Thema: Südtirol 1918/19: Postwertzeichen oder Private Erzeugnisse ?
stephan.juergens Am: 06.01.2019 20:53:44 Gelesen: 15478# 42@  
@ Markus Pichl [#40]

Deine Liste ist mir ein wenig zu pauschal. Viele der (Feld-)Postbeamten, die mit der Herstellung solcher Aufdruck-Marken zu tun hatten, waren aktive Philatelisten - dass die dann in den Druckereien die Marken mit abweichender Qualität heraussuchen liessen und diese für "schlechte Zeiten" zurücklegten - das Vertrauen in den Endsieg war 1943/44 als viele der Provisorien des WKII entstanden bei weitem nicht mehr so hoch, wie der Führer das gerne glaubte.

Von Fiume ist vor zwei bis drei Jahren ein Original-Poststempel, ein Dienstsiegel und die Handstempel, mit denen bestimmte Überdrucke hergestellt wurden, auf Ebay angeboten worden (Startpreis jenseits von 30.000 €). Der damalige Eigentümer hat auch verschiedenen Händler und Auktionatoren kontaktiert - und dabei eine Echtheitsgarantie abgegeben: er behauptete, dass er der Enkel des damaligen "technischen Direktors der Post der Regierung D'Anuzio" sei, dass sein Großvater damals die Überdrucke einer bestimmten Serie eigenhändig gemacht hat und dass die einzigen echt gelaufenen Marken dieser Serie alle mit diesem Poststempel abgestempelt seien, auf auf Briefen sich immer dieses Siegel befände. Der Name des Großvaters fand sich in den Mitgliedslisten die einigen italienischen Sammlervereinen in den 1960er Jahren veröffentlicht wurden und als Sammelgebiet war Fiume angegeben.

Zu bestimmten Partisanenmarken hat mir ein italienischer Freund erzählt: Wenn die mit einem Zertifikat von ... sind, dann sind die Marken echt. Der war 1944 der Hauptmann der Einheit, welche die Druckerei ausgehoben haben und die Restbestände beschlagnahmt haben. Hatte mich ein bisschen gewundert, dass dort ein italienischer Prüfer mit eigentlich recht gutem Ruf für Altitalien (von dem man nie Zertifikate für andere Gebiete als Altitalien sah) Zertifikate für "Lokalausgaben" des Zweiten Weltkrieges machte. Klar - der hatte (sich) die Bestände "gesichtert" und für die Nachwelt erhalten.

Ähnliche Stories wirst Du über viele andere Sammelgebiete auch erzählt bekommen - letztlich ist aber die Frage, gibt es Sammler, die solche dubiosen Gebiete sammeln oder nicht. Und bei vielen dieser Gebiete gibt es eigentlich nur zwei Sorten von Marken: Pfennigkram, wo es eigentlich egal ist, ob echt oder falsch, da eine Prüfung mehr kostet als der Handelswert der Marke es je sein wird, und Marken, deren Katalogwerte so hoch sind, dass Otto-Normalsammler schon bei der Lektüre des Kataloges die Finger davon läßt, weil seine Patte nie dick genug sein wird. Wenn nun "Sammler" wie Erivan Zgonc und Peter Haub sich solche Machwerke in die Tresore gelegt haben - da habe ich nicht wirklich ein Problem damit, dass sich Teile dieser Sammlungen als Fälschungen erweisen und sich quasi kapitaltechnisch in Luft auflösen.
 
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