Thema: Michel Briefe Katalog 2016: Lohnt sich der Kauf ?
applepower Am: 18.10.2016 16:12:27 Gelesen: 14359# 19@  
Hallo und guten Tag,

eine sehr interessante Diskussion. Zunächst wäre es zielführend im Hinterkopf zu haben, dass Katalogpreise immer der Katalog macht, Marktpreise macht der Markt. Allein aus technischen Gründen können beide Preise nie deckungsgleich sein.

Bei meiner 15jährigen Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Briefmarken der Industrie- und Handelskammer, musste ich unzählige Wertgutachten für Gerichte, Versicherungen, Erben und Erbengemeinschaften und Gerichtsvollzieher über Briefmarkensammlungen und Einzelstücke erstellen. Da es in der Regel meist um vermeintlich hohe Werte ging, haben sich häufig Beteiligte im Vorfeld durch Briefmarkenkataloge über "Preise" informiert und so bereits eine eigene Vorstellung über den Wert der zu begutachteten Artikel gewonnen.

Üblicherweise war der Sinn eines Sachverständigen-Gutachtens, einen Marktpreis zu ermitteln, also den monetären Preis der bei einem Verkauf an den stationären Briefmarken-Einzelhandel oder die Einlieferung und Verauktionierung durch ein seriöses Auktionshaus zum Zeitpunkt der Begutachtung zu erzielen ist.

Um den Spagat zwischen Katalog- und Marktpreis für Laien etwas nachvollziehbarer zu gestalten, war meine Argumentation, die subjektiven Katalogpreise (warum wieso und weshalb habe ich natürlich auch dargelegt) nicht grundsätzlich und ausschließlich in Euro zu sehen, zumal die Katalogpreise ja weder An- noch Verkaufspreise sind (ja was sind es denn dann für Preise?), sondern die Bewertungen der einzelnen Briefmarken, Briefe, Briefstücke usw. in den einschlägigen Katalogen als Wertverhältnis der Briefmarken untereinander zu sehen. Soll heißen, dass eine Briefmarke die mit 1000,00€ im Katalog notiert ist wesentlich seltener sein kann als eine Briefmarke die mit 50,00€ bepreist wurde. Der Wert ist in beiden Fällen weder 1000,00€ bzw. 50,00€, sondern rekrutiert sich ausschließlich an der aktuellen Recherche im Markt. Hier mag die erste Briefmarke aufgrund der Seltenheit einen Ankaufspreis von 400,00€ haben während die zweite Briefmarke nur einen Ankaufspreis von 10,00€ erzielt.

Durch diese Berechnungsgrundlage und Darstellungsweise, die in der Regel für die meisten philatelistischen Belege zutrifft, habe ich mir natürlich nicht immer nur Freunde gemacht (was aber auch nicht gewollt war), besonders nicht unter denen, die sich schon im Vorweg eines Sachverständigen-Gutachtens durch die streckenweise drastischen Illusionsbewertungen der Katalogmacher bereits ein Leben in der Karibik ausgemalt haben. In der Nachverfolgung der Verkäufe bestätigte sich die Richtigkeit in fast allen Fällen.

Herzliche Grüße von der Kieler Förde
Joachim
 
Quelle: www.philaseiten.de
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