Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 03.03.2009 17:53:55 Gelesen: 1323312# 194@  
Heim und Freizeit – Schmetterlinge II

Von Rossiza Radulowa

Radio Bulgarien (24.02.09) - Wie in unserer letzten Sendung versprochen, setzen wir das Thema Schmetterlinge fort, denn viele interessante Dinge über die kleinen und anmutigen Tänzer der Lüfte sind unerwähnt geblieben.

Bei uns in Europa gelten Schmetterlinge als regelrechte Frühlingsboten, sie sind für uns ein Sinnbild für Freiheit, Leichtigkeit und Freude. Im antiken Griechenland wurden sie aber auch als die von der Materie befreiten Seelen der Toten angesehen – genau wie übrigens auch bei den Indios, wo sie bis auf den heutigen Tag als Boten der Götter und der Toten aufgefasst werden. Bei den Indianern Nordamerikas sind viele Bräuche und Riten bekannt, die damit zusammenhängen. In diesen Ländern lassen auch heute noch die Hinterbliebenen nach dem Begräbnis ihrer Angehörigen lebendige Schmetterlinge frei – als Symbol dafür, dass sie die Seelen ihrer Liebsten freigeben, damit diese ihr Erdendasein endgültig zu verlassen können.

Aber auch in der christlichen Kultur gilt der Schmetterling als Symbol für Leben, Tod und Wiedergeburt. Als Wahrzeichen der unsterblichen Seele wird er auf vielen Grabsteinen abgebildet. Schmetterlinge haben aber auch viele Künstler in ihren Bann gezogen – etliche Dichter haben sie besungen, Maler haben sie auf der Leinwand verewigt, Komponisten wurden von ihnen inspiriert und auch auf vielen Ansichtskarten, Briefmarken, Gebrauchsartikeln und Souvenirs jeglicher Art sind Schmetterlinge zu sehen. Wir können einfach nicht umhin, diese zarten Geschöpfe zu bewundern und zu lieben.

Schmetterlinge sind erstaunliche Lebewesen. Sie machen vier unterschiedliche Entwicklungsstadien durch – vom winzigen Ei über die Raupe und die Puppe zum Imago. Schmetterlingseier zeichnen sich durch eine riesige Formenvielfalt aus – sie können beispielsweise flach, rund, oval, spindelförmig, kugelig, zylindrisch oder linsenförmig sein. Nicht weniger mannigfaltig sind die Oberflächenstrukturen dieser Eier – glatt oder gerippt, sternförmig, behaart und gezackt und mit den unterschiedlichsten Ornamenten versehen. Beeindruckend ist auch das Dasein der Schmetterlinge als Puppe oder Kokon – in dieser Zeit machen die unansehnlichen Raupen eine unglaubliche und dramatische Transformation durch. Im Inneren der Puppe werden alle Organe der Raupe verflüssigt und es bildet sich ein Organismus mit grundlegend neuem Aussehen und Funktionen. Im Durchschnitt brauchen Schmetterlinge wenige Wochen für ihre Metamorphose, die Puppen mancher Arten überdauern aber ganze Jahre, bevor aus ihnen Falter schlüpfen. Das Schlüpfen aus der recht robusten Hülle ist keine einfache Sache, doch Mutter Natur hat für Nahtstellen gesorgt, die bei stärkerem Druck von Innen aufplatzen und den Falter freigeben. Manche Schmetterlinge weichen die Hülle auch mit einer speziellen Speichelflüssigkeit auf oder stoßen den eigens dazu geformten runden Deckel am Ende der Puppe auf, um sich daraus zu befreien. Nach dem Schlüpfen sind die Flügel der Falter noch zerknittert und weich, doch nach wenigen Stunden, in denen das Tier Blut in seine Flügel pumpt und diese trocknen, ist der Schmetterling flugbereit und kann sein neues Dasein starten.

