Thema: Wertverlust von Sammlungen
Heinz 7 Am: 16.09.2016 21:10:22 Gelesen: 30383# 34@  
@ Meinhard [#31]

Lieber Meinhard,

ich sammle Schweiz postfrisch seit ca. 1980. Ich habe "rückwärts" gesammelt, d.h. ich habe versucht, mein "Komplett-Programm" immer weiter nach vorne zu schieben. Wer die Schweizer Briefmarken kennt, weiss, dass es bis 1945 relativ einfach (günstig) ist, dann folgten die teureren Sachen.

Aus heutiger Sicht muss ich sagen: Zum Glück hatte ich damals nicht allzu viel Geld, das ich investieren konnte, aber ein fünfstelliger CHF-Betrag kam doch relativ rasch zusammen. Die Gedenkblocks, die "guten" Standard-Sätze ("PAX", Wappen 1924, Gebirgslandschaften, u.s.w.) kamen alle nach und nach dazu, meist eingekauft an Schweizer Auktionen zu relativ günstigen Preisen (Händler verlangten damals in der Regel noch 70-80 % des Katalogwertes)!

Meine Sammlung wuchs rasch an und es stellten sich neue Fragen. Wie vorgehen mit den teuren CH-Dienst-Marken? Die waren und sind ja wirklich selten und teuer.

Nun, um es kurz zu machen - ab ca. 1983 fingen die Preise an zu bröckeln. Dies setzte meinen weiteren Ausbau-Wünschen einen Bremser ein, denn wer kauft schon Ware, welche mittelfristig günstiger wird? Da ich auch nicht ausstellte und nicht unbedingt all meine "KOMPLETT"-Ansprüche an mich selbst aufrecht erhielt, konnte ich mit einem lockeren Lächeln die Schweiz Sammlung bei dem belassen, was sie ist: Eine weitgehend komplette, recht gute und repräsentative Sammlung.

Ihren Katalogwert habe ich sicher 20 Jahre lang nie mehr nachgerechnet. Teils, weil ich weiss, dass er weiter gesunken ist, teils, weil es mir einfach egal ist. Ich will die Sammlung nicht verkaufen und meinen Söhnen habe ich sie auch nicht als wertvolles Erbstück in Aussicht gestellt. Wenn ich die Marken jetzt verkaufen MÜSSTE, wäre das Ergebnis ernüchternd: Aus CHF 10'000 Ausgaben sind vielleicht realistisch noch CHF 2'000 Restwert erzielbar, und nicht einmal dies ist sicher.

Hätte ich 30 Jahre lang Golf gespielt, wäre das Geld genau so weg. Jedes Hobby kostet Geld!



Kein materieller Wert, aber trotzdem schön: Ein Teil meiner Schweiz-Sammlung.

1990 startete ich dann eine neue Sammlung, Altrumänien. Marken, aber auch Briefe, Postgeschichte und alles, was dazugehört. In den letzten 26 Jahren habe ich für dieses neue Sammelgebiet deutlich mehr Geld ausgegeben als für meine "Erst-Sammlung" Schweiz. Auch meine Rumänien-Sammlung will ich nicht verkaufen, aber hier habe ich viele Stücke gekauft, die heute JEDERZEIT ihren damaligen Kauf-Preis wieder einbringen würden und teilweise sogar markant mehr. Wichtig dafür waren meine Kenntnisse: Ich habe manch einen seltenen Stempel gefunden, eine schöne Frankatur günstig erwerben können, u.s.w. - Viele Auktionslose konnte ich kaufen; noch viel mehr habe ich nicht erhalten, weil ich relativ "knapp" geboten habe. - Aber über die vielen Jahre ist doch eine schöne, beeindruckende Sammlung zusammengekommen. Vor allem, weil ich sehr fleissig und diszipliniert gesucht und gekauft habe.

Dass Alt-Rumänien ein Gebiet ist, das wertmässig besser dasteht als vor 25 Jahren, ist kein Zufall, und so gibt es bei kluger Analyse durchaus Gebiete mit Potential. Aber um mit Briefmarkenhandel Geld zu verdienen, ist sehr schwierig, gerade heute mit den sehr hohen Verkaufsmargen (Zuschläge/Mehrwertsteuer), das war früher VIEL einfacher!

Ich schätze, dass von 100 Sammlern mehr als 90 Verluste gemacht haben mit ihren Sammlungen. Weil die meisten Sammler sammelten dasselbe und "standardmässig". Es gibt aber auch viele engagierte Sammler, bei denen kommt ein Teil des investierten Geldes wieder zurück, wenn sie verkaufen. Wer das von seiner Sammlung sagen kann, hat entweder grosses Glück gehabt, vermutlich doch aber auch sehr viel Sachverstand und ein gutes "Näschen".

Liechtenstein postfrisch oder lose gestempelt oder auf FDC ist vermutlich ein Gebiet mit gewaltigen Verlusten. Wer Liechtenstein aber sammelte unter dem Aspekt von Destinationen und Frankaturen oder mit raren Stempeln, kann vielleicht beim Verkauf feststellen, dass die Sammlung im Handelwert nicht verloren hat.

Ich hoffe, ich habe Dich nicht enttäuscht mit meiner skeptischen Aussage zu Liechtenstein postfrisch.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
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