Thema: Gebr. Spiro / Philip Spiro: Forschungsunterstützung gesucht
Erdinger Am: 06.05.2021 23:03:17 Gelesen: 3548# 16@  
@ marc123 [#15]

Das große Problem bei den alten Fälschungen ist, dass die Angaben zu den Herstellern in der Regel nur spätere, meist willkürliche Zuschreibungen sind. Ich habe immer wieder in Foren gelesen, wie Sammler falsche Marken (etwa bayerische Schwarze Einser) mit großer Überzeugung als Spiro-Fälschungen bestimmten. Ich ging daher auf die Suche und fand – nichts Belastbares! Vor allem in englischsprachigen Veröffentlichungen wurde über die Gebrüder Spiro als Fälschungs hersteller geschrieben.

Bei den ersten Recherchen fiel mir auf, dass in zeitgenössischen Hamburger Quellen (Zeitungen im Internet) weder die Firma Gebrüder Spiro noch die davon völlig getrennt handelnde Firma Philipp Spiro (beide werden in besagten philatelistischen Veröffentlichungen aus dem angelsächsischen Raum unterschiedslos in einen Topf geworfen) jemals Druckereidienstleistungen anboten.

Beide Firmen handelten mit Schreibwaren aller Art, Daguerreotypien, antiquarischen und zeitgenössischen Grafiken und, ja, offenbar auch mit philatelistischen Produkten. Ihre wenigen nachweisbaren eigenen Verlagswerke wurden allerdings nicht im eigenen Haus gedruckt. Das gab schon einmal zu denken, umso mehr, als die Spiros in einem Buch im Zusammenhang mit Helgoland-Nachdrucken sogar als »a gang of criminals known as the Spiro Brothers« bezeichnet wurden. Solche flott dahin geschriebenen Äußerungen vereinigen mangelnde Fremdsprachenkenntnis, schlampige Recherche und billige Vorurteile in sich.

Nach kurzem Austausch mit Wolfgang Maassen im Frühjahr 2020 stand ziemlich früh die Arbeitshypothese im Raum, dass die eifrigen Philateliehistoriker möglicherweise die falschen Fälscher beim Wickel hatten. Gerhard Lang-Valchs hat mit seinen Forschungen zum spanischen Drucker/Grafiker Torres dann einen viel besseren Kandidaten für die Urheberschaft sehr vieler alter Faksimiles und Falsifikate aus dem Hut gezaubert.

Mich freut, dass hier endlich etwas in Gang gekommen ist, und ich bin schon sehr gespannt auf das fertige Buch und darauf, ob es gelingt, wenigstens einen Teil der offenen Fragen zu klären.

Vor allem bin ich gespannt, ob Experten aller Couleur auch in Zukunft noch mit Gewissheit behaupten können, dieses oder jenes sei eine »Spiro-Fälschung«. Allerdings habe ich noch gewisse Zweifel, ob sich neue Erkenntnisse so einfach gegen lieb gewordene Vorurteile durchsetzen werden …
 
Quelle: www.philaseiten.de
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