Thema: Abenteuer auf der Reise – Auge in Auge mit der örtlichen Postverwaltung
Bendix Gruenlich Am: 13.06.2021 00:19:31 Gelesen: 8835# 10@  
Höchste Zeit mal gen Osten aufzubrechen. So im Jahr 1995, als man Deutschland wiedervereinigt vorfand (jetzt schon seit 31 Jahren – sensationell, wer hätte das, sagen wir einmal 1988, gedacht).

Bin Westler, wäre aber 1989/90 gerne nach Ostdeutschland und Berlin gefahren, Atmosphäre schnuppern. Dank meines seinerzeitigen zwangsweisen 15-Monats-Aufenthalt im Staatsdienst (mit Reiseverbot für das Warschauer Pakt-Gebiet und lausiger Bezahlung unter Grundsicherungsniveau, war ans Reisen nicht zu denken). Mann, war ich froh, als ich am 30.06.90 meine persönliche Freiheit wiedergewann (deshalb ist 1990 auch das Jahr der Befreiung, jawohl).

Also, sagen wir der Repression Ade. Und erinnern wir uns des Preises der Freiheit: es wurden leider die DDR-Marken und wohl als notwendige politische Konzession in diesem Zuge auch die Berlin-Marken ungültig (schade, schade - aber seien wir mal froh, dass die bundesrepublikanischen Marken bis zum 30.06.2002 gültig blieben). Wir Deutschen glauben ja immer, wir seien Weltmeister in allem - bei der Gültigkeit von Postwertzeichen sind wir das jedenfalls nicht und mit Blick auf die Vielzahl der Teilgebiete kann man uns wohl nur als Raubstaat bezeichnen.

Die Marke habe ich in Eisenach gekauft und in Weimar verschickt. Das war die seinerzeit erhältliche Sondermarke für Postkarten. Motiv Regensburg, aber selbst von einem Philatelisten kann man nicht verlangen, dass er immer nur dahin fährt, wo sich bei der Post im Ausgabejahr eine spezifische passende Ausgabe finden lässt.

Die Post in Eisenach war seinerzeit noch unrenoviert und hatte den Charme eines höchstfunktionalen, seit Jahrzehnten im erfolgreichen Betrieb befindlichen Postamts. Bester Service im Bereich Marken und Pakete durch selbstbewusster Postlerinnen (die wussten, was sie taten).



Hier noch ein Beweis, dass ich seinerzeit auch wirklich in Thüringen war (von wegen alles nur vorgegaukelt, alles gefälligkeitsgestempelt, alles nur gefaked, das ist ja gar kein Bedarf, Du hast Dein Zuhause gar nicht verlassen, sondern bei Hermann E. Sieger bestellt usw. usw.): die Thüringer auf dem Domplatz in Erfurt kostete seinerzeit DEM 1,00 pro Stück, und ich habe drei davon verputzt. Na, überzeugt?

Vom Rheinland nach Thüringen, da ist doch auch was dazwischen. Aber was? Also gut, musste eh noch ein paar Neuzugänge wegsortieren, nahm mir daher die letzten 60 Seiten meiner Deutschland-Sammlung vor (Lücken, Lücken, Lücken – aber die DEM-Marken-Ungültigkeitserklärung zusammen mit der voraussichtlich nicht dauerhaften Aufbewahrungsfähigkeit selbstklebender Marken in postfrischer Qualität hat eben ihre dauerhaften seelischen Schaden hinterlassen).

Das Ziel: du findest irgendwas was zum Thema

Die Erkenntnis: es gibt Leben zwischen Düsseldorf und Weimar!

Untenstehend Beweise auf Briefmarke:

• Die innerdeutsche Grenze ist weg? Nein, sie besteht immer noch, nur ist sie heute ein Naturschutzgebiet und ein Wanderweg. Kaum zu glauben (tolle Farbwahl)
• Tradition: im preußischen Teil des Weges galten mal Marken des Norddeutschen Postbezirks – die deutsche Post würdigt das mit einer Sonderausgabe – zu Recht
• Wer auf der Reise Hunger kriegt, für den gibt es deutsche Spezialitäten. Deutsches Brot – ich war schon an vielen Orten, sage aber mit voller Inbrunst: hier gibt es das Beste! Für einen Marke zu Ehre des deutschen Brots wurde es höchste Zeit
• Frankenberg / Eder – fantastische Fachwerkstädte lassen sich in Hessen entdecken. Hier Fachwerk mit Ziegelornamenten. Prachtvolles Deutschland!
• Die Wartburg – mit ein Idealbild für die Burg im deutschen Mittelgebirge – ich war da seinerzeit Essen (ja, wir sind halt Republik)
• Gehört zum Thema: Reformer oder je nach Perspektive mitteldeutscher Aufrührer und Populist – Martin Luther – Design der Marke: Zitat einer bekannten ikonographischen Darstellung
• Gotha – noch ein Schloss, aber in Thüringen gab es ja auch genug Fürstenhäuser
• Auf der Strecke allgegenwärtig: deutscher Wald (kaum Autobahn, kaum Eisenbahn, alles ist Mittelgebirge, kleine Städte – Deutschland Land der Romantik) und mittendrin satter grüner Wald und dünn befahrene Landstraßen
• Gebrüder Grimm – legendäre Sprachwissenschaftlicher, die kennt in Deutschland jedes Kind. Hessen vermarktet sich touristisch als Märchenland und die Waldgegenden, die wirken an manchen Stellen auch so wunderbar verwunschen.
• Prachtvolle Bauten – allerorten zu finden, hier ein Beispiel vor der Styroporisierung deutscher Fassaden



Na, Lust bekommen auf die Gegend? Ich hab es ja vor kurzem im „Luxusgut-Artikel“ in diesem Forum gesagt: Briefmarken sind sinnliche Inspiration auf kleinstem Raum.

Sinnliche Inspiration? Wie wäre es zum Schluss mit zusätzlich was zu Essen. Habe just diese Reise (bzw. die zweite Etappe von Morsbach nach Biedenkopf) vor ca. zwei Monaten kulinarisch mit Gästen geehrt:

• Spargelsuppe
• Gebackene Forelle, Kartoffeln, Salat – dazu grüne Sauce
• Paprikaschnitzel mir Fritten und Krautsalat
• Apfelpfannekuchen
• Getränke: Quellwasser, lokale Biere, Wein vom Rhein, Doppelwacholder

Danach singt Ihr die Nationalhyme, also die deutsche, wenn das Essen gelungen ist!

Denn folgendes: das Anfeuchten von Briefmarkengummierung alleine macht nicht satt!

Und das waren Inspirationen (wenn auch von Hölzken auf Stöcksken) aus acht, auch noch unvollständigen sechs Jahrgängen deutscher Briefmarken.

Und da ist noch viel, viel mehr in unseren Alben, das es zu entdecken und wiederentdecken gibt.
 
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