Thema: Realauktion: Warum erfolgt der Zuschlag immer knapp unter Höchstgebot ?
ligneN Am: 04.06.2018 15:02:05 Gelesen: 16475# 26@  
@ bayern klassisch [#21]

Was ich jedoch seit mehreren Jahren bei Auktionen erlebe, ist der Zuschlag im o. g. Fall von 850 Euro. Der Auktionator schlägt also bei 500 Euro zu, dann ruft der Kommissionär "für 850 an die Bieternummer 12345". In dem Fall lohnt sich das Ganze dann von der pekuniären Seite her weniger.

Und ob sich das lohnt. Das geschilderte Fall ist ein Mißverständnis.

Erklärung: für dieses Los hatte der Kommissionär noch weitere Gebote im Buch, davon eines 1 Stufe unter 850.- und eines eben exakt oder darüber.
Der Kommissionär erklärt dem Auktionator nicht lang&breit, was er alles an Geboten vorliegen hat, sondern nennt lediglich sein Höchstgebot unter einigen ihm vorliegenden = 850.-

Kommissionäre haben nämlich oft nicht nur 1 Gebot für ein Los - zumal für Attraktives.

Es kann sogar vorkommen, daß dem Kommissionär mehrere gleichlautende Gebote für 1 Los vorliegen. In der Regel entscheidet der Kommissionär sich dann für das Gebot des Kunden, der sonst mit seinen Geboten bisher erfolglos war. Oder wenn es eine ihm bekannte Herzensangelegenheit vom Spezialkunden ist, z.B. Stempel für Heimatsammler, Beleg für Sammler-nur-von-Warensendungen o.ä.

Ebenso kommt oft vor, daß bei Ausruf 150.- ein Kommissionär mitteilt "Ich muß bei 470.- starten". (Tiefes erbostes Durchatmen bei Saalbietern, die doch tatsächlich gedacht hatten, sie könnten da mit Untergebot ...).

Und woher weiß ich das? Weil Kommissionäre gerne mal über interessante Stücke reden und auch mal einen Gebotszettel mit 1 Latte an Geboten für ein Los herzeigen - Bieternummern natürlich verdeckt).

***

Ich biete seit den 1980ern fast nur über Kommissionär.

Gelegentlich biete ich auch mal selbst im Saal mit. Aber i. d. R. nur, wenn z.B. das langwierige Besichtigen von Posten die persönliche Anwesenheit verlangt. Oder man Sammlerkollegen treffen kann.

Man kann auch im Auktionssaal sitzen und trotzdem die Gebote dem Kommissionär überlassen. Warum? Weil zB so manche Händlerseele dasitzt und denkt "Huii, wenn *der* mitbietet, daß muß müssen beim dem Los doch $$$ ... Reibach drin sein" und schon geht hübscher Kleinkram wg. Händlerträumen preislich durch die Decke. Wenn dagegen der Kommissionär das Gebot ausführt, kann man ruhig zusehen. Oder sich draußen mit Kollegen austauschen, einfach noch mehr Lose besichtigen oder was auch immer.

Bei manchen Auktionen kann man auch per Telephon mitbieten (und wird sogar teils angerufen, dh kostenfrei). Regel: keine Untergebote.

Bonus: Manche Auktionen verschicken Ware auf Rechnung am schnellsten an Kommissionärskunden - das Kommissionärsgebot gilt hier als Bonitätsausweis.

Abschließend: Kommissionäre bekommen vom Auktionator übrigens auch Prozentchen, das geht von der Kommission des Versteigerers ab. Der Auktionator macht das, weil Kommissionäre eine Menge Gebote = Umsatz mitbringen.

Also: Ich kann es nur empfehlen.

Auch für das Ausland, besonders für Auktionsfirmen mit Sitz in einer gewissen "grande nation".
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/10918
https://www.philaseiten.de/beitrag/180311