Schmetterlinge haben viele Fressfeinde – vor allem Vögel und Fledermäuse, aber auch andere Insekten, Reptilien und Säugetiere. Aus diesem Grund haben sie unterschiedliche Strategien entwickelt, um sich vor Feinden zu schützen – viele warnen durch ihre bunte Färbung, dass ihr Körper Giftstoffe enthält – zuweilen ist dies aber auch nur Täuschung. Manche stellen sich bei Gefahr tot, damit ihren Feinden der Appetit vergeht, oder aber sie verunsichern ihr Gegenüber durch Pfeifen und Klappern... Der größte Feind der zarten Falter sind allerdings wir Menschen. Durch unser unbedachtes Vorgehen gefährden und zerstören wir die natürlichen Lebensräume vieler Schmetterlinge. In der Regel sind Schmetterlinge wahre Überlebenskünstler. Manche können sich von Hunderten Pflanzenarten ernähren. Die meisten jedoch bevorzugen die Blätter und Blüten weniger oder sogar einer einzigen Pflanze und sobald diese verschwindet, verschwinden mit ihr auch die an sie gebundenen Arten. Hinzu kommt, dass viele Schmetterlingsarten standorttreu sind und mit der Zerstörung ihres Biotops ganze Populationen zugrunde gehen können. Wenn also beispielsweise neue Siedlungen gebaut, feuchte Wiesen, Sümpfe und Moorgebiete trocken gelegt werden, wenn Wälder abgeholzt und Straßenränder gesäubert oder riesige Flächen mit Monokulturen bebaut werden – dann sind Schmetterlinge in großer Gefahr.

Aber auch Scheinwerfer, Straßenbeleuchtung und sonstige künstliche Lichtquellen machen jede Nacht Hunderttausenden von Nachtfaltern den Garaus. Hinzu kommt, dass Schmetterlinge nicht nur diversen Umweltgiften und dem Klimawandel trotzen müssen - zu viel Dünge- und Insektenschutzmittel bedeuten ihren sicheren Tod.

Das Sammeln von Schmetterlingen hat im 17. und 18. Jahrhundert begonnen. Anfangs geschah es im Dienste der Wissenschaft, denn man wollte die unterschiedlichen Arten systematisieren und Typensammlungen anlegen. Doch mit der Zeit wurde das Fangen von Schmetterlingen zu einem beliebten Hobby. Mit einem Schmetterlings-Netz bewaffnet, stellten Kinder, Männer und Frauen in Feld und Flur den bunten Faltern nach. Die hartnäckigsten Schmetterlingsjäger galten aber mehr oder weniger als schrullige Personen, die nur Grillen, Pardon – Schmetterlinge im Kopf hatten. Immerhin stellten manche von ihnen beachtliche Schmetterlingssammlungen zusammen, die man heutzutage in verschiedenen Museen bestaunen kann. Die Schmetterlingssammlung der Zoologischen Staatssammlung in München ist eine der größten in der Welt – sie umfasst einen Bestand von ca. 10 Millionen Exemplaren. Aber auch die Sammlung des Berliner Naturkundemuseums kann sich mit ihren rund 4 Millionen Exemplaren sehen lassen. An dieser Stelle sollten wir auch nicht vergessen, das Schmetterlingshaus im Burggarten von Wien und den Schmetterlingsgarten in Boston zu nennen, wo nicht nur Millionen von präparierten Exemplaren zu sehen sind, sondern auch farbenprächtige lebendige Exoten durch die Lüfte gaukeln. Solche Schmetterlingsparks gibt es übrigens an allen Ecken und Enden der Welt. Was die Sammlungen angeht, gibt es auch in Bulgarien nennenswerte Kollektionen – zum einen wäre da die Privatsammlung des 54jährigen Elektrotechnikers Miltscho Miltschew aus Russe, die 15.000 Exemplare umfasst. Doch auch der Fonds des Naturkundemuseums bei der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften in Sofia birgt über 5.000 Kästen mit ca. 600.000 präparierten Insekten. Teil dieser Kollektion ist auch die große Schmetterlingssammlung von Zar Ferdinand und Zar Boris III., die Ende, die des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts angelegt wurde. Es handelt sich dabei um 240 Kästen mit Schmetterlingen, die jedoch nicht zur Schau gestellt werden, damit sie nicht verblassen oder sonstigen Schaden nehmen. Trotzdem können die Besucher des heimischen Naturkundemuseums viele Schmetterlingsarten aus Bulgarien und aller Welt sehen.

