Thema: Die Fouré Fälschungen: Altdeutschland Norddeutscher Postbezirk Ganzsachen
sentawau Am: 20.06.2018 18:41:37 Gelesen: 7518# 5@  
@ Santana [#4]

Hier die angekündigte Fortsetzung der Kriminalstory.

Kapitel 2

1893 veröffentlichte der Landgerichtsdirektor und Beirat des Reichspostmuseums Carl Lindenberg eine Studie über die Umschläge des Norddeutschen Postbezirks. Darin führte er an Hand von Akten den Nachweis, dass eine Reihe von sehr teuer gehandelten Umschlägen nie amtlich hergestellt wurde, also Schwindelerzeugnisse sein mussten. Als Folge verklagte ein Leipziger Sammler den Händler Künast auf Rücknahme von neun derartigen Umschlägen und Erstattung des Kaufpreises von 790 Goldmark. Rechnet man diesen Betrag zum heutigen Goldkurs um, so kommt man auf etwa 10.000 Euro. Man sieht, welches Ansehen damals ungebrauchte NDP-Umschläge genossen, die heute kaum noch gesammelt werden!



Zwei der Umschläge, um deren Echtheit prozessiert wurde: 2 Gr. auf Braunschweig U 8 A und 1 Gr. auf Oldenburg U 10 A. In beiden Fällen sind die benutzten Umschläge echt, Marke und Überdruck falsch

Künast hatte die Umschläge nichts Böses ahnend von Fouré bezogen. Vor Gericht traten Fouré und Lindenberg als Sachverständige auf, wobei Fouré nur knapp an einem Meineid vorbeisegelte. 1898 ging der Prozess in dritter Instanz für Künast verloren, aber der eigentliche Verlierer war Fouré, der öffentlich blamiert war und eine hohe Schadensersatzforderung zu erwarten hatte. Er setzte sich nach Paris ab und verschwand aus der Affäre.

Die aber war längst nicht am Ende. Zwar waren nun bestimmte Umschläge als Fälschungen erwiesen, aber es blieben Mengen von anderen Umschlägen in den Sammlungen, deren Farben auffällige Abweichungen zeigten. Das Gericht hatte die naheliegende Frage nach der Herstellung der Fälschungen merkwürdigerweise nie gestellt. Ich vermute, dass Lindenberg seine Richterkollegen überzeugt hatte, dass sie mit dieser Frage das Ansehen der Reichsdruckerei gefährden würden, wo ja auch Geldscheine und Wertpapiere gedruckt wurden. Dieser Skandal musste unbedingt vermieden werden!

Merkwürdig auch, dass Lindenbergs Freund und Vertrauter Dr. Franz Kalckhoff, der von Beruf Farbchemiker war, der Farbfrage nicht weiter nachging.

Kapitel 3.

Das nächste Kapitel der Geschichte wurde 1926 aufgeschlagen. In diesem Jahr hielt die Quarzlampe ihren Einzug in die Philatelie. Der erste Sammler, der ein solches sperriges und sehr teures Geräte in Berlin besaß, war seit 1927 Dr. Siegfried Ascher. Das UV-Licht brachte viele Marken der gefälschten Eingroschenumschläge zum Leuchten: knallrot, orange, tiefgelb. Und auch ein Teil der falschen Zweigroschenumschläge fluoreszierte zyanblau. Fouré hatte einen Teil der verwendeten Marken gefälscht, obwohl sie zu seiner Zeit noch bogenweise billig am Markt waren. Warum, bleibt eines seiner Geheimnisse. Dabei benutzte er allerdings Anilinfarben, die es 1868 in der Preußischen Staatsdruckerei noch nicht gab. Er konnte nicht ahnen, dass deren Leuchten im UV-Licht ihn später verraten würde.



Die linke Marke (mit vollem Gummi) ist ein Produkt Fourés. Sie leuchtet unter der UV-Lampe karminrot. Wie sie Fourés Werkstatt entkommen konnte, ist mir ein Rätsel. Der Meister selbst hat sie bestimmt nicht freigelassen.

Jetzt erst wurde der Umfang des Schadens klar, den Fouré angerichtet hatte. Und ein Ende war noch nicht abzusehen. Denn der graue Überdruck fluoreszierte nicht. Wie nun, wenn Fouré echte Marken zum Überkleben verwendet hatte und nur der Überdruck falsch war? Auch da gab es verdächtige Grau- und Gelbtöne. Aber bewiesen war nichts.

Dieser Zustand der Unsicherheit blieb bis 2005.

Spannnend? Fortsetzung folgt
verspricht Sentawau
 
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