Thema: Luxusgut Briefmarke - der Postkunde zahlt die Zeche
drmoeller_neuss Am: 28.05.2021 17:10:44 Gelesen: 5398# 1@  
Die FDP-Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer und Dr. Marcel Klingehaben haben am 18. März 2021 eine Kleine Anfrage [1] an die Bundesregierung zur Zukunft der Briefmarke gestellt. Neben einigen nichtssagenden Allgemeinplätzen hat der Bund die Kosten für die Aufsicht über die amtlichen Briefmarken recht genau beziffert.

"Dem Bund entstehen für das Referat L C 5 (Postwertzeichen) Personalkosten für drei Arbeitskräfte im höheren Dienst; drei Arbeitskräfte im gehobenen Dienst und zwei Arbeitskräfte im mittleren Dienst. Darüber hinaus wurden im Schnitt der letzten drei Jahre pro Jahr Mittel in Höhe von rund 960.000 Euro für Sachkosten veranschlagt (insbesondere Kosten für die künstlerischen Gestaltungen, den Programmbeirat und den Kunstbeirat). Das von der Deutschen Post AG zu zahlende Lizenzentgelt übertrifft die Gesamtkosten erheblich."

Für die Gesamtkosten muß man die Personalkosten noch abschätzen. Dazu veröffentlicht der Finanzminister eine Berechnungsgrundlage [2]. Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin im höheren Dienst schlägt mit 80.000 Euro Brutto-Bezüge pro Jahr zu Buche, dazu kommen noch ein Drittel Kosten für die Versorgung und ein Drittel Gemeinkosten. Etwa 25.000 Euro kostet es den Steuerzahler im Durchschnitt, damit es unser Beamter warm hat und sein Umfeld gut ausgerüstet ist. Ganz grob sind es 160.000 Euro pro Kopf auf Vollkostenbasis. Der mittlere Dienst arbeitet günstiger. Unsere 8-köpfige Briefmarkentruppe kostet damit deutlich mehr die 960.000 Euro Sachkosten aus der Anfrage.

Alles zusammen kostet der Luxus, Briefmarken mit der Aufschrift "Deutschland" vom Finanzministerium herausgeben zu lassen, jedes Jahr geschätzte zwei Millionen Euro. Bei 50 Briefmarken pro Jahr ist das pro Marke 40.000 Euro. Davon landet nur ein Bruchteil bei den Grafikern, der Rest geht für die Verwaltung darauf. Dafür braucht es das edle Referat "Postwertzeichen", in dem jeder Mitarbeiter noch nicht einmal eine Briefmarke pro Monat betreut.

Angesichts der Kosten ist das Resultat doch recht bescheiden. Die meisten Briefmarken beschränken sich auf die Auswahl eines geeigneten Photos aus einer Datenbank und etwas Typografie. Die guten alten Zeiten, wo Grafiker wie Hella und Heinz Schillinger oder Joachim Rieß noch selbst gezeichnet haben, sind lange vorbei.

Dass sich der Staat das Geld von der Deutschen Post wieder vollständig holt, wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage hervorgeht, ist nur ein schwacher Trost, da am Ende der Postkunde die Zeche zahlt.

Hier besteht Reformbedarf, wie die FDP vollkommen richtig anmerkt, ist die Deutsche Post nur ein Anbieter auf dem liberalisierten Postmarkt und die privaten Postanstalten schaffen es auch, ohne Kunstbeirat und Finanzministerium grafisch gelungene Briefmarken herauszugeben.

[1] FDP– Drucksache 19/27131 –Zukunft der Postwertzeichen
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/276/1927675.pdf

[2] 1. Personal- und Sachkosten in der Bundesverwaltung für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Kostenberechnungen 2. Kalkulationszinssätze für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des BMF
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Bundeshaushalt/personalkostensaetze-2019-anl.pdf?__blob=publicationFile&v=4
 
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