Während in Deutschland ca. 1.300 Schmetterlingsarten beheimatet sind, leben in Bulgarien schätzungsweise rund 3.500 Arten - davon etwa 1.650 Arten große Tagfalter. Mittelmeer, Schwarzes Meer, Steppen- und alpine Landschaften prägen die Lebensräume der Schmetterlinge in Bulgarien. Besonders viele Schmetterlinge sind im Südwesten Bulgariens anzutreffen und zwar bei der Stadt Petritsch, in der Nähe der Gegend Koschuha, wo ca. 700 Arten auf einer Fläche von nur einem Quadratkilometer leben und auch in der Kresna-Schlucht, wo auf einem Quadratkilometer ganze 950 Arten anzutreffen sind – mehr übrigens als in ganz Mitteleuropa. Es ist nicht auszudenken, welch fatale Folgen die Vernichtung eines solchen Habitats hätte. Nennenswert ist, dass im Witoschagebirge bei Sofia laut dem namhaften bulgarischen Schmetterlingsforscher Dr. Stojan Beschkow 888 Schmetterlingsarten leben. Reich an Schmetterlingen ist auch der Nordosten Bulgariens – vor allem die Gegend um Kap Kaliakra und bei Baltschik. In der dortigen Steppenlandschaft sind Schmetterlinge anzutreffen, die es nirgendwo sonst in Bulgarien, Europa und der Welt gibt. Die Erhaltung der vielen Schmetterlingsarten in Bulgarien haben wir kurioserweise nicht zuletzt auch dem Mangel an Geld für Dünge- und Insektenschutzmittel zu verdanken.

Das Fangen und Sammeln von Schmetterlingen ist sowohl in Bulgarien als auch in Deutschland eingeschränkt. In unserem Land sind 18 Arten gesetzlich geschützt und das aus gutem Grund. Hobbysammler fördern nämlich mit ihrer Nachfrage nach seltenen und exotischen Exemplaren den Schmuggel von Schmetterlingen, so dass zuweilen ganze Populationen vernichtet werden oder kurz vor dem Auslöschen stehen. Manche Sammler scheuen nicht davor zurück, bis zu 100.000 Dollar für ein seltenes Exemplar auf den Tisch zu blättern. Zum Glück beschafft uns die Entwicklung der Technik eine neue und umweltfreundliche Alternative für das Sammeln seltener Exoten - das Fotografieren von Schmetterlingen. Wenn Sie aber das Objekt ihrer Begierde unbedingt in den Händen halten, bzw. im Kasten zur Schau stellen wollen, dann können Sie mittlerweile in unterschiedlichen Schmetterlingsfarmen exotische Falter bestellen, die in einer speziellen Faltschachtel geliefert werden. Mittlerweile befassen sich Thailand, Costa Rica, die Philippinen, Peru, Kenia, Madagaskar, Taiwan und Indien mit der gezielten Zucht von Schmetterlingen, mit der sie Millionen verdienen. In Indien übrigens gibt es einen Brauch, bei dem das frisch vermählte Brautpaar lebendige Schmetterlinge freilässt und dabei einen Wunsch äußert, der – so heißt es - unbedingt in Erfüllung gehen wird. Inzwischen sind Kunden aus aller Welt auf den Geschmack eines solchen Rituals gekommen, bei dem zuweilen große Schwärme exotischer Falter freigelassen werden. Die Experten äußern jedoch zu Recht Bedenken, dass solche Initiativen weder den Schmetterlingen doch der Umwelt zugute kommen, insbesondere, wenn es sich dabei um nicht heimische Arten handelt.

Schmetterlinge können auch wirtschaftlich genutzt werden – so dienen die Spinnfäden der Raupen des in Ostasien beheimateten Seidenspinners als Rohstoff für die Produktion von Rohseide. Mit Hilfe einer Spinndrüse spinnen diese Raupen eine Hülle, die man Kokon nennt. Gezüchtet werden die Raupen für die Gewinnung von Seide vor allem in China, Japan und Indien. Da sie sich ausschließlich von den Blättern des Maulbeerbaums ernähren, wurden Maulbeerbäume speziell für die Raupenzucht kultiviert. Früher war die Seidenproduktion auch bei uns in Bulgarien eine wichtige Einnahmequelle und die bulgarische Seide rühmte sich ihrer hervorragenden Qualität.

