Thema: Schweiz: Tapetenbücher mit alten Briefmarken der Schweiz
Heinz 7 Am: 31.03.2019 09:05:45 Gelesen: 3873# 13@  
@ Torty [#1] und Torty [#12]

Guten Tag Torty,

auch auf die Gefahr hin, mich jetzt unbeliebt zu machen, möchte ich Deine Fragen aus meiner Sicht beantworten.

Fragen:

1) Hat dies schon jemand gesehen?
a) grosse Briefmarkensammlung mit ca. 20'000 Briefmarken (17x11 Marken x 100 Blatt)
b) Tapetenbuch als Briefmarkenalbum

2) Habe ich da einen verborgenen Schatz im Keller?

Meine Antworten:

1a) Viele Briefmarkensammlungen sind sehr umfangreich! An vielen Briefmarkenauktionen finden wir riesige Bestände; Posten mit Beschreibungen: "200 Einsteckalben", "Ansammlung in hunderten von Tüten" (usw.) sind nichts Aussergewöhnliches.

1b) Ein Tapetenbuch als "Briefmarkenalbum" ist zwar einerseits pittoresk und eindrücklich (gute Wirkung), andererseits aber nicht sachgerecht und unpraktisch (siehe z.B. Kommentar von merkuria [#4]). Auch wenn die Befestigung der Marken mit "Fotostickern" nichts Gutes verheisst, scheint doch die "schlimmste Befürchtung" (Mehlpappe) nicht zuzutreffen. Entscheidend ist effektiv, ob eine allenfalls wertvolle Briefmarke problemlos abzulösen ist, das heisst, ohne Beschädigung der Briefmarke gelingt. Wenn ja => Chancen auf einen gewissen Resterlös ist gegeben. Wenn nein => Totalausfall, das heisst Sammlung vermutlich (aus philatelistischer Sicht) wertlos.

Schon vor hundert Jahren gab es Briefmarkenalben, aber die kosteten auch damals recht viel Geld. Viele Sammler fertigten darum eigene Hefte an oder verwendeten irgendwelche ihnen passend scheinende Papierträger als Albenblätter. Ich persönlich habe auch schon Tapetenbücher gesehen, die vollgeklebt waren. Die Wirkung ist faszinierend.

2) Ich vermute stark, dass die drei Tapetenbücher philatelistisch kaum einen Wert haben. Die uns gezeigten 12 Blätter beinhalten Briefmarken, die es vor ca. 80-110 Jahren millionenfach gab. Sie wurden von einem fleissigen Sammler vermutlich aus dem regulären Postverkehr zusammengetragen und fein säuberlich aufgeklebt.

Vielleicht hat der Besitzer Glück, und es finden sich unter den 20'000 Marken doch ein paar wertvolle Briefmarken darunter, (z.B. eine Portofreiheitsmarke (Seite 12) einer seltenen Organisation (ersichtlich an der Nummer) mit einem guten Stempel (z.B. Ersttag))? Seriöse Philatelisten ziehen solche Möglichkeiten in Erwägung und würden an einem regnerischen Wochenende die Tapetenbücher einmal sorgfältig prüfen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber eher gering, dass man wirklich Stücke findet, die (einzeln) mehr als CHF 10 pro Briefmarke wert sind. Findet man ein Stück mit einem Wert von CHF 100, hätte man unerwartetes Glück gehabt. Die Ausbeute eines solchen Wochenend-Einsatzes liegt aber oft "nahe bei Null".

Solche Alben haben aber dennoch einen Wert, finde ich. Dieser ist aber ideeller Art. Vielleicht hat der Urgrossvater einen Grossteil seiner Freizeit mit dem Ordnen dieser Briefmarken zugebracht? Vielleicht träumte die Urgrossmutter von der grossen weiten Welt, wenn sie Briefmarken gruppierte und Bilder formte? Vielleicht war Theodor Christen (= T.C.) der Schulschatz aus der Primarklasse, mit dem man so herrlich spielen konnte, der aber mit seinen Eltern ins Nachbardorf zügelte und den man darum aus den Augen verlor? - - Die Tapetenbücher spiegeln vielleicht ein vergessenes Stück Familiengeschichte.

In Bern gibt es viele tolle, hilfsbereite Briefmarkensammler. Sie werden aus Sentimentalität eine Anfrage von Dir vermutlich geduldig und wohlwollend behandeln. Frage an, ob Du an einem Vereinsabend die schönen Tapetenbücher den Vereinsmitgliedern vorlegen darfst. Ein interessantes Gespräch und ein gemütlicher Abend ist beinahe "garantiert". Oder gehe an eine der zahlreichen Briefmarkenbörsen in Deiner Umgebung und zeige die Bücher einem der dort anwesenden Interessierten. Vielleicht findet man doch einzelne Marken, die - wegen einer Besonderheit - doch verkäuflich sind und einige Franken eintragen.

Viel Vergnügen!

Schöne Grüsse
Heinz
 
Quelle: www.philaseiten.de
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