Thema: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt
Heinz 7 Am: 11.06.2020 12:37:39 Gelesen: 346843# 708@  
@ Heinz 7 [#164]

Meine Leser mögen mir verzeihen, dass ich "immer wieder dasselbe erzähle", bzw. dass sich gewisse Wiederholungen nicht vermeiden lassen, um neue Beiträge einzubetten in ihr Umfeld und damit meine Ausführungen auch verständlich zu machen. Schliesslich haben wir auch immer wieder neue Leser, und auch sie wollen wir mitnehmen; ihnen erklären, warum uns eine Marke besonders begeistert oder warum wir sie vielleicht nicht ganz so hoch gewichten, wie andere Philatelisten.

Bei der Suche nach dem wertvollsten Stück der Mauritius-Philatelie habe ich mich längst entschieden und bleibe bei meiner Einschätzung: dem Bordeaux-Brief 1847 mit BEIDEN Marken der ersten POST OFFICE-Ausgabe gehört Platz eins!



Gelegentlich wird der "Bombay Cover" als wertvollstes Stück von Mauritius bezeichnet



Ein Grund dafür könnte sein, weil dieser Brief mehr als einmal astronomisch hohe Preise erzielte. Ich werde im Thema "Hervorragende Sammlungen - Mauritius" noch darauf eingehen. Für mich ist aber klar, dass dieser Brief - obwohl einmalig - klar HINTER dem "Bordeaux Cover" einzureihen ist.

Sehr heikel ist nun die Werteinschätzung der Stücke nebeneinander. Noch nie wurden diese zwei Stücke gemeinsam angeboten und "der Markt" hat uns eine Antwort auf die Frage gegeben! Die Stücke kamen immer wieder zeitversetzt zur Auktion. Der einzige Mensch, der meines Wissens BEIDE Briefe besass, war Alfred Lichtenstein! Er hat aber - für mich unverständlich - den Bordeaux Cover an einen Sammler-Rivalen verkauft: 1922 an Arthur Hind!

Lichtenstein hatte 1917 BEIDE Briefe kaufen können, aus UNTERSCHIEDLICHEN Sammlungen. Das Spitzenstück (aus meiner Sicht) gab er weiter... Seine Tochter Louise Boyd Dale erhielt seine Sammlungen. Nach deren Tod wurde der Bombay Cover verkauft, 1968, 51 Jahre nachdem ihr Vater den Brief erwerben konnte. In den nächsten 32 Jahren (1968-2020) wurde der Bombay-Cover ein paar Mal angeboten.

Viele Leser wissen, wie ambitioniert Philipp La Renotière von Ferrary Briefmarken sammelte, und zwar schon früh, im XIX. Jahrhundert. Wir wissen, dass er die zwei oben genannten Briefe nie besass. Aber er hatte auch etwas "ganz Nettes"...

Dazu müssen wir wissen, dass bekannt ist, dass Ferrary keinen besonderen Wert darauf legte, dass er die Briefmarken AUF BRIEFEN besass: es genügte ihm, wenn er die Marken LOSE besass. Er soll sogar gewisse Marken von Briefen abgelöst haben, was heute als schwerer Fehler angesehen werden muss, und den Wert eines Stückes sehr stark mindert. Aber - andere Zeiten, andere Präferenzen... Ausserdem konnte der "Briefmarkenkönig" Ferrary natürlich mit seinen Stücken machen, was er wollte.

Ferrary hat früh schon im XIX. Jahrhundert sich mit Mauritius-POST OFFICE-Marken eingedeckt, er hatte sogar SECHS Exemplare, wovon er später zwei Exemplare weitergab (eintauschte), sodass an den berühmten Ferrary-Auktionen nur noch vier Marken zum Verkauf kamen.

1881 kam Ferrary in den Besitz von gleich beiden Marken, als er die Philbrick Sammlung kaufte. Wir sollten uns vor Augen führen, dass Ferrary dann erst ca. 23 Jahre alt war! Der "Bordeaux"-Brief wurde erst 1902 entdeckt, der "Bombay"-Brief erst 1898. Beide Briefe wurden um die Jahrhundertwende sehr teuer verkauft - Ferrary drängte sich nicht vor. Er hatte wohl schlicht kein besonderes Interesse daran; an den Finanzen kann es nicht gelegen haben.

1881 erwarb Ferrary folgende Exemplare:



Wir sehen, dass die Marken einmal zusammengehörten! Natürlich denken wir sofort an den "Bordeaux-Brief", aber das "Philbrick-Paar" bestand aus zwei losen Marken, da Frau Borchard 1864 die Marken vom Brief abgelöst hatte.

(Diese Information entnahm ich: Leon N. Williams: Encyclopedia of Rare and famous stamps, Band I, Seite 155. Er verwies auf die Zeitschrift Timbre-Poste von Moens, Vol. 37, Seite 88).

Damit wurde vor 156 Jahren ein ähnlicher Brief wie der Bordeaux-Brief vernichtet, und dieser wurde zum Unikat... Fraglos haben die zwei Einzelmarken heute viel weniger Wert, als wenn sie noch auf dem Original-Brief haften würden. Aber vor 156 Jahren galt dies noch nicht. Und auch Ferrary sah das vermutlich nie so.

Heinz
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/1705
https://www.philaseiten.de/beitrag/236243