Thema: (?) (66) Oberschlesien - Marken, Prüfer und philatelistische Zukunft
Stefan Am: 25.09.2017 18:01:08 Gelesen: 53089# 47@  
@ Meinhard [#45]

Ich möchte nochmals die Farben der Mi. Nr. 11 zeigen (von links nach rechts). Für mich sind die geprüften Farben a und c ident und nicht wirklich verschiedenen?

Ist bekannt, ob auf den gezeigten Exemplaren der Mi-Nr. 11 die Bleistiftsignatur von einem Prüfer vorgenommen wurde?

@ Meinhard [#46]

3 falsche Marken habe ich in meiner Sammlung - ich bezeichne diese bei den Bildern mit "A", "B" und "C".

Sehe ich das richtig, dass Herr Gruber BPP einen Kurzbefund für die gefälschten Aufdrucke der Mi-Nr. 10F (signiert Weinberg BPP als echt) ausgestellt hat?

Die Mi-Nr. 10F ist in punkto Häufigkeit echter Aufdrucke ein Thema für sich. Von 100 (ungeprüften) Exemplaren mögen (meinem Eindruck nach) im Durchschnitt vielleicht ein oder zwei echte Exemplare aufkommen. Der Katalogwert ist scheinbar etwas niedrig angesetzt, wenn man sich das Angebot eines ungebrauchten Exemplares mit der Aufdrucktype IIa (mit Falz, Fotoattest Gruber BPP) in [1] bzw. den Zuschlag in [2] anschaut (Auktion von 2015). Aktuell wertet ein ungebrauchtes Exemplar in der Erhaltung * im Michel-Spezial mit 200,00 Euro. Ein gelaufenes Exemplar der Mi-Nr. 10F auf Beleg (Mischfrankatur) wurde auf der gleichen Auktion für 1900 Euro zugeschlagen.

Generell sind Prüfzeichen von Dr. Weinberg auf Exemplaren der Mi-Nr. 10F meinem Eindruck nach schwierig. Mir liegen selbst entsprechend signierte Stücke vor. Von einer erneuten Prüfung habe ich nach Abgleich der Urmarkenfarbe und des Aufdruckes Abstand genommen, da die betroffenen Marken als Aufdruckfälschung gekennzeichnet zurückgekommen wären. Ich habe das Geld für den Erwerb der betroffenen Stücke gedanklich ebenfalls als Lehrgeld verbucht und die Marken als Referenzmaterial in die Sammlung aufgenommen.

Generell ist zu schreiben, dass die Mi-Nr. 10F dadurch ihre Existenz verdankt, dass einige Bogen (gemäß den Angaben in der Fachliteratur nach insgesamt 3-5 Schalterbögen à 150 Briefmarken = 450 bis 750 Stück) im März 1920 während der Produktion der Mi-Nr. 10 während des Überdruckvorgangs dazwischengelegt wurden. Im Nachgang wurde diese Ausgabe durch die Interalliierten Kommission anerkannt. Seitens interessierter Stellen erfolgte später ein bzw. mehrere Nachdrucke in der Druckerei Erdmann & Raabe in Oppeln mittels originalem Letternmaterial. Zur Mi-Nr. 10 (5 auf 20 Pf.) ist zu bemerken, dass die Ausgabe Schalterbogen für Schalterbogen an verschiedenen Tagen überdruckt wurde. Dabei benutzte die Druckerei im Verlauf der Produktion von der Zusammensetzung her unterschiedliche Druckfarben. Die heute als echt anerkannten Exemplare der Mi-Nr. 10F stammen aus der ersten Druckauflage, welche im Aufdruck selbst abweichende Merkmale im Vergleich zu den später vorgenommenen Überdruckaufträgen enthält. Die vorhandenen Nachauflagen dieser Ausgabe (inkl. der Mehrheit der Aufdruckfehler) wurden in späteren Druckauflagen produziert und weichen von der ersten Auflage ab.

Bei den in Beitrag [#46] gezeigten gestempelten Aufdruckfälschungen der Mi-Nr. 10F gehe ich davon aus, die Stempelentwertung ebenfalls gefälscht wurde. Zufällig weisen derartige Aufdruckfälschungen oftmals ein (angebliches) Stempeldatum aus dem Monat Mai 1920 auf (analog den Aufdruckfälschungen der Mi-Nr. 12), während die echte Mi-Nr. 10F (wie die echte Mi-Nr. 12a) im März 1920 produziert wurde.

Zur Mi-Nr. 12: die bis Mitte der 1990er Jahre als Mi-Nr. 12c katalogisierte Ausgabe von März 1920 wird heute als erste Aufdruckfälschung der Mi-Nr. 12a betrachtet. Demnach wurde damals bereits zeitnah der Aufdruck gefälscht. Der Fachliteratur nach (Handbuch von Oberschlesien) war die seinerzeitige Nachfrage auf dem Sammlermarkt auch gegeben (Angebot < Nachfrage) und von Oberschlesien gibt es quasi nichts, was es nicht gibt. Selbst die "C.G.H.S."-Aufdrucke auf den Dienstmarken (ex Mi-Nr. 1-20) wurden gefälscht!

Innerhalb einer Hauptnummer abweichende Druckfarbe trifft auch auf die Mi-Nr. 11 (10 auf 20 Pf.) zu. Man schaue sich die Druckfarbe von normalen Ausgaben der Mi-Nr. 11 sowie den Aufdruckfehlern der Mi-Nr. 11 (Doppel- bzw. Dreifachaufdrucke, dito Kopfsteher bzw. verschobene Aufdrucke) unter UV-Licht oder unter der Lupe bzw. Mikroskop an. Theoretisch kommen für die reguläre Mi-Nr. 11 drei (unter UV-Licht) gemäß der Fachliteratur (Handbuch von Oberschlesien) unterteilbare Aufdruckfarben vor, wobei die Mehrheit der normalen Mi-Nr. 11 eine Aufdruckfarbe (= aus der ersten Auflage) aufweisen dürfte, während die Aufdruckfehler meist eine der beiden anderen Aufdruckfarben zeigen. Meines Wissens werden lediglich o.g. Aufdruckfehler als echt anerkannt, wenn diese die erste Aufdruckfarbe aufweisen. Mir bekannte Exemplare der ungezähnten Mi-Nr. 11 weisen ebenfalls die erste Druckfarbe auf.

Die Mi-Nr. 10-12 inkl. der Mi-Nr. 10F wurden in der Reihenfolge Nr. 11 (10 Pf. auf 20 Pf.); Nr. 12a (50 Pf. auf 5 Mk. -> im Aufdruck "5" gegen "1" getauscht) und Nr. 10 inkl. Nr. 10F ("0" entfernt und die "5" neu ausgerichtet = zentriert) gedruckt, siehe auch die entsprechenden Erstausgabedaten im März 1920. Die Mi-Nr. 12b erfolgte im Mai 1920.

Gruß
Pete

[1] http://www.reinhardfischerauktionen.de/media/145_hk_text_gesamt.pdf (Los 8543, Ausruf 200,00 Euro und Los 8544, Ausruf 1000,00 Euro)
[2] http://www.reinhardfischerauktionen.de/media/145_rueck.pdf (Los 8543, Zuschlag 520,00 Euro und Los 8544, Zuschlag 1900,00 Euro)
 
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