Thema: Fehlprüfungen von BPP und VP Prüfern
Richard Am: 22.11.2016 09:56:39 Gelesen: 182791# 82@  
Am 18.11.2016 haben wir vom BPP Präsidenten Christian Geigle folgende Mail erhalten:


Sehr geehrter Herr Ebert,

wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Das gilt natürlich auch für die Philatelie, beim BPP für die Prüfung von Briefmarken.

Ganz grob kann man zwei Arten von Fehlern unterscheiden:

1. Die klassische "Fehlprüfung". Dieser Fall liegt vor, wenn dem Prüfer ein Fehler unterläuft, den ein "Normalmensch" nicht ohne weiteres feststellen kann. Beispiel: Ein auf einer Marke angebrachter Falschstempel wird nicht erkannt, das Stück als "echt und einwandfrei" attestiert. Eine solche Fehlprüfung kann viele Jahre unerkannt schlummern, bis sie eines Tages aufgedeckt wird und dann zu Schadenersatzansprüchen gegen den Prüfer führen kann. Das Nähere regelt der § 9 der Prüfordnung des BPP, ersatzweise die gesetzlichen Bestimmungen.

2. Die fehlerhafte Prüfung. Das kann so einfache Dinge wie Schreibfehler in Attesten oder Befunden umfassen, Verwechslungen oder Vertauschungen von Abbildungen darin, das Übersehen von Qualitätsmängeln oder auch unzutreffende Beschreibungen des oder Feststellungen zum Prüfgegenstand. Diese Fehler sind auch für einen durchschnittlich Kundigen leichter festzustellen, führen aber gleichwohl unter Umständen zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Prüfer.

Jeder Fehler, der einem Verbandsprüfer des BPP unterläuft, ist ärgerlich, für alle Beteiligten. In der Regel finden wir schnell eine Lösung, um Derartiges aus der Welt zu schaffen, manchmal wird die Verbandsprüfstelle des BPP (früher: Oberprüfstelle) eingeschaltet, um den Fall zu untersuchen und zu klären.

Anspruchsteller können immer nur der Eigentümer oder der Besitzer eines Prüfgegenstandes sein. Es sind sowohl der beanstandete Prüfgegenstand als auch zugehörige Atteste/Befunde vorzulegen. Attestkopien genügen nicht! Darauf weise ich in meinen Vorträgen immer wieder hin: Die Gewährleistung besteht nur beim Vorliegen der originalen Prüfgutachten.

Der Prüfer wird in aller Regel seine fehlerhafte Prüfung korrigieren, unzutreffende Atteste/Befunde aus dem Verkehr ziehen und bei Vorliegen der Voraussetzungen Schadenersatz leisten. Alle Prüfer des BPP haben eine Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung in sechsstelliger Höhe abgeschlossen, die bei Haftungsfällen über der Bagatellgrenze einspringt.

Die Arbeit der Prüfer ist in den letzten Jahren viel transparenter geworden. Waren Atteste und Befunde früher nur dem kleinen Kreis der am Handel eines Stückes Beteiligten zugänglich, kann man heute die Atteste und Befunde weltweit auf den Homepages der Händler und Auktionshäuser einsehen, zum Teil auch noch viele Jahre später, dazu noch auf den bekannten Plattformen wie Ebay, Philasearch, Delcampe, Catawiki usw. . Fehler werden auch von unbeteiligten Dritten leicht entdeckt und dann zuweilen in den sozialen Medien und philatelistischen Foren der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Manchmal wünsche ich mir, gerade die lautesten Erklärer der philatelistischen Welt würden zuerst den Kontakt zum betroffenen Verbandsprüfer suchen, bevor sie ein "mediales Fass" aufmachen.

Der BPP hat in den vergangenen Jahren gehandelt: Zahlreiche Weiterbildungsveranstaltungen für junge, aber auch schon länger tätige Prüfer wurden durchgeführt. Die Ausbildung zum Verbandsprüfer beinhaltet inzwischen eine mindestens dreijährige Konsultationszeit eines neuen Verbandsprüfers, während der sein Konsultationspartner, ein erfahrener, älterer Prüfer, jede Prüfsendung als Zweitgutachter bearbeitet. Dadurch werden Fehler in der Anfangszeit vermieden und der Wissensstand des Konsultanten ständig verbessert, aber auch überwacht. Eng gefasste "Verhaltensrichtlinien" geben vor, wie sich der Einzelne verhalten soll, gerade wenn es einmal "knirscht". Die Zusammenarbeit unter den Kollegen in einem Prüfgebiet wurde intensiviert, die Abstimmung schwieriger Sachverhalte und Abgrenzungsfragen ebenso.

Jede fehlerhafte Prüfung ist eine zu viel. Das ärgert die betroffenen Kollegen am meisten, mich eingeschlossen. Wir werden aber auch in Zukunft alles Mögliche versuchen, um ein Höchstmaß an Sicherheit im Prüfwesen zu schaffen, ohne das der Handel mit hochwertigem philatelistischem Material überhaupt nicht möglich wäre.

Mit freundlichem Gruß,

Christian Geigle
(Präsident des BPP e. V.)

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[1] BPP Prüfordnung: https://www.bpp.de/de/pruefordnung.html
 
Quelle: www.philaseiten.de
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