Thema: Altdeutschland Bayern: Stempel bestimmen
bayern klassisch Am: 26.01.2019 13:17:22 Gelesen: 62058# 98@  
@ JohannesM [#97]

Hallo Eckhard,

die Bahnpost sollte in der 1. Verteilung mit dem gM 406 die Marken entwerten und als Aufgabestempel den der Bahnpost mit der Stationsangabe im Sehnenkasten hinzufügen.

Soweit die Theorie.

Ab dem 1.12.1856 bekam die Bahnpost (BP) sofort offene Mühlradstempel mit B.P. für Bahn - Post zugewiesen, aber in Folge der zahlreichen Neueröffnungen von Strecken, gab es weit weniger Stempel, als nötig gewesen wären. Daher musste man sich bei der Bahnpost behelfen und stempelte mal die Marken mit dem Halbkreis - Aufgabestempeln, mal ließ man diese ganz weg, mal schrieb man "406" bzw. "BP" auf die Marken mit Tinte oder Farbstift, mal kreuzte man die Marken nur mit Tinte oder Farbstift durch - das war ganz unterschiedlich, aber immer der Tatsache geschuldet, dass es zu wenige Stempel gab.

Im Laufe der 1860er Jahre, als es sehr viele Stationen auf den Strecken gab, musste die Bearbeitung der Brief- und Fahrpost in immer kürzeren Zeitspannen erfolgen, was zur Folge hatte, dass man alle zeitaufwändigen Verfahren (als da wären das umständliche Stempeln der Briefe mit mehreren, verschiedenen Stempeln usw.) vermeiden wollte, wo es nur ging.

Das war zwar nicht im Sinne der Vorschriften, aber es wurde, wenn irgendwie möglich, geduldet, weil die Anforderungen an das Bahnpostpersonal sehr, sehr hoch waren und das in jeder Beziehung (körperlich, mental usw.). Daher war die Führung froh, gute Leute dort zu wissen, die ihren Job so gut es ging machten.

Die Bezahlung bei der Bahnpost war eine bessere, also sonst, aber die Lebenserwartung proportional geringer, so dass dies eine Art "Ausgleich" darstellte. Aber das 19. Jahrhundert war nicht die Zeit von Menschenrechten, Hygiene, partnerschaftlichen Arbeitsverträgen und kollegialen Arbeitsverhältnissen, sondern eher das Gegenteil und die Menschen damals mussten einen harten (Über-)Lebenskampf führen; von daher wurde sehr viel erwartet und doch so wenig gegeben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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