Thema: Deutsches Reich Versuchsdruck - BPP Prüfer nicht einig
Lohengrin Am: 08.10.2016 19:53:32 Gelesen: 15777# 13@  
@ Gunter [#1]

Ich kann Dir vielleicht nicht die ganze Wahrheit, aber doch einiges mehr, als hier gerade diskutiert wird, erzählen. Als ich von dieser besonderen Marke mit Bismutsulfid als Pigment in einem Auktionskatalog gelesen hatte, wollte ich als Wissenschaftler sofort wissen, wie ein chemischer Laie wie E. Ludin diesen nicht ganz alltäglichen Beweis führt. Also, ich habe im Internet ein geprüftes Exemplar komplett mit Ludin-Testat, Borek-Angebot etc. erstanden.

Zunächst habe ich als Berliner die Bundesdruckerei in Kreuzberg aufgesucht, jedoch nur die Information erhalten: Es existiert kein Archiv, da 60% der Gebäude durch den Bombenangriff vom 3. Februar 1945 zerstört wurden. Ich habe dann ausführlich mit Wolfgang Jakubek, dem bekannten Berliner Philatelisten, gesprochen, der diese Zeit hier erlebt hat. Auf Nachfrage hat er mir auch über den BPP-Prüfer Emil Ludin einige interessante Informationen gegeben. Auf einer Berliner Auktion habe ich mit dem verstorbenen Hans-Dieter Schlegel zu seinem Artikel in der Michel Rundschau von 1994 gesprochen: Er wiederholte - kompletter Unsinn, eine Marke zu zerstören, um eine Analyse zu erhalten! Da hat er natürlich recht.

Nachdem meine Recherchen nicht positiv waren, habe ich selbst ein zerstörungsfreies Verfahren für den Nachweis von Bismut benutzt. Dr. Wirrwarr in dieser Runde ist mit seinem Vorschlag nach Röntgenfluoreszenzanalyse (engl. XRF) auf dem richtigen Weg. Ich habe jedoch ein vorteilhafteres Rasterelektronenmikroskop SEM mit EDX unit (Röntgenspektroskopie) verwendet, mit dem Vorteil, dass auch low Z elements detektiert werden.

Kurzum: Ich habe Papier und Pigment analysiert - Bismut Bi ist auf der Marke nicht vorhanden. Ich habe dazu bereits 2014 einen ausführlichen Artikel in der schwedischen Fachzeitschrift FFE journal, Nr. 17 in englisch veröffentlicht.

Für Medien und Foren in Deutschland werden nur deutsche Beiträge publiziert, wie ich erfahren habe. Bis jetzt habe ich jedoch nicht die Zeit für eine Rückübersetzung ins Deutsche gehabt. Wenn Richard den englischen Text ins Forum stellt, ist das Problem sehr schnell behoben. Der deutsche Text kann folgen.

Nach meinen Recherchen existierten vermutlich 500 Marken (heute nur noch ein Bruchteil!) (5 Bögen a 10x10), ich habe Ludin-Testate von Nr. 13 (1981)- 499 (1982) gefunden. M.E. sind diese Fälschungen als Raritäten anzusehen. Von W. Jakubek habe ich gelernt spezielle Fälschungen des Originals als (manchmal) kreative Schöpfung eines Fälschers anzuerkennen. Ludin hat für diese Marken eine interessante Story erfunden: Bi2S3 zu Testzwecken der Postautomation durch das Reichspostamt (tatsächlich hat Bi einen ausgeprägten Diamagnetismus!), Diebstahl durch amerikanische Soldaten 1945 in der ausgebombten Reichsdruckerei etc. Ich glaube diese Kreativität ist hier gegeben.

Lohengrin
 
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