Thema: Briefmarkenprüfstelle Basel / Prüfungen durch Martin Eichele
Markus Pichl Am: 21.05.2018 14:47:53 Gelesen: 42064# 72@  
@ umdhlebe [#71]

Hallo umdhlebe,

Wie üblich, nennt die Briefmarkenprüfstelle Basel jeden Wisch "Befund", obwohl es der Form nach bestenfalls ein "Kurzbefund" wäre, womit wir bei der Hauptgrundlage des Vorwurfs der Täuschung wären: es gibt überhaupt keine Prüfordnung, in der zugrunde gelegt wäre, anhand welcher Standards die Prüfstelle prüft.

Innerhalb von einem Befund werden vom Prüfer in verkürzter Form die Feststellungen dargestellt. Dies ist erfolgt und es sieht für mich nach einen Befund aus. Wir können uns aber gerne darüber diskutieren, ob das Wort "Gutachten", welches der BPP in seiner Prüfordnung benutzt, eine Täuschung ist.

Der BPP gibt seine "Prüferstandards" auf seiner Webseite preis:

https://www.bpp.de/de/Pruefstandards.html

Da steht u.a. geschrieben:

Gesicherte Forschungsergebnisse philatelistischer Autoren und Arbeitsgemeinschaften sowie postgeschichtliche und zeitgeschichtliche Hintergründe zum Prüfgebiet sind zu berücksichtigen.

Anmerkung: Mindestens in Bezug der Potschta-Marke scheint es erhebliche Umsetzungsprobleme zu geben.

Qualitätseinschätzungen beziehen sich auf den Zustand des Prüfgegenstandes. Sie beruhen immer auf der subjektiven Beurteilung des jeweiligen Prüfers. Einheitliche Qualitätsmaßstäbe sind – generalisiert – nicht für alle Prüfgebiete, aber innerhalb eines vertretbaren Rahmens für ein Prüfgebiet möglich.

Anmerkung: Über die unterschiedlichen Qualitätsbeurteilungen von BPP-Prüfern, gibt es unzählige Beiträge in verschiedenen Foren und Themen. Auch sind die Kriterien, wann eine Farbe eine Farbe sein soll und wann nicht, von Prüfgebiet zu Prüfgebiet unterschiedlich. Auch ist für mich vorstellbar, dass der von Dir monierte Zahn noch in "einwandfrei" fallen kann, auch beim BPP. Pauschal gibt es die ungeschriebene Regel, dass ein Zahn dann als vollständig gilt, wenn er in der Höhe 50% der Zahnlochbreite erzielt und das könnte hier noch zutreffen.



Es gibt eigentlich überhaupt keine einheitliche Regelung, zur Katalogisierung und Prüfung von Spezifikationen. Mein Lieblingsbeispiel ist der Plattenfehler I der Helgoland MiNr. 6. Katalogisiert ist der Plattenfehler auf Feld 48, vorkommen tut er aber auch auf Feld 3, wenn die Zwickelplatte um 180 Grad gedreht eingesetzt war. Die BPP-Prüfer prüfen nach Michel, so wird jede Marke, die den Plattenfehler auf Feld 3 aufzeigt, nicht als Plattenfehler-Marke geprüft, weil das augenscheinlich nicht dem Kenntnisstand der BPP-Prüfer entspricht, dass dieser Plattenfehler bei der I., II. und V. Auflage nun einmal nur auf Feld 3 vorkommen kann. Daraus schließe ich, dass BPP-Prüfer des Sammelgebietes Helgoland über keine speziellen Kenntnisse der Herstellung der Marken verfügen.

Die Feststellungen eines Prüfers zu einem philatelistischen Prüfgegenstand können in der Regel nicht mit absoluter Sicherheit, sondern nur mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgen.

Ob Herr Eichele, zu den besagten Südafrika-Marken über spezielle Kenntnisse verfügt, kann ich nicht beurteilen. Auch nicht, ob er über entsprechendes Vergleichsmaterial verfügt. Ich selbst verfüge über keine speziellen Kenntnisse zu dieser Markenausgabe und würde daher auch keine Befunde ausstellen. Dennoch bin ich der Meinung, dass eine Feststellung darüber, ob es sich bei den besagten Marken mit hoher Wahrscheinlichkeit um Originale mit originaler Gummierung handelt und ob die Marken Mängel oder verschiedenartige Manipulationen aufweisen, dürfte nicht so schwer sein. Grundsätzlich, unabhängig vom Sammelgebiet, stellen solche Feststellungen für viele Sammler im Regelfall eine auf den ersten Blick nicht lösbare Herausforderung dar. Voraussetzung dafür, einen fachlich korrekten Befund ausstellen zu können, sind selbstverständlich spezielle Kenntnisse zur Markenausgabe, dies beinhaltet sowohl die Herstellung der Marken, als auch Kenntnisse darüber, ob mit dem originalen Druckmaterial Neudrucke hergestellt wurden usw. usf. Leider kann ich auch bei BPP-Prüfungen nicht immer erkennen, dass derartige speziellen Kenntnisse generell vorhanden sind oder waren.

Sechs der besagten Befunde, der Basler Prüfstelle zu diversen Südafrika-Marken, habe ich nun auf Philasearch entdeckt. Die Lose haben Ausrufpreise von Euro 20.- (vorstehendes Paar Euro 30.-) bis Euro 80.- und wenn ich mich nicht irre, dann würden die Kosten einer Prüfung bei der RPS nicht im Verhältnis zum Marktwert der Marken stehen (vermutlich höher, als der Marktwert selbst) und einen Prüfer im BPP oder dem VP scheint es für diese Marken nicht zu geben. Bei einem Paar ist mir die Beurteilung "einwandfrei" schleierhaft. Bei einem anderen wird "einwandfrei" befundet und zugleich die Stockfleckchen aufgeführt. Auch beim BPP gelten oftmals Marken mit Stockflecken oder mit Sulfidschäden als "einwandrei", aber ohne diese Schädigungen aufzuführen.

Grundlage der Behauptung ist nicht diese konkrete Marke in diesem konkreten Fall, sondern die grundsätzliche Prüfpraxis dieses Ladens.

Mit meinen Beiträgen möchte ich nicht Werbung für die Basler Prüfstelle betreiben, lediglich aufzeigen, dass das mit dem Prüfen gar nicht so einfach ist und der große BPP oder auch die Royal (RPS) es leider hin und wieder auch nicht besser kann, als die Basler Prüfstelle und der Sammler (oder auch ein Händler oder ein Auktionator) ruhig öfter Sachverhalte zu geprüften Marken hinterfragen sollte. Anstatt die Sammlerschaft breitflächig über Fälschungen, Verfälschung und anderweitige Manipulationen an Marken aufzuklären, wurde dieser in der Regel immer nur erklärt, blindes Vertrauen in gewisse Befunde und Atteste haben zu dürfen. Mir persönlich ist ein in Sachfragen aufgeklärter und hinterfragender Sammler lieber, als der zum naiven Sammler erzogene.

Beste Grüße
Markus
 
Quelle: www.philaseiten.de
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