Thema: Korea: Postbüro Chemulpo
ligneN Am: 26.12.2009 19:35:57 Gelesen: 15898# 15@  
Hallo,

Inchon oder Chemulpo

Inchon war und ist quasi der Hafen der Hauptstadt Seoul und mit Seoul durch den Fluß Han verbunden. Bevor es ordentliche Straßen in Korea (ab 1905) bzw. eine Eisenbahn Inchon-Seoul gab, war der Fluß die wichtigste Verkehrsverbindung.

Chemulpo* dagegen war ein Fischerdorf bei Inchon (chin. Lesung Yenchuan, jap. Ninsen oder Jinsen).

*Ausländische Lesung (besser gesagt: Verständnis) des eigentlichen Namens Chi-mul-p'o.

Die Fremdensiedlung entstand neben dem Fischerdorf nach Öffnung von Inchon als Vertragshafen (treaty port) mit den Verträgen vom August 1883. Es war ein von der koreanischen Regierung gepachtetes Gebiet: Ummauert, mit bewachten (u. a. Zoll) Zugängen und hatte mit der koreanischen Stadt Inchon damals nichts zu tun. Die Konsulate, Händlers, Schiffahrtsvertretungen usw. siedelten sich dort an. Es gab genau gesagt drei Teil-Fremdensiedlungen:
die chinesische, die japanische und die "internationale".

In der internationalen Siedlung konnten sich auch Japaner und Chinesen niederlassen.

Die Verwaltung der Japaner-/Chinesensiedlungen oblag zunächst deren Konsulaten.

Die Verwaltung der Internationalen Fremdensiedlung erfolgte durch ein Komittee ähnlich der Fremdensiedlung in Shanghai. 1889 einigte man sich über eine gemeinsame Verwaltung aller drei Settlements. 1913 hoben die Japaner den besonderen Status aller Settlements in Korea auf.

Die Ausländers nannten ihre Siedlung Chemulpo - der koreanischen Regierung kam das zupaß: In den Öffnungs- und Handelsverträgen mit den diversen ausländischen Staaten stand zwar Inchon, nach außen hin war es aber nur ein Stück Strand bei einem Fischerdorf. Minimaler Gesichtsverlust.

Ein koreanisches Postamt existierte in Inchon nur wenige Wochen Oktober/Nov. 1884. Dann wieder ab 1895.

Das chinesische Seezollamt in Inchon besorgte ca. 1889/97 einen Postdienst nur mit China. Ein- und ausgehende Post ist bekannt. Stempelinschrift: Jenchuan, Datenstempel oder ovale MailMatter Typen wie aus China bekannt.

Ein japanisches "Postamt im Ausland" existierte (zunächst im Konsulat) in Chemulpo ab April 1884. Es war die einzige Postverbindung zum Ausland vor 1900, entsprechend frequentiert, so daß man noch 1884 das Zimmer im Konsulat aufgab und am Konsulat anbaute. Die Adresse der Postagentur war dann "Nr. 10 Consulates Street". So hieß die Hauptstraße der Fremdensiedlung inoffiziell, weil sich dort fast alle Konsulate angesiedelt hatten.

Korea wurde zum 1.1.1900 UPU Mitglied. Als Berater hatte man sich 1899 Emile Clemencet engagiert, einen französischer Postler aus ?Lyon, der sich für diesen Job hatte beurlauben lassen.Clemencet bestellte Ausrüstung, Formulare, Bescheinigungs- und Datenstempel in lateinischen Schriftzeichen (UPU Vorschrift) in Frankreich: bei den gleichen Stempelmachern, die auch die damals in Frankreich (+ Kolonien) gängige Type herstellten.

Ansonsten spielte Clemencet eine weniger rühmliche Rolle, u. a. bei der Verfälschung von Aufdrucken und der Fabrikation von "Briefen" mittels der ihm zur Verfügung stehenden echten Stempel. Die ganz unnötige Ausgabe "Falke" von 1903 geht auch auf ihn zurück.

Ein französisches Postamt in Korea (mit Ausnahme der genannten Feldpoststellen im Rahmen des UN-Einsatzes) hat es nie gegeben.

Ab 1.1.1900 nahm das koreanische Postamt Inchon auch die Funktion eines UPU-Austauschamts war. Den Namen CHEMULPO benutzte man im Stempel, weil er den Ausländern (inkl. der ausländischen Schiffslinien) vertraut war. Er war quasi "schon auf der Landkarte".

Die Auslands-Austauschabteilung saß natürlich im koreanischen Postamt zu Inchon.

Selbst die Japaner benutzten für ihre Agentur im Auslandsstempel nach der für Ausländer unverständlichen Lesung NINSEN bald auch: CHEMULPO. Nach der Annektion benutzten sie ab 1910/21 einen großformatige Type mit der Inschrift NINSEN (CHEMULPO).

Die koreanische Auslandspost ab 1900 wurde damals über die französische Postämter in Chefoo/China (für Nordchina) bzw. Shanghai/China (für Europa) oder Japan (nach/via Amerika) geleitet. Entsprechend kann man also zwei oder mehr(wenn nach Frankreich oder eine französische Kolonie gelaufen) Datenstempel französischen Typs auf einem Beleg finden.

Die Fremdensiedlung verschmolz nach der japanischen Annektion Koreas (de facto 1905, de jure 1910) mit der modernen Japanerstadt, die bald mit der alten Koreanerstadt Inchon zusammenwuchs. Das Fischerdorf fiel nach und nach der Hafenerweiterung bzw. Neubauten zum Opfer.

Hier noch ein Bild von Chemulpo aus den 1890ern. Im Vordergrund das Fischerdorf Chi-mul-p'o (strohgedeckte Dächer), Hintergrund die Fremdensiedlung mit Ziegelsteinbauten und einigen Schiffen vor Anker. Im Gebäude auf dem Hügel residierte die Filiale der Hamburger Exportfirma Carl Wolter&Co. (koreanisch Sechang Yanghaeng), die lange Jahre quasi als Generalagent der koreanischen Regierung für Import/Export aus Europa fungierten. Am Rande, Wolter&Co. kauften der Regierung auch die unverausgaben Michel Korea I-III ab, und schleusten sie über Hamburg in den Handel:



--- Auf der von Harald Zierock gezeigten Karte ist der Stempel Chemulpo Transitstempel auf eingehender Post nach Seoul. Lauter französische Stempelformen in Asien verwendet - ein ungewöhnliches Stück.

Gruß
ligneN
 
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