Thema: Altdeutschland Preussen Belege
zockerpeppi Am: 27.04.2016 21:40:41 Gelesen: 595162# 548@  
Als Überbrückung zu Magdeburgers Denkaufgabe (ich muss da passen):

Folgendes Schmankerl konnte ich dank der Aufmerksamkeit unseres lieben Bayern Klassisch erwerben.



Bidburg gestempelt, diese Stempeltype wurde laut Feuser ab 1825 benutzt. Datum sieht nach 15/4 aus, geschrieben allerdings am 10.4. Beim Inhalt hat man den Eindruck dass der Brief von 2 verschiedenen Personen verfasst wurde. Es gibt meiner Meinung nach auch 2 verschiedene Unterschriften. Der eine Schreiber war Bürgermeister von Bitburg. Nach dem Namen und Initialen kommt nur Jean-Baptiste Well in Frage. Laut gedacht: warum 5 Tage zwischen Schreiben und Aufgabe bei der Post?

Nun das Porto: in Rot 1 1/2 Sgr dies wäre sollte ich da richtig liegen der preussische Tarif für Briefe innerhalb der 4 Meilenzone. Würde auf die Strecke Bitburg Trier passen welches als Grenzübergangsbüro mit Luxemburg fungierte. In schwarz eine 15 eindeutig unsererseits der Mosel.

Wissen sollte man nun daß Luxemburg seit 1830 zweigeteilt war, einerseits das Land was unter belgisches Postrecht viel, andererseits die Stadt mit ihrer preussischen Garnison unter niederländisches Postrecht. Die Stadt war so gesehen postalisch von der Außenwelt abgeschnitten. Für den sicheren Postverkehr von/nach Luxemburg Stadt aus/vom benachbarten Ausland oder dem Mutterland sorgte meistens die preussische Garnison auf der Strecke Trier - Luxemburg. Wenn nicht durch die Garnisonstruppen, dann wurde die Post mit der Postkutsche aus Trier befördert, welches nicht immer ein leichtes war. Oft hat es Übergriffe der „Belgienanhängern“ auf Königsgetreue gegeben. Es kam zu Geiselnahmen und Inhaftierungen. Post über Belgien nach Luxemburg wurden im belgischen Büro "Eich" gesammelt und ein Bote der Stadt kam die Post dort abholen.

Wie dem auch sei, es gibt keinen Ankunftstempel auf dem Verso. Wäre der Brief über die Belgische Post gelaufen müssten wir einen Stempel von Eich vorfinden. Einzig alleine die schwarze 15 hilft in etwa bei der Aufklärung. Am 28 Dezember 1834 mit Wirkung auf den 1.1.1835 verfügte die Belgische Post dass die Taxen in decimes und nicht mehr in cents vermerkt werden müssten. Das Porto ist aber eindeutig in niederländischen cent angeben. Welcher Belgisch-Luxemburgische Postler hätte sich so einen Affront geleistet? Ein absoluter NO-GO.

Meine Schlussfolgerung: der Brief kam auf direktem Wege von Trier nach Luxemburg Stadt. Einzig die Aufbröselung dieser 15c gab mir einige Rätsel auf. Ich war fasst geneigt zu glauben daß das Porto auf preusssicher Seite bis zur Grenze bezahlt war. Aber nur faßt, denn dafür gibt es keine Anzeichen.

Nach viel Suchen und anstrengendem Denkens habe ich es geschafft (hoffentlich). Es war wohl eher wie folgt: 1 Sgr waren 6 cents, 1 ½ Sgr 9 cent aufgerundet auf 10c. NL Portosätze wurden in fünfer Stufen gerechnet. Dann verbleiben noch 5 cent für das Porto innerhalb Luxemburg Stadt.

Quellen:

Post naar de Nederlanden 1815-1853; Claude Delbeke 2004
Netherlands Mail in times of turmoil, 1815-1839; Kees Adema 2011
Postregulatif über die Preußische Porto-Taxe, Berlin 1832
Le dictionnaire postale de la Belgique 1789-1845; A. Hochsteyn 1845/46
Grand-Duché de Luxembourg Histoire des postes, télégraphes et des téléphones; JP Reis 1897
Deutsche Vorphilatelie; Feuser/Münzberg 2000

Wie ihr seht - schöner und interessanter Altbrief.

beste Sammlergrüße
Lulu
 
Quelle: www.philaseiten.de
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