Thema: Briefmarkenprüfstelle Basel / Prüfungen durch Martin Eichele
briefmarkenwirbler24 Am: 03.04.2019 14:36:38 Gelesen: 33754# 80@  
Hallo zusammen,

ich habe mir nun den Katalog zur "Sammlung Helvetia" (Jean-Paul Bach Auktion) mal etwas genauer angesehen und musste leider folgendes feststellen:

Anscheinend hat der Prüfer (in dem Fall Herr Eichele) teilweise komplett unreflektiert jegliche Beschreibung des Sammlers bzw. Einlieferers übernommen. Man findet in vielen Fällen den originalen Wortlaut der vom Sammler entworfenen Beschreibung auch im Attest wieder, die zwar im Zusammenhang mit der Sammlung (wenn man sie chronologisch durchgeht) verständlich ist, nicht jedoch aber, wenn die Lose zu einem späteren Zeitpunkt wieder veräußert werden. Was genau ich damit meine, werde ich später noch zeigen.

Ich bin bisher bis zu Los 235 durchgedrungen (von etwa 700 Losen) und habe schon einige Fehler in der Beschreibung bzw. unvollständige Beschreibungen gefunden.

Los 142:



Der Wortlaut im Attest lautet "40 Rp-Porto für eine über 15 Gr. schwere Nachnahme über 11.15 Fr. gültig ab 1.9.1876"

Zum einen ist dies fast der identische Wortlaut der Beschreibung des Sammlers, zum anderen könnte ein Laie denken, dass es einen solchen "einheitlichen Nachnahme-Tarif" gab, dem war aber nicht so. Die Taxe setzt sich wie folgt zusammen:

Laut Tarif vom 01.09.1876 2o Rappen für einen einfachen Brief der 2. Gewichtsstufe im Fernverkehr (über 15-250 gr) + 20 Rappen Nachnahme-Gebühr laut Tarif vom 01.08.1862 (bis zu eine NN-Betrag von 10 Franken 10 Rappen und pro weitere 10 Franken erneut 10 Rappen)

Los 143:



Der Wortlaut im Attest lautet "40 Rp-Porto für einen einfachen Brief in Nicht-UPU-Mitglieder Übersee[staaten?] 01.04.1879"

Laut meinen Unterlagen galt der Tarif schon ab dem 01.01.1879 mit dem UPU-Beitritt von Argentinien. Des Weiteren setzte sich die Taxe zusammen aus 25 Rappen Auslandstaxe und 15 Rappen Übersee-Zuschlag.

Los 204:



Der Wortlaut im Attest lautet "20 Rp-Porto für einen über 15 gr. schweren Brief im Lokalrayon mit Nachnahme-Tarif 01.09.1871"

Auch hier wieder eine völlig missverständliche Erklärung. Der Nachnahme-Tarif blieb der gleiche (01.08.1862), aber es galt der normale Inlandstarif vom 01.09.1871, nach dem einfache Briefe im Lokalrayon bis 15 gr. mit 5 Rappen frankiert werden mussten (+ 10 Rappen-Nachnahme)

Los 229:



Hier wurde im Attest nicht darauf hingewiesen, dass die Postkarte um 1 Rappen überfrankiert wurde. In der Regel sollte das einem Sammler natürlich auffallen, dennoch kann man als Prüfer im Attest darauf hinweisen, denn Überfrankaturen sind i.a.R. selten.

Los 233:



Wahrscheinlich auch wieder einfach der Beschreibung des Sammlers entnommen, schreibt Herr Eichele "[...] für eine Drucksache pro 15 gr. schwer". Das Gewicht wurde jedoch beim neuen Tarif auf 40 gr. angehoben (mal von der Grammatik abgesehen).

Ich habe auch noch ein paar Lose gesehen, die nicht den Namen "einwandfrei" verdienen, aber hier lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster, da man an Hand von Scans die Erhaltung eher weniger gut einschätzen kann.

Liebe Grüße

Kevin
 
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