Thema: Briefmarkensammler stöhnen: Das Hobby wird immer teurer
Richard Am: 14.11.2009 23:08:15 Gelesen: 10457# 1@  
Briefmarkensammler stöhnen - Das Hobby wird immer teurer

Von Horst Zimmermann

Kölnische Rundschau (13.11.09) - 1970 konnte sich der Philatelist noch für 17,60 Mark mit allen Neuheiten des Jahres eindecken. Mittlerweile braucht man mindestens 50 Euro, klagen Briefmarkensammler und üben heftige Kritik an der Post.

Viele der 2,5 Millionen Briefmarkensammler in Deutschland sind verärgert: "Unser Hobby wird zu teuer", stöhnen sie. Gestern hatte eine neue Idee der Post Premiere, durch die die Sammler zusätzlich belastet werden: Erstmals erscheint eine Sondermarke ("Tier des Jahres") nicht nur im üblichen Zehnerbogen, sondern auch als nassklebende Rollenmarke.

Obwohl beide Versionen in Druck, Papier und Zähnung identisch sein sollen, klagen viele Sammler: "Wer komplett bleiben will, muss auch die Rollenmarke kaufen, und zwar einen Fünferstreifen. Denn nur jede fünfte Rollenmarke trägt auf der Rückseite eine Nummer, welche die Herkunft der Marke von der Rolle belegt." Der Fünferstreifen kostet 2,75 Euro.

"Der Sammler ist wieder einmal gekniffen", sagt Dieter Hartig, Präsident des Bundes deutscher Philatelisten. Künftig sollen jedes Jahr mehrere Sondermarken auch als Rollenmarken erscheinen, wodurch die finanzielle Belastung der Sammler weiter steigt. Was die Sammler noch mehr ärgert: Die Rollenmarken sind nur in den kleinsten Poststellen ("Postpoints") und in den Philatelie-Shops der großen Postfilialen zu kaufen.

Den meisten Sammlern bleibt deshalb nur eine teure Bestellung bei der Versandstelle für Sammlermarken in Weiden. Die kassiert entweder dafür 4,95 Euro Versandkosten oder rät zu einem (kostenfreien) zusätzlichen Abonnement. An Abonnenten ist die Post stark interessiert, weil sie denen leichter Zusatzangebote (zum Beispiel für Alben, Bierkrüge oder Miniatur-Postautos) unterbreiten kann.

Auf dem 110. Philatelistentag in Bad Sassendorf Ende September hatte ein Sammler seinem Ärger Luft gemacht: "Wir werden ausgepresst wie eine Zitrone." Tatsächlich ist aus dem einstigen Hobby für den schmalen Geldbeutel längst ein Steckenpferd für Besserbetuchte geworden. 1970 konnte sich ein Sammler noch für 17,60 Mark mit allen Neuheiten des Jahres eindecken, mittlerweile braucht man im Jahr mindestens 50 Euro. Darin sind Automatenmarken, Heftchen und Boxen nicht enthalten.

Wer außer "postfrisch" auch noch "gestempelt" sammelt, muss mindestens noch einmal denselben Betrag hinblättern. Denn die Zeiten, da man gestempelte Marken aus dem Papierkorb sammeln und von Briefen ablösen konnte, sind vorbei. Die unschönen Rollenstempel von heute sind als minderwertig verpönt, praktisch sind nur noch eigens für Sammelzwecke gestempelte Marken sammelwürdig.

Die Zahl der Sammler ist in den letzten Jahren von drei auf 2,5 Millionen geschrumpft. "Da spielen Altersgründe, aber auch finanzielle Gründe eine Rolle", weiß Sammler-Präsident Hartig. Der Philatelie-Bereich der Post bekam Order, mit den weniger gewordenen Sammlern mindestens denselben Erlös von rund 250 Millionen Euro im Jahr zu erzielen. Damit setzte eine lange Reihe von Innovationen ein, um den Sammlern mehr Geld abzuknöpfen.

Mittlerweile werden im Jahr um zehn Sondermarken zugleich als nassklebende Marken und mit identischen Motiven als Selbstkleber ausgegeben. Dadurch wird der Sammler-Etat um rund 20 Euro im Jahr belastet. Außerdem wechselt die Post Dauermarken und Automatenmarken schneller als früher aus, wodurch die Kosten der Sammler ebenfalls steigen.

In letzter Zeit hat die Post versucht, die Sammler durch kleine Geschenke bei Laune zu halten. So gab es für Abonnenten Gemeinschaftsausgaben, die motivgleich auch in einem anderen Land erschienen, als Gratiszugabe. Ob das ausreicht, bleibt abzuwarten.

Angeblich spielten die wachsenden Belastungen für die Sammler auch bei einer spektakulären Personalie eine Rolle: Christian Faißt und Jörg Meißner, der Chef und der Marketingleiter des Geschäftsbereichs Philatelie der Deutschen Post, haben Knall auf Fall ihre Schreibtische geräumt. Sammler-Präsident Hartig will "so schnell wie möglich" mit dem für die Briefmarken zuständigen neuen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble reden, "damit er weiß, wo die Sammler der Schuh drückt".

(Quelle: http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1257858511407.shtml)

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Ob sich Herr Schäuble wohl mehr für die Milliarden-Schulden des Landes oder für die Sorgen der Sammler interessiert ?
 
Quelle: www.philaseiten.de
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