Thema: Briefmarken als Kapitalanlage und/oder Spekulationsobjekt ?
olli0816 Am: 01.02.2017 20:49:32 Gelesen: 13301# 8@  
Hallo Chuck,

durchaus alles irgendwie nachvollziehbar. Aber ich glaube, es gibt hier zwei wesentlich Gruppen zu unterscheiden. Die einen, die Sachanlagen wie Briefmarken, Münzen, Kunst was auch immer als Kapitalanlage sehen und dann eben viel Geld in diese Gebieten investieren. China vielleicht als Ausnahme, weil die zum einen gerne zocken (man sollte mal nach Macao reisen, dann sieht man es in Reinkultur) und zum anderen die Marken als Instrument zum Verstecken irgendwelcher illegaler Gelder verwenden. Für die trifft dein Artikel zu. Das sind diejenien, die Geld im Überfluß besitzen. Nicht umsonst gibts viele Chinesen, die gerne die Schlösser im Bordeaux kaufen und sich ne Karaokebar mit installieren lassen.

Der große Teil kann sich so etwas gar nicht leisten. Natürlich sind viele Sammler schwach, weil sie sich gerne die Katalogwerte zusammenrechnen und dann sagen, ihre Sammlung ist xxxxx Michel EURO wert. Aber der Großteil der Sammlungen, die ich bisher gesehen habe, sind finanziell heute nicht der Rede wert. Es ist ja z.T. tatsächlich unglaublich, was man alles an Material bekommt, wenn man für 300 EURO auf einer Auktion irgend eine kleine Standardsammlung ersteigert. Das ist natürlich dem Preisverfall geschuldet, wie wohl fast jeder hier weiß. Viele haben Sammlungsgebiete, die nie irgend etwas wert werden, selbst wenn sie sich ganz toll spezialiesieren. Die Blumendauerserie vom Bund mit allen Varianten (was auch immer das ist) oder in einem Nachbarforum, wo sie Plattenfehler der DDR unabhängig vom Michel suchen, erfassen und dann als CD anderen Sammlern für kleines Geld zur Verfügung stellen? Vergiss es.

Briefmarken sind für mich als Investitionsobjekt total nutzlos. Wenn ich investiere, nehme ich die normalen Vehikel wie Aktien, ETFs, REITs was auch immer in dieser Richtung. Die Papiere habe ich alle innerhalb eines Tages flüssig, falls es sein muß und die Sachen bringen auch noch laufende Erträge.

Was habe ich den bei Briefmarken? Die Dinger verursachen Kosten für die Lagerung, wenn es seltene sind, vielleicht ein Bankschließfach (wieder Kosten), evtl. unsachgemäße Lagerung oder Diebstahl sind wieder Verluste, bin ich nicht vorsichtig oder mein Nachwuchs kommt an die Marken ran und die spielen Post, na dann Hallelujah. Dazu der ständige Preisdruck, der sich in Zukunft nicht ändern wird. Außer die Chinesen entdecken, dass es auch Marken außerhalb Chinas gibt. Aber die unterscheiden z.T. noch nicht mal postfrisch mit ungebraucht ohne Gummi oder gestempelt, weil reine Geldversteckinstrumente und das Nebensächlichkeiten sind, die denen nicht weiter wichtig sind.

Bei Briefmarkensammeln agiere ich, wie wenn ich zum Essen gehe, in den Urlaub fahre oder aufs Oktoberfest: Das Geld ausgeben macht Spaß, aber es ist für mich danach nonexistent. Mir ist durchaus bewusst, falls ich noch 20 oder 30 Jahre es machen sollte, dass ich bei einem evtl. Verkauf wesentlich weniger bekommen würde. Aber seien wir mal ehrlich: Was will ich mit der ganzen Kohle noch, wenn ich 85 Jahre bin? Das Pflegeheim bezahlen? Mitnehmen in ein Altersheim kann man große Sammlungen sowieso nicht. Und großartig mit Geld kann man auch nicht mehr viel machen, außer das Heim finanzieren. Oder hast Du schon mal einen 90jährigen in einem Porsche 911 finanziert durch den Verkauf deiner Briefmarkensammlung über die Leopoldstraße fahren sehen mit einer blonden Chicca daneben sitzend, die die aktuelle Freundin ist?

Fazit: Briefmarken und Geldanlage ist nur im extreme hohen Preissegment interessant, aber mit hohem Risiko. Aber ein hochriskanter Pennystock (kleinpreisige Aktie für die Nichtbörsianer) aus Absurdistan wird wohl mehr Chancen haben, auch wenn sie sehr gering sind.

Von daher, sammeln und Spaß haben. Mehr nicht. Damit macht man alles richtig.

Viele Grüße
Oliver
 
Quelle: www.philaseiten.de
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