Thema: Rohrpostbelege
AhdenAirport Am: 30.06.2009 19:33:43 Gelesen: 1403102# 366@  
@ Schmuggler [#354]

Für Deine Hinweise zur RP17 möchte ich mich mit einer "kurzen" Vorstellung der frühen in Berlin verwendeten Rohrpoststempel bedanken. Zur Erinnerung an alle, die Berliner Rohrpost wurde am 1.12.1876 mit insgesamt 15 Rohrpostbetriebsstätten für den Publikumsverkehr eröffnet.

Zunächst kamen die der damaligen Norm entsprechenden Einkreisstempel zur Verwendung ... aber ... der Einkreisstempel des PA Berlin C 1 mit dem UB x (KBHW 196) wurde ausschließlich für Rohrpostsendungen verwendet. Laut KBHW ist der Stempel belegt vom 2.12.1876 bis 27.12.1885.

Die ebenfalls am Rohrpostnetz angeschlossenen Telegrafenämter TA 1 (= HTA), TA 2 Börse, TA 4 und TA 5 verwendeten jeweils einen Einkreisstempel mit einer römischen Amtsnummer. Es zu vermuten, daß diese Stempel ebenfalls ab dem 1.12.1876 im Einsatz waren.

- Berlin W I (KBHW 788) ab 26.3.1877
- Berlin C II (KBHW 790) ab 3.2.1877
- Berlin NW IV (KBHW 793) ab 1.1.1877
- Berlin W V (KBHW 794) ab 28.12.1876

Diese fünf Stempel möchte ich daher als die ersten Berliner Rohrpoststempel bezeichnen. Alle anderen Ämter verwendeten ihre normalen Aufgabestempel.





Am 1.7.1879 wurden für die Rohrpost zur Dokumentation der Laufzeit besondere Einkreisstempel als Ankunftstempel eingeführt. Diese Stempel zeigen in der ersten Zeile die Nummer der Rohrpostbetriebsstätte (abweichend von der Nummer des jeweilgen PA) und in der zweiten Zeile die Nummer des Rohrpostzuges. Der 1. Zug fuhr morgens um 7 Uhr, der 60. und letzte abends um 9:45 Uhr. Diese Stempel waren bis Ende Februar 1886 in Gebrauch.

Es sind 31 dieser Stempel bekannt, die höchste Nummer ist die 29 von Berlin NW 21, zugleich einer der seltenern Stempel dieser Art. Das früheste mir bekannte Datum ist der 2.7.1879 von R 1 (= HTA), das Späteste der 28.2.1886 von R 14 (= Berlin N 55). Eine Ausnahme ist evtl. einer der drei Stempel des HTA, der laut Büttner bis 1888 verwendet worden sein soll.



Die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Laufzeit aus der Angabe der Zugnummer führten ab 1884 zu Versuchen mit den ersten "echten" Rohrpoststempeln mit Zeitangaben. Es wurden bei drei Betriebsstätten Stempel in zwei Typen erprobt.

R 30 (= Berlin W 49) und R 31 (= Berlin SW 61) verwendeten einen Stempel, deren Aussehen sich an die damaligen Normstempel anlehnt. Die Stempel gaben die viertelstündliche Zugfolge durch Kleinbuchstaben a, b, c und d an.

R 9 (= TA 2 Börse) verwendete einen Stempel, dessen Aussehen als Grundlage für die ab dem 1.3.1886 eingeführten Rohrpoststempel diente. Dieser Stempel gab die Zugfolge durch Brüche an (1/4, 1/2 und 3/4).

Da ich keinen der drei Stempel im Original zeigen kann, ein scan aus der Literatur.



Quelle: G.Sprenger, Vorkommende Stempel der Berliner Rohrpost. Berlin 1966

Am 1.3.1886 wurden für alle damals bestehenden 33 Rohrpostbetriebsstätten einheitliche Stempel für Aufgabe und Ankunft eingeführt. Die 1879 eingeführten Ankunftstempel mit Zugnummer wurden abgeschafft. In diesen Stempel schließlich wurde die Zugfolge durch die römischen Ziffern I, II und III dargestellt, ein Strich kennzeichnete die volle Stunde. Die Stempelfarbe war bei allen Stempeln durchweg schwarz, lediglich W 64 / R 7 verwendete von 1886 - 1888 blaue Farbe.



Das letzte Postamt, das einen Stempel dieser Art erhielt, war W 62 / R 38, denn bereits Ende 1888 fiel die gesonderte Nummerierung der Rohrpostbetriebsstätten weg. Die Leitvermerke nennen nun nicht mehr die Nummer der Rohrpostbetriebsstätte, sondern die Nummer des Postamtes. Die Stempel wurden jedoch nicht ersetzt, sondern blieben mit wenigen Ausnahmen unverändert im Einsatz, in Einzelfällen bis in die 1930er Jahre.

Die am 12.12.1888 an die Rohrpost angeschlossenen Ämter NW 6 und NW 66 erhielten erstmals einen "Kreisstegstempel mit Gitterbögen oben und unten" (nach Anderson), der sich damals noch in der Versuchsphase befand. Die Zugfolge wurde nach dem bisherigen Schema durch römische Ziffern dargestellt.




Anfang 1890 wurden die beiden Stempel des HTA auf arabische Minutenangaben umgestellt, wohl wegen der im Zentrum des Rohrpostnetzes ansteigenden Zugfolge. Diese beiden Stempel waren die Einzigen, die auf fünf Minuten genau einzustellen waren.



Anfang 1896 schließlich wurden alle anderen Stempel der Rohrpost auf die arabische Minutenangaben umgestellt, die Zeitangaben waren auf 10 Minuten genau einzustellen.



Alle drei Stempel auf dieser Karte sind keine Neuanfertigungen, sondern wurden auf die arabische Minutenangaben umgestellt.

Die Schwierigkeiten bei der Zustellung der Karte beruhen wohl darauf, daß es mehr als eine Schwartzkopff'sche Fabrik gab.

Grüße aus Berlin,
joey
 
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