Thema: Internationaler Briefmarkenversand - schlägt der EU-Amtsschimmel jetzt zu?
drmoeller_neuss Am: 28.07.2020 14:14:18 Gelesen: 8491# 1@  
Ab dem 1. Juli 2021 soll die Zollfreigrenze von 22 Euro abgeschafft werden. Zur Zeit sind Sendungen von außerhalb der EU zollfrei, wenn der Gesamtwert 22 Euro nicht überschreitet (private Geschenksendungen bis 45 Euro). Erst bei höheren Beträgen werden 19% Einfuhrumsatzsteuer fällig, was der deutschen Mehrwertsteuer entspricht.

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_16_4010

Die EU sieht in der 22-Euro-Freigrenze eine steuerliche Ungerechtigkeit zugunsten von Kleinhändlern in China, die sich gegenüber Anbietern in der EU die Mehrwertsteuer sparen und etwa 20% billiger anbieten können. Außerdem wurde die Regelung häufig missbraucht, in dem ausländische Warensendungen unter 22 EUR deklariert wurden.

Wegen dieser Zollfreigrenze verzichten die EU-Länder auf etwa 3 Milliarden Steuereinnahmen. Das hört sich viel an, verteilt sich aber auf alle EU-Länder. Dagegen muss man den bürokratischen Aufwand rechnen, den die Steuererhebung verursacht.

Prinzipiell ist gegen den Wegfall der Zollfreigrenze nichts einzuwenden. Es gibt keinen Grund, chinesische Versandhändler zu subventionieren. Auf der anderen Seite bedeutet die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer ab dem ersten Cent einen erheblichen bürokratischen Aufwand, den sich die Deutsche Post mit 6 Euro Gebühren pro Sendung vom Verbraucher wieder zurückholt. Außerdem bleibt zu befürchten, dass sich die Wartezeiten im Internationalen Postzentrum (IPZ) Frankfurt noch weiter verlängern. Bereits jetzt sind mehrere Wochen Wartezeit auf internationale Sendungen keine Seltenheit.

https://www.paketda.de/news-zollfreigrenze-22-euro-abgeschafft.html

Was bedeutet das für uns Briefmarkensammler? Viele Sendungen werden wie bisher unter dem Deckmäntelchen "Dokumente" unter dem Zollradar fliegen. Große Händler, Auktionshäuser oder staatliche Briefmarkenversandstellen kommen aber um eine ordentliche Zolldeklaration nicht herum. Hier ist mit mehr Aufwand für alle Seiten zu rechnen.

Vollkommen offen ist, in wie weit diese Regelung in den Alltag umgesetzt wird. Möglicherweise bleibt es eine Kann-Vorschrift, die gelegentliche Sendungen wie bisher nicht erfasst und als Freigut aussondert. Die Schweiz hatte die Zollgrenze bereits Anfang 2019 abgeschafft, in den meisten Fällen aber von einer Erhebung von Zollgebühren für Kleinsendungen abgesehen.

Nach deutschem Recht hat der Fiskus bei Kleinbeträgen einen Spielraum. Fraglich ist nur, ob er hier angewandt werden darf, ohne EU-Recht zu verletzen. Nach der Kleinbetragsverordnung (KBV) kann das Bundesfinanzministerium durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Steuern unter 10 € nicht erhoben werden. Auch kann von einer Festsetzung von Steuern abgesehen werden, wenn die Kosten für die Erhebung außer Verhältnis zu dem Betrag stehen. Auch die Abgabenordnung sieht vor, dass der Fiskus auf Steuer-Kleinbeträge verzichtet (§ 156 Abs. 1 AO)

https://www.smartsteuer.de/online/lexikon/k/kleinbetragsverordnung/
 
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