Thema: Niedergang der Philatelie – Symptom kulturellen Wandels
Jensen Am: 24.11.2019 17:59:03 Gelesen: 3741# 6@  
Hallo,

ein paar Gedanken von mir dazu:

Nachdem im 19. Jahrhundert die Briefmarke erfunden wurde, gab es Sammler. Zunächst eine kleine Gruppe, meist wohlhabender, aristokratischer oder bürgerlicher, spleeniger Briten - dann analog in anderen Ländern eine kleine Gruppe Interessierter.

Es dauerte wenige Jahre bis Jahrzehnte, da wurde daraus ein Massenphänomen und fast jeder Schuljunge sammelte. Entsprechend wurden die meisten Briefmarken als Sammelbildchen produziert -oder auch nur dazu. "Aktie des kleinen Mannes" ist auch ein Stichwort aus dieser Periode.

Diese Episode ist seit ca. den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts vorbei.
Meiner Ansicht nach war diese Episode des Briefmarkensammelns als Massenphänomen nichts als eine "Blase" die geplatzt ist, wobei des Bild der "Blase" nicht perfekt passt, denn die Blase blähte sich und platzte schließlich über eine Zeitspanne von über 100 Jahren.

Man kann dieses Massenphänomen vielleicht mit anderen "Blasen" von Hobbys/Sammeln/Freizeit/Spekukationsobjekte vergleichen. Das bekannteste ist sicher die holländische Tulpenmanie im 16. Jahrhundert. Ich finde nicht, dass der Vergleich zur Philatelie als Massenphänomen hinkt (die Tulpenmanie dauerte nur wenige Jahre).

Noch besser vergleichbar ist die Mah-Jong-Manie der 20er Jahre des 20. Jh, die heute kaum jemand kennt. In diesen Jahren wurde ein (angeblich sehr altes ...) chinesisches Spiel -Mah Jong- in der ganzen westlichen Welt innerhalb weniger Jahre extrem populär. Jeder wollte es spielen, Spielclubs und Vereine schossen aus dem Boden, weltweit wurden Millionen Mah-Jong-Spiele produziert. Und in jedem Land schossen dutzende Fabriken für Mah-Jong-Spiele aus dem Boden. Nach wenigen Jahren platzte die Blase, Vereine und Clubs wurden geschlossen und tausende Mah-Jong-Spiele wurde mangels Abnehmer verbrannt. Und heute kennt fast niemand mehr dieses Spiel überhaupt. Bis auf ein paar wenige immer noch Interessierte.

Nunja, ich denke mit der Philatelie ist es genauso: Die Blase ist eben geplatzt. Und die "großen Zeiten" der Philatelie kommen auch nicht wieder. ist auch irgendwo ganz gut, dass nicht wieder weltweit tonnenweise buntes Papier als angebliche Briefmarken nur für Sammler gedruckt wird.

Heute sind wir wieder da, wo es im 19. Jh. anfing: Eine kleine Gruppe teilweise spleeniger, interessierter Sammler.

Viele Grüße
Jens
 
Quelle: www.philaseiten.de
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