Thema: Die Magdeburger Packkammer bis 1875
Magdeburger Am: 10.09.2017 14:34:17 Gelesen: 13084# 20@  
Liebe Sammelfreunde,

heute mal nur Text, welcher sicher recht interessant ist.

Dazu erstmal ein Ausschnitte eines Bericht des damaligen Oberpostdirektors Daniel Lewecke vom 10.09.1836 an das Generalpostamt in Berlin:

„...
Es bleibt daher nichts übrig, als die neue Packkammer, mit neuen Utensilien und Behältnissen zu versehen, welche die Sicherheit herbeiführen und den erforderlichen Anstande genügen.

Die Packkammer hat die Bestimmung, alle Gegenstände zu erfassen, welche mit den Posten versandt werden, und mit diesen ankommen und hier distributirt werden. Sie muß daher für die Aufbewahrung dieser Postgüther, abgesonderte Behältnisse erhalten, und zum ungehinderten Bewegen der Personale. Behufs der Manipulierung der Päckereien, Räume nachweisen, ohne welche die geregelte Handhabung des Dienstes unmöglich wird.

Sie muß ferner für das unbefugte Eindringen des Publicums geschützt sein, und es müssen alle zum Lagern der Päckereien bestimmten Behältnisse unter Verschluß gelegt werden können, damit der Verwalter dieses Dienstzweiges nicht allein gesichert ist, sondern auch in vorkommenden Fällen verantwortlich gemacht werden kann.

Wie ich nun zur Erreichung dieser Zwecke die Packkammer einzurichten beabsichtige, weist die gehorsamst angelegene Zeichnung nach.
Ich erlaube mir nun, das Detail der Einrichtung zu berühren, und sende nur voran, daß die gegenwärtige Geschäftseintheilung während des Dienstbetriebs in dem Interims-Locale, durchaus nicht geändert wird, daß die nöthig werdenden Veränderungen, wohin aus, das Bedürfniß einer besonderen Packkammer-Expedition gehöret, bis zur Herstellung und Beziehung des neuen Locale ausgesetzt bleiben.
...
Die dieser Expedition gegenüberliegende Thüre zur Packkammer, giebt dem Publico Zutritt zur Packkammer. Damit dasselbe nicht in das Innere dringen kann, ist in diesem eine barriere gezogen, welche in der linken Seite eine Thür enthält. Ist die Auflieferung und die abholung stark, was periodisch vorkommt, und entsteht auf dem Flur und außerhalb der barriere ein Drängen, so kann das abgefertigte Publicum durch diese Barrieren-Thür zu der ihr gegenüberliegenden Hausthüre gelangen, und dadurch diese abtreten.

Die Thüren in der Fronte, sind zum Vorfahren der Wagen, Behufs des Ab- und Beladens bestimmt. Die beiden zwischen den Thüren vor den Fenstern bezeichneten Tische, sind zur Aufstellung der kleinen Waagen und als Schreibtische für den Packmeister und seine Gehilfen bestimmt. Unter jedem Tische kommen 2 zum Verschluß eingerichtete Behältnisse, bestimmt zum Lagern des Gepäcks der Schnellpostreisenden, welche dadurch unter Controlle gestellt wird. 4 solcher Behältnisse sind erforderlich, damit dieses Gepäck coursweise gelagert werden kann, und Irrsendungen vermieden werden.

An 2 Tagen der Wochen gehen 2 und an 6 Tagen der Wochen gehen 3 und am 7ten so dreitage, gehen 4 Schnellposten in kurzen Zwischenräumen von ½ und 1 Stunde ab, von denen besonders die nach Berlin und Leipzig welche an 5 Tagen in der Woche gleichzeitig abgehen, stets mit mehreren hier zugehenden Personen besetzt sind.
Zwei große Waagen sind dringend nöthig. Diese habe ich zwischen den Pfeilern so angebracht, daß sie den Raum nicht beengen und den bequemen Durchgang zu den Packeträumen nicht behindert. Die Packeträume zur Lagerung nach den verschiedenen Coursen, mit Rücksicht auf die nach den Richtungen vorkommenden Sendungen abgetheilt, und diese dem Lauf der Posten angemessen so gereihet, daß die gleichzeitig abgehenden Posten, nicht von einer und ebenderselben Thüre aus beladen werden dürfen, sondern daß jeder Wagen vor einer besonderen Thür vorfahren kann.

