Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
volkimal Am: 28.06.2020 13:19:35 Gelesen: 120420# 249@  
Hallo zusammen,

am 29.10.45, dem Tag an dem der Gruß von Onkel Hans in Quakenbrück eingesteckt wurde, war die Post von der sowjetischen zur britischen Zone aber schon wieder zugelassen. Am selben Tag schickte Urgroßmutter aus Berlin diese Karte an meinen Großvater. Es ist übrigens ihre erste Karte in lateinischer Schrift. Vorher hat sie immer Sütterlin geschrieben, und das war nach dem Krieg nicht erlaubt.



Urgroßmutter schreibt:
Meine lieben Kinder! 27.X.45
Heute vor 6 Monaten war der letzte Brief von Dir, lieber Hermann geschrieben, der uns Ende März erreichte vor dem großen Angriff. Gestern hörte ich, daß jetzt man überall hin schreiben könne, da will ich Euch und Euern Mädeln innige Grüße senden und mitteilen, daß wir alle die schweren Monate mit Gottes Hilfe gut überstanden...
Mittelbar hörte Tante Clara von ihrem Hermann daß Friedburg in München gewesen sei, und Gerhard hatte an sie erwähnt, daß er von Euch Nachricht habe. Daraus schlossen wir, daß nichts Großes bei Euch geschehen sei, weil solches erwähnt worden sei. Gott sei Lob und Dank. Nun werdet Ihr sicher bald selbst schreiben.
Hans und Berta waren Ende April 10 Tage im Dorftreck. Er war am 19.X. ankommend über 4 Tage hier für sich und seine Frau Sachen zu holen, hoffentlich kam er gut heim. Wenn Ihr von Euren Söhnen nur bald gute Nachricht hättet...
Hans ist seit 1.Okt. im Nachbardorf als Lehrer. Berta kann vorläufig noch unterrichten. Er sagte, er habe mehrfach versucht, Euch zu schreiben. Wir hatten im Sommer alle die Ruhr, ich schwer. Dörte pflegte mich so gut es ging, ich fühle mich ganz wohl, wiege 92 Pfd. Nun seid innigst gegrüßt Ihr Lieben dort.
Gott befohlen Eure Mutter




Wie Urgroßmutter auf der Karte schrieb, hat Onkel Hans mehrfach versucht an Großvater zu schreiben. Von diesen Nachrichten sind außer der eben gezeigten "Karte" noch zwei weitere bei Großvater angekommen. Diesen Brief schrieb Onkel Hans am 23.9.1945 in Retzin. Er hat ihn dann einem Reisenden mitgegeben, der den Brief aber erst zwei Monate später am 29.11.1945 in Eckernförde aufgab.



Von einem Brief, den Onkel Hans am 14.10.1945 schrieb, kann ich nur den Text zeigen. Da ich nicht weiß, wo und wann der Brief aufgegeben wurde, kann ich nicht sagen, welcher Umschlag dazu gehört. In der Zeit, als die Post noch nicht zugelassen war, hat Onkel Hans in allen drei noch erhaltenen Karten bzw. Briefen in etwa dasselbe erzählt. In diesem vier Seiten langen Brief beschreibt er natürlich die Zeit nach dem Krieg am ausführlichsten.

Viele Grüße
Volkmar



 
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