Thema: **** Was tut der BPP gegen gefälschte Prüfzeichen ?
Richard Am: 01.08.2017 09:07:52 Gelesen: 13858# 1@  
Nachdem auf einer Internetseite immer wieder darauf verwiesen wird, dass der BPP nichts gegen gefälschte Prüfzeichen tut, haben wir den BPP Präsidenten Christian Geigle angeschrieben und von ihm folgende Antwort erhalten:


Selbstverständlich unternimmt der BPP eine Menge gegen Prüfzeichenfälschungen, nur eben nicht so öffentlichkeitswirksam wie dies gerne in den Foren gefordert wird.

Das größte Problem ist die Trägheit und Unlust der zuständigen Staatsanwaltschaften, unseren Hinweisen nachzugehen. Ich darf nur an die Causa "Colonnaden-F." erinnern, die vom Schadenumfang und der Tätigkeitsdauer des Betrügers K F vermutlich absoluter Spitzenreiter in Deutschland ist. Leider ist die Staatsanwaltschaft Hamburg zuständig, die ein äußerst bescheidenes Engagement zeigt und den Fall der Verjährung entgegen dämmern lässt. Dass dort offensichtlich die falschen Leute sitzen, ist in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich geworden. Der letzte Generalstaatsanwalt, mit dem ich telefoniert habe, ein Herr von Selle, ist auch schon wieder weggelobt. Seinen Nachfolger kenne ich (noch) nicht, hege aber keine überzogenen Erwartungen in seine Arbeitslust. In München sähe die Durchsetzung des Rechts ganz anders aus, aber die Bayern können leider nicht überall sein.

Die Fälschung von Prüfzeichen stellt übrigens keinen Angriff auf unsere Markenrechte dar, der diese zum Erliegen bringen könnte. Wir hätten viel zu tun, wollten wir gegen jeden Kleinganoven bei Ebay oder anderen Schnäppchenanbietern gleich mit der Strafanzeigenkeule losschlagen. Dazu kommt die berechtigte Frage, wer diese ganze Arbeit überhaupt leisten soll oder auch nur kann. Ich kann´s nicht. Das Ehrenamt "BPP" zwingt mich leider noch zu anderweitigem Broterwerb. Die Ressourcen des BPP sind beschränkt. Wenn dann auch noch die staatlich vorgesehenen Institutionen nicht mitspielen, stehen wir BPP´ler allein auf weiter Flur.

In der Regel werden wir bei Prüfzeichenfälschungen aktiv, wenn sie uns im Original im Rahmen eines Prüfauftrages vorgelegt werden, so dass die "Echtheit der Fälschung" zweifelsfrei festgestellt werden kann. Die BPP-Kollegen sind dann gehalten, bei der örtlichen Polizeidienststelle Strafanzeige wegen Urkundenfälschung zu stellen. Wenn dann auch noch der betrogene Käufer eine weitere Strafanzeige wegen (versuchtem) Betrug und Urkundenfälschung stellt, könnte es für den Philateliekriminellen irgendwann, bei entsprechender Häufung solcher Anzeigen, eng werden. Könnte. Je nachdem, ob er im Norden oder Westen oder (für ihn dummerweise) im Süden lebt.

Die letzte mir bekannte Verurteilung wegen vorstehender Delikte war übrigens 2005 der Fall Blüm. Der Möchtegernauktionator aus Bensheim bekam 2 Jahre auf Bewährung, also eigentlich nichts. Der letzte tatsächlich eingerückte Briefmarkenbetrüger dürfte im frühen 20. Jahrhundert verurteilt worden sein.

Merke: Fälschungsbekämpfung ist nichts für Feiglinge (in Abwandlung eines schönen Spruches von Blacky Fuchsberger). Auf der anderen Seite hält sich mit meiner heutigen, über dreißigjährigen Erfahrung das Mitleid mit den armen Betrogenen oftmals in engen Grenzen. Wer glaubt, bei Ebay geprüfte Luxusware zum Minipreis schnappen zu können, sollte sich ein anderes Hobby suchen. Pokémon-Go oder Panini-Bilder passen dann besser zu seiner cerebralen Kapazität.

Es gibt im Leben nichts geschenkt. Warum das ausgerechnet bei Briefmarken und dort ganz besonders bei Ebay nicht gelten soll, hat mir noch niemand erklären können.

Prüfzeichen sind ein Auslaufmodell, gerade bei besseren Stücken. Die diesjährige Abschaffung der Signierung bei Stücken ab 500 Euro Katalogwert, auch bei Qualitätsmängeln, war der richtige Einstieg des BPP. Die einstimmige Akzeptanz bei unseren Mitgliedern, die nun zum Teil einen erheblichen Mehraufwand haben, zeigt uns das. Mindestens genauso wichtig ist aber bei den Käufern geprüften Materials einerseits ein möglichst guter Kenntnisstand über das Prüfwesen und dessen Regeln, andererseits ein gesundes Misstrauen gegenüber allzu schönen Schnäppchen, Versprechungen und Verlockungen.

Mir ist bewußt, dass meine Meinung nicht von allen Philatelisten, Philoutelisten und Schnäppchensüchtigen geteilt werden kann. Das zeigt schon ein Blick in die philatelistischen Foren, die ich zwar passiv, aber sehr aufmerksam verfolge. Für positive und/oder berechtigte Kritik ist der BPP stets dankbar und offen. Leider erfüllen nicht alle Forenbeiträge diese Anforderung. Das gehört aber zum Leben dazu. Wir Philatelisten sind eben auch nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen Ganzen.

Mit freundlichem Gruß,

Christian Geigle
 
Quelle: www.philaseiten.de
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