Thema: Kanadische Stempelgeschichte - die Werbestempel
Carolina Pegleg Am: 16.10.2009 06:36:56 Gelesen: 35793# 12@  
In 1992 kontaktierte Canada Post wenigstens vier potentielle Lieferanten für die Jet Spray Systeme. Die Ausschreibung verlangte eine standardisisierte Erscheinungsform, so dass es sehr schwer, wenn nicht unmöglich ist, die Belege aus der Experimentierphase von Winter 1992 bis Frühjahr 1994 einem bestimmten Hersteller zuzuordnen. Die ersten Jet Spray Entwertungen bestanden nur aus einer Zeile und getest wurde überwiegend auf Post, die bereits entwertet war, was Sammler zu der Zeit sicher nicht erfreute. Ich habe mich mit diesen Entwertungen nicht früh genug beschäftigt, um zu der Testphase Belege zeigen zu können. Durchgesetzt hat sich in den Versuchen schliesslich das Modell Jamie 1000UE des Herstellers Imaje, dass ab Herbst 1994 in mehr und mehr der kanadischen Briefzentren installiert wurde. Im Prinzip kann ich nur etwas mit relativer Sicherheit über dieses Model sagen. In neuere Zeit sollen auch Drucker 'Marsh Encore JSP' die Imaje Jet Sprays ablösen oder abgelöst haben. Ich kann dies aufgrund des Druckbildes nicht sagen. Ich habe darüber nur eine Notiz. Ihr müsst Euch das so vorstellen, als ob ich euch fragen würde anhand eines gedruckten Briefes mir zu sagen, ob der mit HP, Brother, oder Lexmark gedruckt wurde. Ich leide an einer Fixierung auf Hersteller aufgrund meiner Beschäftigung mit traditionellen Maschinenstempeln -- hier muss man diese Denkweise allerdings wahrscheinlich aufgeben.

Alle Systeme haben im Prinzip drei Module: Einen Sensor, der die Höhe des Briefumschlages feststellt, den eigentlichen Jet Spray Printer mit ein oder zwei Druckerköpfen und einem Steuerungsmodul mit Keyboard zur Programmierung des Druckers.

Traditionelle Stempelmaschinen stempeln die Post auf dem Kopf stehend von rechts nach links. Ich habe das oben schon einmal am Rande erwähnt. Dies trifft auf alle Stempelmaschinen zu, soweit sie überhaupt über einen automatischen Einzug verfügen (also z. B. nicht bei den mechanischen Handstempeln). Der Grund dafür, dass dies ungeachtet des Maschinenmodells und ungeachtet einer mehr als 100jährigen Maschinen-Stempelgeschichte mit hunderten verschiedenen Herstellern so ist, liegt darin, dass traditionelle Stempelmaschinen nur einen Stempelkopf haben, Briefe aber unterschiedliche hoch sind. Nur wenn die Briefe auf ihrer Oberkante stehend kopfstehend zugeführt werden, wird die Marke egal, ob es sich um einen Damenbrief im Visitenkarten-Format, oder um eine überdimensionierte Grusskarte handelt, sicher getroffen. Steht der Brief auf der Unterkante, dann liegt der Stempel manchmal zu hoch oder zu niedrig oder mag sogar bei besonders kleine Poststücken glatt oberhalb der Oberkante vorbei stempeln. (Es wäre vorteilhaft, wenn ich dazu Illustrationen zeigen könnte -- leider muss ich auf die Vorstellungskraft der Mitleser vertrauen).

Bei den Jet Spray Stempeln werden die Briefe nun von links nach rechts auf der Unterkante stehend zugeführt. Die kanadischen Jet Spray Printer haben daher zwei Druckerköpfe mit jeweils vier Düsen (ist das das deutsche Wort für 'jets'?). Ein Sensor stellt die Höhe des Briefes fest und danach richtet sich, welche der insgesamt 8 Düsen aktiviert werden, um die Marke zu entwerten. In der Regel werden stets nur 2-3 Düsen ausgelöst. Hier ein Beleg, ohne den ich die ganze Sache wahrscheinlich nicht erklären könnte:


Test Entwertung einer Jet Spray Maschine, 12. Dezember 2008 mit Slogan 'Santa HoHoHo / Pere Noel'

Die Inkjet Drucker haben 2 Druckköpfe (A und B), die jeweils 4 Düsen haben. Der obige Beleg zeigt Markierungen der Düsen B1 bis B4. A1 fehlt und A2 druckt den Slogan 'Sante HoHoH0'. Diese Testabdrucke sollen natürlich normalerweise nicht auf der Post vorkommen. Im Normalbetrieb werden je nach der Höhe des Briefes die ein oder mehreren 'besten' Düsen ausgelöst. Da die Briefe von links nach rechts laufen, beginnt der Abdruck mit den Entwerterstrichen.

Zwei weitere technische Gegebenheiten sind von grosser Wichtigkeit. Zunächst hängt die Gesamtlänge des Ink Jet Aufdruckes von der Maschinengeschwindigkeit ab. Je höher die Geschwindigkeit, um so kürzer der Aufdruck. Die meisten Entwertungen erscheinen alle recht gleichförmig, da es offenbar eine optimale Betriebsgeschwindigkeit gibt (etwa 90mm). Es kommen aber Ausreisser zwischen 75mm und 100mm vor. Zudem ist die Höhe und der Abstand der Zeilen variabel. Auch hier muss ich auf Eure Vorstellungskraft vertrauen und mangels besserer Idee zeige ich dieses Symbol >

Nehmt an, dass der Punkt am rechten Ende des Symbols > die Spritzdüse des Druckers darstellt. Man kann sich vorstellen, dass je nachdem wie Nahe der Brief sich an der Düse befindet, davon die Höhe der Buchstaben beinflusst wird. Die Justierung, d. h. der Abstand, zwischen Brief und Düse beinflusst daher die Grösse des Abdruckes. Hier zwei Beispiele von dreizeiligen Entwertungen, bei denen die stark abweichenden Abstände der Zeilen und Schriftgrössen augenscheinlich (?) sind:


Jet Spray Slogan Stempel "Fraud - Prevent it! / La Fraude - Prevenez-la! von M4L 3T0 (Mail Processing Plant Toronto, ON), OCR Maschine 049, 10. März 2009.


Jet Spray Slogan Stempel "www .Postescanda.ca / www .canadaPost.ca" von H4T 1A0 (= MPP Montreal, QC), OCR Maschine 113, 9. Mai 2009.

Canada Post hat die Verwendung von Werbestempeln in den 90er Jahren sehr stark zurück gefahren. Ab 2002 kamen nur noch vier verschiedene Jet Spray Slogans vor (www .Canadapost.ca; www .epost.ca; From anywhere to anyone; und Santa HoHoHo Pere Noel). In letzter Zeit sind mir aber wieder mehr verschiedene Werbungen aufgefallen. Ich hoffe daher, dass das für mich interessante Gebiet der kanadischen Sloganstempel weiter besteht. Es gibt dabei immer wieder etwas neues.
 
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