Thema: Potschta - Stempel auf Briefen, Briefstücken und Marken alle falsch
Markus Pichl Am: 12.01.2018 16:55:57 Gelesen: 194607# 312@  
@ bovi11 [#297]

Um irreführend zu sein, müssen im Attest keine falschen Tatsachen beschrieben sein.

Derartige Sachverhalte sind im Wettbewerbsrecht gang und gäbe. Hier darf ich keine Angaben machen, die geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen. Das gilt auch, wenn es um tatsächlich zutreffende Sachverhalte geht.

Eine Angabe ist irreführend, wenn sie beim Adressaten eine Vorstellung bewirkt, die nicht in Einklang mit den wirklichen Verhältnissen steht.

Genau das gilt auch im vorliegenden Fall: Das Attest mag rein formal in allen Punkte einen zutreffenden Sachverhalt wiedergeben. Stand der wohl gesicherten Erkenntnisse ist jedoch, daß die Potschta Marke nicht mit einem echten und zeitgerecht verwendeten Stempel 23.6.45 vorkommen kann. Insofern ist bereits die Existenz des Attestes an sich geeignet, eine Fehlvorstellung beim normalen Sammler hervorzurufen; dieser verbindet nämlich mit einem Attest, daß die Marke oder der Beleg in allen Teilen echt und natürlich auch echt und zeitgerecht gestempelt ist.

Die Kapriolen in der Formulierung des Attestes heißen im normalen Leben in den §§ 305 ff BGB "überraschende Klauseln" und die sind verboten und unwirksam.

In diesem normalen Leben außerhalb der Philatelie muß ein Handwerker oder auch ein Gutachter den Stand der Technik berücksichtigen. Übertragen auf den hier besprochenen Sachverhalt heißt das: Die vorliegenden gesicherten Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.



Hallo Dieter,

vielen Dank, für Deinen Beitrag.

Aus dem im Rundbrief 72 (Seite 96 bis 102) abgebildeten Bericht des Beauftragten für Staatliche Kontrolle, Dresden-Stadt, über die Untersuchung der Kriminalpolizei 1950/1 zur Potschta, geht hervor, dass vor dem 03.07.1945 keine Bogen der Potschta-Marke von der Bezirkslieferstelle für Postwertzeichen ausgeliefert wurden. Dies konnte anhand von unterschriebenen und datierten Belegen (Quittungen/Lieferscheine etc.) festgestellt werden und deckt sich mit den Aussagen der Herren Flasche und Franz, beide damals der Bezirkslieferstelle für Postwertzeichen der OPD Dresden zugehörig, wobei Herr Flasche deren Leiter war, dass vor dem 23.06.1945 keine Marken angeliefert worden waren.

Flasche hatte am 23.06.1945 den vollständigen Erhalt der 10.300 Potschta-Bogen quittiert und davon, gemäß von Ihm unterschriebenem Lieferschein, erst am 03.07.1945 die ersten 50 Bogen an Herrn Papstdorf (Postangestellter, Referent für Kasse und Haushaltswesen) herausgegeben bzw. geliefert.

Angeblich soll, lt. Datumsangabe im Michel, bereits am 28.06.1945 MiNr. 46 A verausgabt worden sein. Daher kann man durchaus die Frage aufwerfen, warum Flasche überhaupt Bogen der Potschta-Marke ab dem 03.07.1945 herausgegeben hat? Diese Frage berührt aber nicht den Sachverhalt, dass es keine Potschta-Marken mit zeitgerechtem Stempeldatum "23.6.45" geben kann. Im Bericht des Beauftragten der für Staatliche Kontrolle steht auch geschrieben: "Die Marken sind somit erst nach dem Verbot des Stadtkommandanten verteilt worden.", womit auch klar ist, dass die Entwertungen in unrechtmäßiger Art und Weise auf unverausgabten und zugleich postungültigen Briefmarken erfolgten.

Nach meinem Dafürhalten ergibt sich bereits aus alle dem, dass eine Entwertung mit Stempeldatum vom 23.06.1945 auf Potschta-Marke keine zeitgerechte sein kann, unrechtmäßig auf unverausgabter und zugleich postungültiger Briefmarke erfolgte, somit in philatelistischem Sinne als eine Falschstempelung zu beurteilen ist. Die hier diskutierte Attestformulierung erscheint demnach auch wider besseren Wissens formuliert zu sein, wenn ich davon ausgehe, dass dem Aussteller des Attestes der Inhalt des Beitrags im Rundbrief 72 zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Attestes bekannt war. Die Attestformulierung verschleiert demnach Sachverhalte bzw. Merkmale der Ware, die für die Wertbildung und Kaufentscheidung wesentlich sein können.

Nach Veröffentlichung von Rundbrief 72 der Arge DEUNOT kam die Diskussion über die Potschta-Marke ins Rollen und es kam zu Treffen, mit hochgestellten Funktionären aus verschiedenen Verbänden und/oder auch zwischen Mitgliedern der Arge SBZ und Prüfern. Soweit mir bekannt ist, war Herr Strobel zu einem solchen Treffen nicht eingeladen, was ich für fragwürdig halte. Es ging damals darum, wie man mit der Marke in Zukunft im Michel und/oder im Prüfwesen weiter verfährt. Der damalige APHV-Präsident, Arnim Hölzer, machte sich damals stark dafür, dass die Spalte für „gestempelt“ und auch die für „Gefälligkeitsstempel“ aus der Michel-Katalogisierung der Potschta-Marke herausgenommen wird, weil es sich um eine unverausgabte Marke handelt und alle mit echten Stempelgeräten angebrachten Entwertungen missbräuchlich rückdatiert wurden und es sich nach damaliger Ansicht des APHV, vertreten durch Herrn Hölzer, mit rückdatiertem Stempel um eine nicht handelsfähige Marke handelt. Herr Hölzer erzählte mir damals davon, dass er sich hierfür stark gemacht habe und bestätigte mir dies vorhin noch einmal in einem Telefonat.

Die derzeitige Katalogisierung im Michel-Katalog, inkl. dem Vermerk, zu den philatelistischen Kennzeichen für „Brief“ und „schraffiertem Kreiszeichen“, ist somit auch wider besseren Wissens erfolgt und entspricht nicht dem Stand der Forschung. Sie eignet sich aber bestens dazu, dass BPP-Prüfer eine weitaus höhere Prüfvergütung einnehmen können, man die Marke nicht als „Stempel falsch“ signieren und zuvor ausgestellte Atteste nicht als ungültig zu erklären braucht.

Durch die Recherchen von Herrn Strobel ergibt sich für mich auch der logische Schluss, dass nun auch rückdatierte Entwertungen auf anderen, vormals als „echt und zeitgerecht entwertet“ geprüften Marken erkennbar werden können. Es bleibt abzuwarten, wann die Verantwortlichen des BPP e.V. sich entscheiden, diese Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen und die Konsequenzen hieraus ziehen.

Beste Grüße
Markus
 
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