Diese Packeträume haben 8 Fuß Tiefe und 6 Fuß Höhe.

Sie reichen:

No 1 Cours nach Berlin, 8 Fuß Breite, abgehend Sonntag, Dienstag, Donnerstag, Sonnabend Abends 7, Mittoch Nachmittags 4 Uhr
No 2 Cours nach Torgau und Erfurt, 5 Fuß Breite, abgehend nach Torgau Dienstag, Sonnabend Mittag, nach Erfurt Sonntag, Dienstag Abend.
No 3 Cours nach Emmerich und Nordhausen, 6 Fuß Breite, abgehend nach Emmerich Sonntag und Mittwoch Abend, nach Nordhausen Montag und Donnerstag Abend
No 4 Cours nach Halberstadt und Braunschweig, 4 Fuß Breite, abgehend nach Halberstadt Dienstag und Sonnabend Morgen, nach Braunschweig Montag und Freitag Morgen.
No 5 Cours nach Hamburg, 5 Fuß Breite, abgehend Dienstag, Freitag Abend
No 6 Cours nach Leipzig per Halle
Leipzig per Cöthen 6 Fuß Breite,
Calbe
abgehend nach Leipzig per Halle Nachts zum Montage und Freitage, nach Leipzig per Cöthen Dienstag und Sonnabend Mittag, nach Calbe Mittwoch und Freitag Abend.
No 7 Cours nach der Altmark, 6 Fuß Breite,
abgehend nach Salzwedel per Stendal Mittwoch und Sonnabend früh, nach Salzwedel per Gardelegen Montag und Donnerstag Morgens, nach Stendal Montag, Mittwoch, nach Neuhaldensleben Mittwoch und Sonnabend Abend.

Bei dieser Eintheilung werden Versehen, in Irrsendungen und Liegenbleiben bestehend, nicht gut möglich sein, da nach der Beladung jeder Post, der Raum gereinigt sein muß, wenigstens kann das übersehene Eintragen eines Packets im Frachtzettel gleich entdeckt und die Recherche angestellt werden. Zur genauen Übersicht werden aber 7 Stempel mit dem Buchstaben C und der Nummer eines dieser Behältnisse erforderlich und mit diesem die Adressen zu den Packeten, mit der Nummer des Raumes zu bestempeln auf den das Packet gelagert ist, der Expedient kennt die Nummer der Räume und kann durch den Stempel, bei der Eintragung der Adresse in die Karten, gleich Kenntniß nehmen, ob das Packet in den bestimmten Raum gelegt ist, das etwa vorkommende Versehen gleich redressiren laßen, und dadurch jeden aufenthalt vorbeugen, der durch das Heraussuchen aus anderen Räumen beim Verlesen der Poststücke, Behufs der Übergabe an den Schirrmeister und des Verladens hervorgebracht wird, welcher nicht selten den prompten Abgang der Posten behindert.

Die Räume werden durch feste aber nicht plumpes Gitterwerk abgetheilt, dadurch erhalten sie im Innern Halle, und von Außen zu übersehen. Jeder Raum muß verschließbar sein. Dadurch wird der Verwalter dieses Geschäftszweiges in den Stand gesetzt, sich sicher zu stellen daß, während er das Local verlassen hat, Niemand zu den Packen gelangen kann. Es würde zu weit gehen, wenn jeder Verschluß mit besonderem Schlüssel geschlossen werden sollte, es genügt, wenn ein Schlüssel zu allen Schlössern paßt. Werden diese Behältnisse auf ebener Erde angebracht, so gestatte es der Raum der Packkammer nicht, daß auch die Räume zur Lagerung der mit den Posten ankommenden, und hier distribuirt werdenden Packete zur ebenen Erde beschafft werden können.

