Thema: Die Zukunft des BDPh und der Philatelie in Deutschland
Erdinger Am: 07.04.2016 14:11:43 Gelesen: 29739# 38@  
@ Hangover [#37]

Diese Zahlen kann ich als relativ frischer Rundbriefredakteur der ArGe Bayern (klassisch) nur bestätigen. Unser Mitglied bayern (klassisch) hat allerdings zahlreiche Neumitglieder durch unermüdliche Präsenz in Internetforen angeworben, darunter auch vor Jahren mich, ohne direkte Ansprache. Ralph hat schon vor Jahren erkannt, dass man Interessenten mit Inhalten "anfüttern" muss. Ohne solche Foren-Spezialbeiträge mit Lehr- und Lerncharakter wären viele der Jüngeren weder in die ArGe noch als Sammler dahin gekommen, wo sie jetzt sind. Jetzt schreiben mehrere davon für den Rundbrief, bis zu 20 Autoren pro Ausgabe können es schon werden. Meine Aufgabe ist es nun unter anderem, Mitglieder zur Mitarbeit zu animieren.

@ uli [#30]

"Unser Hobby hinkt bei Angebot und Nutzung den gegebenen Möglichkeiten der neuen Technologien stark hinterher."

Das zweite Wort im Satz sagt schon alles: Hobby. Das Ziel ist Entspannung, nicht die Suche nach einem zweiten Beruf. Wer die Möglichkeiten der neuen Medien aktiv ausschöpfen will, muss wissen, was er tut, technisch und inhaltlich. Für Faulheit in dieser Hinsicht habe ich durchaus Verständnis, denn ehrlich gesagt lege ich nach 10-12 Stunden selbstständiger Bildschirmarbeit kaum gesteigerten Wert darauf, abends noch eine philatelistische Homepage zu programmieren und regelmäßig mit Inhalten zu füllen.

Schön, dass es nun trotzdem kostenlose PDF-Zeitschriften mit Substanz wie PhilaHistorica oder das Middle East Philatelic Bulletin aus Deutschland gibt. Ich könnte mich jetzt darüber mokieren, dass Adobe Acrobat bereits seit 23 Jahren existiert, aber kaum jemand hat die Möglichkeiten dieses wirklich tollen Mediums jemals ausgeschöpft. ePubs und Liquid Layouts sägen zwar an diesem Ast, aber da muss erst genügend inhaltliche Substanz vorhanden sein, bis die Ablösung vollends gelingt.

Neue Medien funktionieren eben am besten, wenn sie mit interessanten Inhalten gekoppelt sind. Mein Weg ins Netz begann 1995 als Beatles-Sammler, nachdem ich in einem auf dem Kopierer vervielfältigten und per Post verbreiteten Fanzine (!) von den tollen Homepages und Foren vor allem aus den USA gelesen hatte. Etwas höher angesiedelt: Das iPod wäre ohne iTunes zum kapitalen Rohrkrepierer geworden.

Also: Beklagt keine Defizite, schafft Inhalte.

Und das bringt mich endlich zum eigentlichen Thema: "Die Zukunft des BDPh und der Philatelie". Für einen US-Bürger z.B. ist das Internet ein Segen, weil es die großen Distanzen überbrücken hilft. Anders als etwa in den USA ist unser Hobby in Deutschland räumlich dagegen (noch) sehr kleinteilig organisiert. Überleben könnten philatelistisches Vereinswesen und Dachverband meiner Meinung nach am ehesten, wenn die historisch gewachsene Struktur (1946/47 Neu-/Wiedergründung der Vereine, 1947 erste Landesverbände, 1949 Gesamtverband) teilweise aufgegeben wird.

Der Wegfall der Landesverbände käme manchen altgedienten Funktionär zwar hart an, hätte aber auch den Vorteil, erfahrenes Personal für einen Bundesverband freizusetzen. Dazu käme eine direkte persönliche oder korporative Mitgliedschaft der Vereinsmitglieder/der Vereine im Bundesverband, was die beklagten Demokratiedefizite verringern könnte. Ob der Bundesverband sich so als Dienstleister der Vereine und der Mitglieder positionieren könnte, wie es der WPhV fordert? Das würde in meinen Augen eine stärkere Professionalisierung voraussetzen. Überwiegend ehrenamtlich ist ein solches Aufgabenbündel wie Dienstleister/Fälschungsbekämpfer/Internationale Vertretung usw. meines Erachtens kaum zu stemmen.

Alternativ nimmt man schlicht und einfach eine Trennung vor: Es gibt Vereine (mit Landesverbänden) und außerdem den Bundesverband. Letzterem gehört nur an, wer will (als Direktmitglied). Dann bleibt langfristig vermutlich eine Art Royal Philatelic Society übrig, nur dass man keine Bürgen braucht, um beizutreten.

Was die von manchen propagierte "Internauten"-Lösung (man organisiert sein Leben und die Kontakte mit anderen vornehmlich über das Internet) betrifft, glaube ich, dass die Digitalisierung auch nicht in den Himmel wachsen wird, egal, was die Gurus sagen. Es gibt mittlerweile auch eine nicht zu unterschätzende Menge von Menschen, die ihr Leben zurückhaben wollen.

Viele der neuen Technologien überfordern nämlich selbst technik-affine Menschen (die Bedienungsanleitung einer Digitalisierungsbox Premium der Telekom - PDF! - zählt 344 Seiten, überwiegend in IT-Fachsprache abgefasst). Die Möglichkeiten einer Technologie werden - siehe oben: Acrobat - selten wirklich ausgelotet. Warum auch? Bis ich alles draufhabe, kommt das Update, und vieles sieht anders aus. Fragt mal den stolzen Besitzer eines Autos neueren Produktionsdatums, ob er sich gründlich mit den Assistenzsystemen beschäftigt hat. Oder Hände hoch: Wer kennt sich mit der Tabellenfunktion von Word gut aus?

Und die braucht man ganz sicher, wenn man ein philatelistisches eBook machen will.

Viele Grüße aus Erding!
 
Quelle: www.philaseiten.de
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