Thema: Bund: Briefmarken Wert im Vergleich 60er- bis 90er-Jahre und ab 2000
olli0816 Am: 06.05.2020 16:49:58 Gelesen: 2242# 5@  
@ Trullala [#1]

Hallo,

wenn ich zurückschaue, hat sich meine Einstellung bei Briefmarken in vielerlei Hinsicht geändert. Was früher für mich wichtig war, ist heute nur noch eine Randnotiz. Dazu gehören die Werte der Briefmarken und Briefe/Ganzsachen. Nur weil ein Katalog Preis xyz reinschreibt, heißt das noch lange nicht, dass die Marke unbedingt so viel wert sein muss. Je älter sie sind, desto individueller werden die Preise. Man kann einen schwarzen Einser in erbärmlicher, durchschnittlicher oder toller Qualität besitzen. Alles bedingt sehr unterschiedliche Preise.

Dann habe ich früher auf "postfrisch" geachtet. Über die Jahre merke ich, dass mir dieses Kriterium immer gleichgültiger wird, solange die Marken gut erhalten sind. Schaut man in den Katalog, scheint bei diesem Kriterium das Jahr 1920 absolut heilig zu sein. Davor scheints kaum postfrische mehr zu geben und danach bis ca. 1950 sind viele wunderschön ungebraucht erhaltene Marken mit Falz nur einen Bruchteil von postfrisch wert. Da die Sammler tendenziell sowieso weniger werden, fallen die Preise auch für postfrische Marken, weil weniger Abnehmer. Es ist wie beim Neukauf eines Autos: Fahre ich vom Hof, verliere ich gleich 30% des ausgegebenen Geldes. Bei solchen Marken dauerts länger, aber wenn man sich den Wertverfall z.B. des Posthornsatzes anschaut, sieht man was ich meine.

Meine Vorlieben gehen immer mehr in Richtung gestempelte und Briefe. Ich habe viele postfrische/ungebrauchte und freue mich über die auch, aber sehr viele Neuzugänge sind bei den gestempelten und den Briefen. Man ändert mit der Zeit seinen Geschmack.

Ich weiß, dass für viele Leute der Wert der Marken wichtig ist. Der Punkt ist für mich ziemlich unwichtig geworden - schon wieder eine Änderung.

Was die Handelswerte betrifft, bin ich allerdings nicht so pessimistisch wie Wim Ehlers. Es gibt durchaus Gebiete, die diese 5% erzielen, dazu gehört leider Bund von 1955 - 2001. Wenn man sie überhaupt verkaufen kann. Viel zu viele Marken und viel zu wenig Interessenten. Mit ein bisschen Glück bekommt man die ganze DDR postfrisch über ein Auktionshaus für 500 EURO. Die komplette französische Zone für etwa 250 - 300 EURO postfrisch. Gestempelt allerdings wird es da viel schwieriger, weil die echt gestempelten dann doch schwer zu bekommen sind. Da ist auch nichts mit 5%, sondern geprüft eher bei 30%. Die mit 5%-Preis französische Zone gestempelt sind dann eher falsch. Es gibt noch viele andere Gebiete wie China, Russland, schöne alte klassische Werte in guter Erhaltung, die durchaus auch 50% oder sogar über 100% Michel kommen können. Das sind Ausnahmen. Über vielfach niedrige Preise kann man vielleicht depressiv werden und einige, besonders die Erbengemeinschaften, sind es sicherlich geworden. Für aktive Sammler allerdings ist es ein El Dorado, man kommt heute an Material, wo man früher nur davon träumen konnte. Ich sammle z.B. keine Bundmarken mehr, besitze aber trotzdem unabsichtlich einen postfrischen Posthornsatz, weil der bei einer Sammlung dabei war. Wie Du in den 90ern gesammelt hast, kannst Du dich sicher noch erinnern das die meisten von dem Satz geträumt haben und er unerreichbar war, weil man (bei mir war das zumindest so) nicht so einfach 6.000 DM ausgeben konnte.

Das heißt, wenn man sich den ständig wandelnden Umständen mit immer weniger Sammlern und immer mehr verfügbaren Material anpasst, wird man viel Spaß haben. Wenn ich über Geld rede, dann sind Briefmarken bei diesen Betrachtungen ganz sicher nicht dabei. Es ist für mich so wie beim Bergsteigen: Da habe ich Kosten fürs hinfahren, für die Alm zur Einkehr, evtl. Übernachtung und Ausrüstung. Das Geld ist zu 100% weg und so sehe ich es bei den Marken. Mit der Einstellung kann ich nicht enttäuscht werden und habe viel Freude. Trotzdem besitze ich eine große Sammlung.

Von daher: Probiere einiges aus und finde, was die Spaß macht. Manche spezialisieren sich stark und andere wie ich schauen nach Material, was ihnen gefällt ohne sich zu sehr zu beschränken. Das ist Typsache, woran man Freude findet. Zum Glück ist man der Chef: Man bestimmt selber was man möchte.

Deine beiden Fragen sind hinreichend beantwortet worden. Die neueren ab 2001 sind nur wertvoller, weil sie noch verwendbar sind. Alles bis 1955 ist nett bedrucktes Papier in sehr hoher Auflage, was keinen oder kaum einen Wert besitzt. Trotzdem kann und darf man Freude daran haben. Also viel Spaß damit.

Viele Grüße
Oliver
 
Quelle: www.philaseiten.de
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