Thema: Österreich und der DÖPV Deutsch-Österreichische Postverein
bayern klassisch Am: 29.01.2017 09:14:33 Gelesen: 98428# 54@  
Liebe Freunde,





ein Brief aus Triest vom 12.4.1861 via Bayern nach Ulm, dort am 15.4. angekommen, hat einen nicht uninteressanten Inhalt. Er kostete über 20 Meilen 12 Kreuzer rheinisch Porto.

Die Anschrift lautet: Herrn Herrn Friedrich Miller, Juwelier, Herbrücker Str. Nr. 307 in Ulm an der Donau Württemberg

Inhalt: Triest, den 12. April

Liebe Eltern,

den Brief den ich Ihnen von Wien aus, vor meiner Abreise schriebe werden Sie erhalten haben; wir fuhren von Wien bis Baden, und von da nach Neunkirchen und Mürzzuschlag zu Fuß, von M. mit der Bahn nach Gratz, eine hübsche Stadt. in Graz waren wir von Sonntag Abend bis Mittwoch früh.
Mein Reise Collegue ist in Gratz geblieben, Uhrmacher es hat dort sehr viele Goldschmidte aber nichts zu thun. Von Gratz nach Triest da traf ich auf der Bahn einen Bierbrauer Praktikanten von München, ich logire hier in einem Deutschen Gasthaus, zum Sandwirth, ganz gut, in Triest ist es theuer, die Maas Bier 48 x (= Neukreuzer, ca. 32 Kreuzer rheinisch!) die Maas Wein 40 x, und der Caffee ist billig.
Gestern war ich bei Sutarius und Held, gestern Abend waren wir im Deutschen Theater, und heute werden wir ins französische gehen, es ist sehr hübsch in Triest, ich habe auch schon ei einigen Geschäften gefragt ob kein Arbeiter gebraucht wird, aber die sagten daß sie keine Arbeiter haben, es war blos so ein kleines Brett da wo der Herr oder ein Junge saß.
Heute ist das Wetter sehr schön die Bäume haben schon Blätter und Blüthen, auch gibt es shon Blumen im freien.
Wir werden deßhalb Sonntag oder Montag nach Venedig abreisen, nach Mailand zu gehen wurde mir von mehreren Herrn abgerathen ich werde jetzt sehen was man mir in Venedig sagt.

In Gratz habe ich auf der Post gesagt daß wenn ein Brief mir nach kämme, daß man ihn Post restante nach Triest schicke.

Man trinkt in der Osteria hier viel griechischen Wein (süß) er ist billiger wie der Steirische.
In Venedig werde ich dort logiren wo der Vater logirt hat am Markusplatz; heute Mittag aßen wir Meerfische (Assiota) er schmeckte uns aber nciht besonders.
Held u(nd) Satorius laßen Sie grüßen, sonst weis ich nichts anders für heute, Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Adele
Ihr Sohn u(nd) Bruder
Heinrich

Den Vermerk mit dem poste restante finde ich sehr interessant - also konnten auch gewöhnliche Briefe zu poste restanten Briefen werden, wenn es der Empfänger nur der 1. Post mitgeteilt hatte. Dergleichen Fälle sind m. E. selten und ich kann davon nicht viele in meiner kleinen Spezialsammlung poste restante zeigen (leider keinen aus dieser Korrespondenz - das wäre eine Sensation).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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