Zur Beschleunigung der Manipulation ist deren Lagerung in besondere Behältnisse Coursweise so wünschenswerth als erforderlich. Bei Ankunft der Posten werden die Packete zwar nach den Frachtzetteln verlesen. Zur genauen überzeugung der übereinstimmung mit den Adressen, müssen sie mit diesen verglichen werden, bevor sie in die Aufbewahrungs-Räume gelangen, jede Adresse wird, wie bei der Auflieferung mit einem Stempel bedruckt, welcher das Behältnis bezeichnet, in welchem das Packet gelagert ist, als welches bei der Abholung des Packets das Auffinden desselben ungemein erleichert. Es treffen aus einem Orte Packete mit verschiedenen Posten ein, wodurch dieselben auch in verschiedenen Behältnissen gelagert werden. Zur Unterscheidung des Stempels für die colligirten Packete, welcher den Buchstaben C (Cours nach) hat, würde ich den Stempel für die distribuirten Packete den Buchstaben P (Post nach) oder A (Ausgabe) geben.
Die Packeträume müssen nun über die bereits erwähnten für die Colligirung bestimmen Räume angebracht werden. Sie werden ebenfalls aus Gitterwerk gebildet, damit die inneren Behältnisse übersehen werden können. Die einzelnen Behältnisse werden ebenfalls zum Verschluß eingerichtet, verschieden von dem für die colligirten Packete, wobei es wie bei jenen genügend ist, wenn sämtliche Verschlüsse nur einen Schlüssel angepaßt werden.

Da es schwierig bleibt, große Ballen in diese Packeträume zu bringen, so bleibt für diese zur ebenen Erde, zwischen dem Behältnis No 1, und den hieran stoßenden Theil der Seitenwand, in dem sich zugleich das zur Übersicht der Packkammer von der Steuer-Expedition aus, angebrachte Fenster befindet ein leerer Raum.
Der Boden dieser Behältnisse welcher zugleich die Decke der, für die Colligirung bestimmten Behältnisse bildet, erhält eine schräge Richtung, hinten Höher, vorne niedriger, wodurch das Innere der Behältnisse, leichter zu übersehen ist.
Der Zugang zu ihnen wird durch Ansetzen von Treppenleitern erleichert.
Die Behältnisse erhalten eine Tiefe von 5 Fuß 6 Zoll und es bleibt von den Schlüssen ein 2 Fuß 6 Zoll breiter Gang, der zum Bewegen von einem Behältnis zum anderen nötig sein wird. Wenn nur ein einzelnes Subject die Annahme und Ausgabe besorgen müßte, so würde für dasselbe, die vorbemerkte Einrichtung allerdings Schwierigkeiten darbieten; allein der Packmeister hat einen Gehilfen ununterbrochen, demnächst werden die Passagierbotem, und die hier lagernden Schirrmeister zu dieser Dienstleisteung mit herangezogen und es höret bei dem mehreren dienstthuenden Personal alle und jede Schwierigkeit auf. Mit Rücksicht auf den Lauf und den Umfang der ankommenden Posten, wird die Eintheilung des Packetraumes in verschiedene Behältnisse sich folgend am vorteilhaftesten gestalten:

No 1 Posten von Berlin, 8 Fuß Breite, ankommend Sonntag, Montag, Mittwoch, donnerstag und Freitag Abend
No 2 Posten von Torgau und Erfurt, 5 Fuß Breite, ankommend von Torgau Nachts zum Montage und Donnerstage, von Erfurt Dienstag und Sonnabend Vormittags
No 3 Posten von Emmerich und Nordhausen, 6 Fuß Breite, ankommend von Emmerich Sonntag und Donnerstag Abend, von Nordhausen Dienstag und Sonnabend Vormittag
No 4 Posten von Halberstadt und Braunschweig, 4 Fuß Breite, ankommend von Halberstadt Dienstag und Sonnabend Nachmittags, von Braunschweig Sonntag, Donnerstag Morgens
No 5 Posten von Hamburg, 5 Fuß Breite, abkommend Nachts zum Montage und Freitage
No 6 Posten aus Leipzig und Calbe, 5 Fuß Breite, ankommend aus Leipzig per Halle Dienstag und Freitag Vormittags, aus Leipzig per Cöthen Montag und Donnerstag Morgens, aus Atzendorf Freitag und Mittwoch Nachmittags, aus Calbe Mittwoch und Freitag Morgens
No 7 Posten aus der Altmark, 6 Fuß Breite, ankommend aus Salzwedel per Stendal Sonntag, Donnerstag Abends, von Salzwedel per Gardelegen Nachtss zum Dienstage und Sonnabende, von Stendal Dienstag Nachmittags, von Neuhaldensleben Mittwoch und Sonnabend Morgens.

