Thema: Gedanken zum Briefmarkensammeln
Setubal Am: 25.01.2018 10:06:32 Gelesen: 19854# 1@  
Hallo und Guten Morgen ins Forum,

aus dem Lesen des Beitrages "Gedanken der organisierten Philatelie" habe ich mir mal meine Gedanken zum Thema Briefmarkensammeln gemacht. Was ich hier schreibe, sind nur meine Eindrücke und ich würde mich freuen, wenn möglichst viele aus dem Forum ihre Ansichten beitragen würden.

Ich sammle keine Briefmarken - das vorab. Ich habe vom klassischen Briefmarkensammler vielfach den Eindruck, dass es sich um jemanden handelt, der still für sich in seinem Kämmerlein sich mit seinen Schätzen beschäftigt - und sich wundert, dass sich niemand sonst für seine Beschäftigung interessiert. Da hat er (der Briefmarkensammler) doch Reichtümer angehäuft - schließlich hat er Marken in seinem Bestand, für die er mal auf einer Auktion einen dreistelligen Betrag bezahlt hat. Verbittert darüber, dass sich niemand den darauf befindlichen, bisher unbekannten Plattenfehler, nicht mal anschauen will.

Selbstverständlich wird er seine Sammlung nie in einer Ausstellung zeigen! Es interessiert ja eh niemanden - eingeschnappt besucht er seine Gleichgesinnten auf den seltenen Vereinsabenden, um sein Leid bei einem gemütlichen Glas Bier zu ertrinken. Hier kann er sich mißfallend über die Veränderungen der Welt äußern und den guten alten Zeiten nachtrauern, als er noch etwas galt, wenn er seine exotischen Marken aus allen Teilen der Welt mit bunten Motiven präsentierte.
Die Zeit ging an ihm vorbei - schade ?

In seinem Verein hat er vielleicht das Glück noch auf Mitglieder zu treffen, die Ahnung vom Ausstellungswesen haben, die vielleicht selber ausstellen. Etwas neidvoll hat er da sogar schon mal ein Auge drauf geworfen - wie kann man nur die Schiffspostverbindungen zwischen 2 Kontinenten - und dann noch alles auf Briefen dokumentiert - sammeln ? Und was der Vereinskollege dafür bezahlt hat. Und die Besucher auf der letzten Ausstellung, von der sein Sammlerfreund erzählt hat, die standen sogar staunend davor und haben ihn mit Fragen gelöchert. Ob er vielleicht mit seinen Marken etwas falsches gemacht hat ? (Er denkt zumindest nach - Anmerkung des Schreibers) Aber die Arbeit, die so ein "Exponat" machen würde - und dann diese Juroren (Götter der Philatelie), die alles besser wissen und nicht honorieren, was er doch alles weiß. Er schreckt ab und bleibt lieber in seinem Kämmerlein. Eigeninitiative ist für ihn ein Fremdwort und er käme nie aus seinem Kämmerlein heraus, um selbst einmal etwas auf die Beine zu stellen. Für eine Werbeschau z.B. - es würde ja Arbeit machen.

Ich habe anfangs geschrieben, dass ich keine Briefmarken sammele. Für mich liegt der Reiz im Sammeln von ganzen Briefen mit oder ohne Marken. Briefe erzählen Geschichten, die ich gern bereit bin auch anderen, sei es Sammlerfreunden oder Zuschauern, zu erzählen. Lebendig werden.

Ich hatte einmal einen Brief eines französischen Soldaten der Grande Armee, geschrieben in Moskau, 1 Tag nachdem die Russen ihre Stadt in Brand gesteckt hatten. Es war ein Augenzeugenbericht. Allein dieser Brief war ein Anziehungspunkt für jeden, der sich mein Exponat damals angesehen hatte. Mein gedanklicher Briefmarkensammler würde beim Anblick dieses Briefes nur mit dem Kopf schütteln und sich fragen, was der mit Briefmarken sammeln zu tun hat.

Für mich sind Ausstellungen, egal ob als kleine Werbeschau eines Vereins oder ein internationaler Wettbewerb, die besten Gelegenheiten, um mein Wissen zu bereichern - über den Tellerrand zu schauen, um etwas zu erleben und selbst mit eigenen Augen zu sehen. Klar kann ich mir auch viele Sachen im Netz anschauen, z.B. Exponate online oder vergleichbares. Aber es ist ein Unterschied (anderes Beispiel), ob ich die Chinesische Mauer im Reisekatalog bestaune oder ob ich auf ihr einige Kilometer gedankenverloren selbst erkunde.

Ich begrüße ausdrücklich die Möglichkeiten, die sich für unser Hobby heute über das Internet bieten - sei es um mit anderen in Kontakt zu treten oder Material aus allen Teilen der Welt zu erstehen - auch mal für Beträge die über einen dreistelligen Betrag hinausgehen.

Aufgrund meiner Abneigung gegen Alkohol (mein Bruder hat sich betrunken totgefahren - lange her) treffe ich mich aber trotzdem gern auch im Verein, um die dort anfallende Arbeit zu unterstützen und mitzumachen!

Und ich wünsche allen noch viel Spaß am Briefmarken sammeln.

Rolf-Dieter
 
Quelle: www.philaseiten.de
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