Thema: USA: Über Grossbriefe, Buntfrankaturen und Aufbrauch alter Briefmarken
drmoeller_neuss Am: 04.07.2017 10:12:00 Gelesen: 7042# 3@  
@ Carolina Pegleg [#1]

Meine persönliche Einstellung: bei Grossbriefen überlege ich dreimal, ob ich den ganzen Beleg aufhebe. Diese Entscheidung erfolgt nicht unter philatelistischen Gesichtspunkten, sondern ist alleine damit begründet, dass meine Wohnung nicht zum Altpapierlager mutieren soll. Kleine Umschläge haben bei drmoeller_neuss eine höhere Überlebenschance, bei Grossbriefen setze ich gnadenlos die Schere an.

Diese bunt frankierten Umschläge landen bei mir also in der Kiloware. Trotzdem freue ich mich darüber, da auch lose gestempelte Marken eine Chance verdient haben. Der Grossteil der Post kommt auch be mir inzwischen mit Label oder Freistempel, selbst von Sammlern oder Arbeitsgemeinschaften. Da landet dann der ganze Umschlag im Altpapier (bzw. wird an darauf spezialisierte Altpapiersammler weitergegeben).

Nun zur Situation der amerikanischen Post: die "United States Postal Service (USPS)" ist immer noch eine Behörde der Vereinigten Staaten von Amerika, die über eine halbe Million Menschen beschäftigt. Bei einem Umsatz von 70.4 Milliarden USD wird mit 200 Millionen USD Überschuss eine "schwarze Null" erwirtschaftet. Verluste im Briefgeschäft (-3.3 %) und im Postzeitungsdienst stehen Zuwächse im Paketdienst (+ 15.8%) gegenüber. Damit liegt die amerikanische Post im allgemeinen Trend aller Postverwaltungen.



Die Bilanz wird aber durch Rückstellungen für die Gesundheitsfürsorge der Pensionäre der amerikanischen Post ("Retiree Health Benefits Pre-Funding") verhagelt: dafür mussten im Jahr 2016 insgesamt 5.8 Milliarden USD aufgebracht werden, gegenüber 5.7 Milliarden USD im Jahre 2015. Diese Beträge machen dann auch in etwa den Verlust der amerikanischen Post aus. An dieser Stelle möchte ich über das unsägliche amerikanische Gesundheitssystem nicht weiter diskutieren. Auch der neue amerikanische Präsident beisst sich daran die Zähne aus.

Zurück zur Philatelie: Wie jede andere Postverwaltung in der Welt auch, müssen für im Besitz der Kunden befindlichen Marken Rückstellungen gebildet werden ("Deferred revenue-prepaid postage liability"). Um den Betrag kaufmännisch zu ermitteln, werden statistische Methoden angewandt. Die Deutsche Post AG stützt sich auf Umfrageergebnisse, wieviele gültige Marken sich in einem Haushalt in der Portoschatulle befinden. Ich habe für die amerikanische Post keine Zahlen gefunden, nur den Hinweis, dass dank einer veränderten Berechnungsmethode die Post die Rückstellungen für 2016 um 1.1 Milliarden USD verringern konnte.

Die amerikanische Post lässt sich auch nicht darüber aus, wieviele Sendungen überhaupt noch mit Briefmarken frankiert werden. Gehen wir einmal von 5% aus, dann bleiben vielleicht 1,0% aller Sendungen unentwertet. Nun werden nicht alle ungestempelten Briefmarken wiederverwendet. Irgendwo dürfte der damit verbundene Schaden im unteren Prozentbereich liegen, wahrscheinlich weniger, als die zusätzliche manuelle Kontrolle und Abstempelung der Postsendungen kosten würde. Ich sehe es auch in anderen Ländern: Bis vor zehn Jahren kam es so gut wie gar nicht vor, dass Briefe aus Indien nicht gestempelt waren. Nun wird dort auch die Post mehr und mehr automatisiert, und nicht jeder Brief wird von Hand kontrolliert. Mein Kästchen mit indischer Frankaturware füllt sich in den letzten Jahren zusehends.



Verteilung der Gesamtzahl aller Sendungen per Stück



Verteilung der Gesamtzahl aller Sendungen per Umsatz (USD)

Quelle: U.S. Postal Service Reports Fiscal Year 2016 (Form 8-K)
https://about.usps.com/who-we-are/financials/periodic-reports-8k/11-15-2016.pdf
 
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