Durch die Eintheilung wird es möglich, die Räume vor Ankunft der folgenden Lagerung zu leeren, und das anhäufen der Päckereien in den Behältnissen zu vermeiden.

Die Erhellung der Packkammer in den Dunklen Stunden und bei nächtlicher Ankunft der Posten, muß so geschehen, daß nicht allein das Innere durchaus erhellet wird, daß viel mehr auch die Behältnisse der Packeträume Erhellung erhalten.
Hierzu werden mehrere größere oder kleinere feststehende Lampen erforderlich, die zweckmäßig angebracht werden müssen, was bei dem Anfange der Benutzung geprüft werden muß. Licht müssen der nicht zu minderden Zugluft, und auch der Feuersgefahr wegen, so viel als möglich vermieden werden.

Was außer diesen Einrichthungen noch nöthig ist, wird sich bei dem Anfange der Benutzung ergeben. Dieses kann nur in Kleinigkeiten bestehen, es werden hierzu die alten Utensilien zweckmäßig umgeformt und benutzt werden können, wodurch sich die Anschlagekosten nicht erhöhen werden, wenn diese nachträglichen Bedürfnisse in die Verdingung mit inbegriffen werden.

Indem Euer Excellenz und Ein hoher General-Post-Amt ich gehorsamst bitte:
die projektirten Einrichtungen als dem Local anpassend und dem Bedürfnis entsprechend hochgeneigtest genehmigen, und die Ausführung verfügen wollen,
füge ich gehorsamste Bitte hinzu:

1. Für dieses neue Local auch 2 neue große Waagen mit Ketten und 1 Satz Gewichte verabreichen zu lassen, die Rücklieferung der alten Waage genehmigen zu wollen.
2. Für die Colligirung 7 Stempel mit dem Buchstaben C und No 1 bis 7.
3. Für die Distribuirung 7 Stempel mit dem Buchstaben P oder A und der No 1 bis 7
4. 1 Stempelapparat und
5. 2 Kästchen mit 7 Abtheilungen, zur Aufstellung dieser Stempel, verabreichen zu lassen.
Höchst denen selben übereiche ich gehorsamst den Anschlag der Einrichtungskosten, und die, die Einrichtung nachweisende Zeichnung. Die Ausführung der Arbeiten dürfte mit mehreren Vortheil durch vorangehende Verdingung zu erreichen sein, deßhalb ich auch in dieser Beziehung der Bestimmung entgegen sehe, und nur um möglichste Beschleunigung der Verfügung ehrerbietigst bitte.
Lewecke“


Laut den Ausführungen gingen die Zeichnungen des Herrn Leweckes verloren.
Dieser Bericht ist in Zusammenhang mit dem Posthaus-Neubau zu sehen, welcher im Februar 1836 begann. Die Schwierigkeit bestand darin, dass der Postbetrieb aufrecht erhalten bleiben musste. Vor dem Neubau war das Postgebäude im Breiten Weg 205 untergebracht. Durch den Zukauf des Nachbargebäudes, der Nr. 204, wurden zuerst die Hof- und Hintergebäude abgerissen und neu errichtet. Dies wurde am 1. November gleichen Jahres inklusive der behelfsmäßigen Diensträume abgeschlossen, so dass im Folgejahr der Abriss und danach der Bau des eigentlichen Hauptgebäudes begonnen werden konnte. Das gesamte Bauprojekt konnte erst Ende 1838 mit Verzögerungen beendet werden, soweit hierin erkennbar.

Verwirklicht wurden die Stempel „C“ mit der Ziffer 1 bis 7 und „A“ mit den gleichen Ziffern. Das „A“ wird jedoch für Ankunft stehen und nicht für Ausgabe, da hierfür andere Stempel genutzt wurden.
Die zweite Serie besteht aus Rahmenstempel A.No bzw. C.No jeweils mit Ziffer und wurde anschliessend bis etwa Anfang 1854 genutzt.
Bei den Stempel mit "C" beginnend sind die Ziffern 1 bis 7, bei den mit "A" beginnend nur die Ziffern 1 bis 4 in Verwendung.
Alle "C" beginnenden Stempel sind neben der Aufgabe auch im Transit verwendet wurde, die mit "A" beginnend nur bei der Ankunft.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
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