923) um.

Zur Auktion am Wochenende hatte Albert Kiel einen prächtigen Sonderkatalog (es war die 20. Auktion) drucken lassen. Angeboten wurden darin 500 zum Teil seltene Privatganzsachen (Karten und Briefe), rund tausend Stücke aus der Zeppelin- und Flugpost sowie fast 500 Propagandakarten, aber auch zahlreiche Goldmünzen. Viele der Einzellose konnten sich die Interessenten am 21. August bereits im Online-Katalog ansehen, oder bei Albert Kiel direkt in Augenschein nehmen, um die Qualität zu prüfen. So lagen schon zahlreiche Gebote vor, die nicht mehr angetastet wurden. Aus vielen Teilen Deutschlands waren die Philatelisten zu den Versteigerungstagen erschienen.

Zur Geldvermehrung ist Briefmarkensammeln nur bedingt geeignet, nur seltene und ausgefallene Stücke bis 1900 erzielen Höchstpreise. Wer beispielsweise komplett die Marken der Bundesrepublik vorzuweisen hat, oder alle deutschsprachigen Länder ab 1950 bis heute, kann damit keine großen Gewinne erzielen. Die Preise sind im Keller, weil zu viele der Marken im Umlauf sind. Gropp: „Die alten Sammler sterben aus, die Kinder können mit den dicken Alben, in denen jede Marke oft fünfzigfach steckt, nicht viel anfangen und verkaufen sie.“

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