Thema: (?) (2894) Altdeutschland Bayern: Schöne Belege
bayern klassisch Am: 21.10.2017 23:04:36 Gelesen: 856234# 1086@  
Liebe Freunde,

Interpretationsversuch des folgenden Briefes:



Aufgabe in Amorbach am 13.9.1846 "Seiner Erlaucht dem Herrn Grafen Albert von Rechberg etc. etc. in München".

Nach dem Taxregulativ vom 1.1.1843 war bei Sendungen über 30 Meilen (= höchste Entfernungsstufe innerhalb Bayerns) der einfache Satz auf 12 Kr. fixiert - hier also 18 Kr. Porto wegen des Gewichts über 1/2 bis 1 Loth. Am 16.9. kam er in der Residenzstadt Bayerns an, konnte jedoch nicht zugestellt werden, weil seine Erlaucht, der Herr Graf, im heimischen Schlosse zu Donzdorf im Württembergischen zu weilen gedachte.

Ergo strich man München durch und supplierte zz (zur Zeit) Donzdorf. Von München bis zur Postgrenze zu Württemberg waren es 16 Meilen, so dass der Brief ab München in den Rayon über 12 - 18 Meilen fiel, wofür 6 Kr. einfach und, wie hier, 9 Kr. für einen Brief der 2. Gewichststufe zu taxieren waren, wie unter der 18 von Amorbach auch geschehen.

Ab der Grenze kamen für die taxische Post in Württemberg weitere 4 Kr. hinzu, so dass wir nun eine Gesamttaxe, zu bilden aus der Summe von 18 + 9 + 4 = 31 Kr. sehen müssten. Die sehen wir aber nicht.

Statt dessen lesen wir groß in Rötel 22 Kr.!

Meine Interpretation geht dahin, dass Württemberg die "1" der "18" Kreuzer nicht als solche erkannt hat und folglich nur "8" Kr. erkannte. Addiert man zu diesen 8 Kr. die 9 Kr. von München und die 4 Kr. ab Ulm bis Donzdorf, so kommt man auf 21 Kr. - jetzt noch einen Kreuzer Bestellgeld, wie damals üblich, und - voilà, da sind die 22 Kr.

Noch lustiger wird die Sache aber, wenn wir auf der Siegelseite die Notation beim Empfänger lesen: "1 f 10" stand nämlich für 1 Gulden 10 Kreuzer. Die Differenz von 1 Gulden 10 Kr. (total 70 Kr.) und den (falsch) berechneten 22 Kr. betrug 48 Kr. und das wäre für einen Botengang zum Donzdorfer Schloss doch sehr happig gewesen, so dass ich vermute, der Gulden mit 10 Kr. könnte die Summe sein, die man an dem Tag für alle Briefe an seine Erlaucht hat vorlegen dürfen.

Gerne lese ich eure Meinungen dazu.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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