Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 17.05.2010 19:56:12 Gelesen: 1385776# 526@  
Guten Abend,

schön, daß einmal die Behältnisse selbst zum Thema werden, mit denen unsere so schönen Belege - hoffentlich - transportiert wurden. Die Büchse aus dem Flughafenturm XYZ gehört zum Thema "Hausrohrpost", das auch in der technischen Literatur entsprechend separat behandelt wird, und in der Regel mit den postalischen Verfahren und Notwendigkeiten nichts zu tun hat. Interessanter sind die Originalbüchsen, die bei der Post selbst zum Einsatz kamen. Diese wurden von den verschiedenen Firmen, die an der Entwicklung der Rohrpost beteiligt waren, konstruiert und gebaut. Allen voran Siemens in Berlin, dann Carl August Schmidt & Söhne in Hamburg, Zwietusch in Berlin und schließlich Mixt & Genest in Berlin-Schöneberg.

Diese Firma wurde in den 1950er Jahren nach Umzug nach Stuttgart aufgekauft und im Jahre 1958 in die SEL umgewandelt. Als solche baute und modernisierte sie weiter Rohrpostanlagen und eben auch die dazughörigen Büchsen. Dies geschah auch noch zu einer Zeit, als in München und West-Berlin die Stadtrohrpost längst nicht mehr für den Publikumsverkehr zur Verfügung stand. Jedoch blieb ein Teil des Berliner Rohrpostnetzes weiterhin in öffentlichem Betrieb, nämlich die Rohrpost in Ost-Berlin. Für diese baute die SEL weiterhin Rohrpostbüchsen. Mindestens ein Exemplar ist erhalten geblieben und hat die Wende überlebt.



An der Büchse links erkennt man die Ringeinstellungen, mit denen die von der Büchse selbst bewirkte automatische Weichenstellung innerhalb des Netzes der Stadtrohrpost bis zum Zielort ausgelöst wurde. Die Ringeinstellungen stehen für bestimmte Stromkreiskombinationen im Kopf der Büchse selbst, die dem System beim Einschleusen der Röhre in das Netz übermittelt werden und dann zu entsprechenden Weichenstellungen führen. Diese Büchse war nach Auskunft der Vorbesitzers noch bis mindestens 1989 im Einsatz und zwar im Postamt 1020 Berlin (Alexanderplatz). Von dort aus gab es postinterne Verbindungen zum PA 1017 Berlin sowie diverse Hauspostanschlüsse in Richtung der DDR-Ministerien sowie der Berliner Zeitung am Alexanderplatz und dem Neuen Deutschland in der Straße der Pariser Commune (1017 Berlin). In der Seitenansicht der Büchse kann man sehr schön das von dem Graphiker Anton Stankowski zu Beginn der 1960er Jahre gestaltete Logo der Firma SEL erkennen.



Was so ein Stück wert ist? Keine Ahnung? Bei ebay habe ich 6 Euronen dafür bezahlt - froi froi froi ;-) -, was wohl nicht zu teuer ist und genau 4494 Euronen unter dem Schutzpreis für die nichtpostalische Flughafenbüchse liegt.

Viele Grüße an die Rohrpostarchäologen und an alle pneumaticos
 
Quelle: www.philaseiten.de
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