Doch nicht nur Seidenraupen können von uns Menschen gezüchtet werden. Wie schon erwähnt, haben sich ganze Länder darauf spezialisiert, lebendige Falter zu besonderen Anlässen zu liefern – zu Hochzeiten, Geburtstagen, Ausstellungen, Modeschauen, Partys und Jubiläen. Zu den Spitzenreitern in dieser Branche gehört Costa Rica, das schlüpffertige Schmetterlingspuppen an Kunden aus aller Welt verschickt. In diesem Land leben mehr als 12.000 Schmetterlingsarten. Jede Woche exportiert die dortige „Butterfly Farm“ ca. 10.000 Schmetterlingspuppen von 52 Arten. Das Züchten und der gut organisierte Handel mit Schmetterlingen etabliert sich aber nicht nur dort allmählich zu einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Industrie, die vielen Familien den Lebensunterhalt sichert und zugleich dem Umweltschutz zugute kommt.

Auch in Bulgarien gibt es seit wenigen Monaten eine Schmetterlingsfarm, die allerdings von einer Russin betrieben wird. Olga Uskowa ist Vorsitzende des Russischen Businessklubs in Bulgarien und lebt seit vielen Jahren in Sofia. Durch Zufall kam sie auf die Idee, Schmetterlinge zu züchten – als eines Sommers immer wieder bunte Falter in ihre Wohnung flatterten. Ihre Schmetterlingsfarm in Sofia wird aus Indonesien beliefert – ca. 150 unterschiedliche Arten treffen hier als Schmetterlingspuppen ein. Die frisch geschlüpften Falter werden dann von Olga mit Zuckersirup, Honig und Obst aufgepäppelt und zu besonderen Anlässen an die Kunden verkauft, wobei ein Exemplar zwischen 10 und 70 Euro kostet. Nennenswert ist übrigens, dass diese Tiere sehr zutraulich sind und gern näheren Kontakt zu den Menschen suchen. Heutzutage wird die Zucht von Schmetterlingen aber nicht nur zu unserer Freude, sondern auch deswegen gefördert, damit die Tiere in Naturschutzgebiete ausgewildert werden können. So ist man in Kanada dabei, den Bläuling in bestimmten Regionen wieder anzusiedeln, aus denen er verschwunden ist.

Als regelrechte Barometer für eine intakte Umwelt können uns Schmetterlinge Auskunft über das Wohlergeben der Natur geben. Wie können wir einfache Menschen den Schmetterlingen also helfen, zu überleben? Wenn Sie einen eigenen Garten und ein Herz für Schmetterlinge haben, dann sollten sie dort Kräuter, Obstbäume und Sträucher pflanzen, die den Faltern genug Nektar liefern – zum Beispiel Brennesseln, Löwenzahn, Krokusse, Primeln, Steinkraut, Nelken, Kapuzinerkressen, Fuchsien, Petunien, Flockenblumen, Schneeball, Schwarzdorn, Astern, Dahlien, Edel- und Zierdisteln – um nur einige zu nennen. Die kleinen Nektarschlürfer mögen besonders den sogenannten Schmetterlingsbaum, Flieder und Kunigundenkraut. Einen Teil dieser Pflanzen können Sie in entlegenen Winkeln ihres Gartens und entlang von Zäunen und Mauern anlegen, dort haben die Schmetterlinge dann Raum, sich ungestört zu entwickeln. Auch sollten Sie darauf achten, den Garten nur stückweise zu mähen, damit den Tieren genug Lebensraum erhalten bleibt. Also – toj, toj, toj!

Nun, liebe Freunde, den Beitrag über Schmetterlinge will ich mit einem Zitat beenden: “Das Glück ist ein Schmetterling: Jag ihm nach, und er entwischt dir. Setz dich hin, und er lässt sich auf deiner Schulter nieder.” Mit dieser Weisheit des indischen Jesuitenpriesters Anthony de Mello will ich heutige Sendung beenden.

Alles Glück der Erde wünscht Ihnen
Ihre Rossiza Radulowa!



Schmetterlinge sind auch ein beliebtes Briefmarkenmotiv

(Quelle: http://www.bnr.bg/RadioBulgaria/Emission_German/Theme_Gesellschaft/Material/huf080227.htm)
 
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