Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 17.06.2010 07:25:31 Gelesen: 1380818# 530@  
Es gibt etwas zum Thema Ortstarif für Berliner Rohrpostsendungen von und nach außerhalb Berlins zu vermelden.

Bei ebay wurde eine RP 25 mit bemerkenswerter Adressierung verkauft: Empfänger ist ein SS-Scharführer, der nicht in Berlin, sondern im noblen Villenvorort von Berlin-Zehlendorf, in Klein-Machnow lebte. Die Karte ist ohne Zusatzfrankatur, aber auch ohne Taxierung in einen Ort außerhalb Berlins transportiert und dort auch zugestellt worden.



Die Karte wurde am 13. April 1937 zum Spätschalter des Postamtes Berlin SW 11 gebracht und dort mit Minutenstempel 21.10 Uhr versehen. Von dort ging die Karte weiter Richtung Norden nach Berlin W 9 zum Anschluß an das Fahrrohr Richtung Zehlendorf erhielt dort den Ankunfststempel um 21.30 Uhr. W 35, W 57, Schöneberg 1, Friedenau, Steglitz, Lichterfeld, Zehlendorf 1. Ob dir Karte noch den letzten Rohrpostanschluß ereichte und vor 22 Uhr in Berlin-Zehlendorf ankam oder nicht, kann aufgrund der postalischen Merkmale auf der Karte nicht erkannt werden. Im Zuständigkeitsbereich des Postamtes Zehlendorf - genauer des Amtes Zehlendorf 4 - lag nun auch Klein-Machnow. Dieser Ort gehörte zu den wenigen außerhalb Berlins gelegenen Orten, die jedoch postalisch von Berlin aus versorgt wurden. Daher gehört er auch zum Zustellgebiet Berlin und es war der Tarif für Ortssendungen anzuwenden. Dies galt nun auch für die Beförderung per Rohrpost, wobei nicht klar ist, ob diese Karte noch per Rohrpost oder schon mit einem anderen Mittel nach Berlin-Zehlendorf 1 befördert wurde. Dort erhält sie einen Ankunftsstempel (Stunde 24), was bedeutet, daß sie von der dort nachts arbeitenden Telegrammzustellung in Empfang genommen wurde. Ob sie noch nachts in die Zustellung gelangte, kann man nicht ermesen werden. In jedem Fall war hier alles getan worden, um die Karte zum Ortsportotarif so schnell wie möglich an den Empfänger außerhalb Berlins zu bringen. Klein-Machnow wurde nach dem zweiten Weltkrieg noch einige Jahre von Zehlendorf 4 versorgt, obwohl es in der Sowjetischen Besatzungszone lag, bis es dann im Laufe des Jahres 1949 definitiv aus dem Zuständigkeitsbereich berliner Postämter ausgegliedert wurde. Bis dahin düfte aber sioher auch die Möglochkeit bestanden haben, Sendungen nach Berlin - also auch Rohrpost-Sendungen - in Klein-Machnow zum Ortstarif aufzugeben.

Während Klein-Machnow über viele Jahre postalísch Berlin zugeordnet war, gibt es auch einen Ort, der postalisch nur für ganz kurze Zeit dem berliner Zuständigkeitsbereich zugeschlagen wurde: Döberitz im Westen von Berlin, wo das Olympische Dorf für die männlichen Teilnehmer der Spiele eingerichtet war. Döberitz wurde für die Zeit der Olympischen Sommerspiele 1936 dem Ortsbezirk Berlin zugeschlagen, so daß es möglich war, Sendungen nach Berlin zum Ortstarif aufzugeben. Der Stempel gibt jedoch nicht den Ortsnamen Döberitz wieder, sondern liest "Berlin Olympisches Dorf". In Wirklichkeit bezeichnet dieser Stempel also einen Postort außerhalb Berlins. Folgerichtig konnten auch Sendungen per Rohrpost zum Ortstarif zum Versand kommen. Davon sind nur wenige bekannt. Nachfolgender Beleg zeigt eine Frankatur zu 58 Pf mit Olympiamarken auf dem Umschlag des Olympischen Dorfes. Er ist am 13. August 1936 12.20 Uhr in Berlin-Charlottenburg 2 der Rohrpost übergeben worden



und über die Stationen HTA, C 2, C 25 und C 27 um 13.20 Uhr am Postamt Berlin O 17 angekommen.



Von dort ist der Weitertransport nach Berlin SO 16 mit der Eilzustellung erfolgt. Zwar verfügte das PA SO 16 auch über einen Rohrpostanschluß, aber über keine eigenen Eilzustellung, sonst wäre der Brief über C 27 Richtung SO 36 über SO 16 abgeleitet worden.
Die Angaben der Uhrzeit lassen eine letzte Frage stellen; weshalb war der Brief von Charlottenburg 2 nach O 17 etwa 50 Minuten unterwegs? Die Beschriftung legt nahe, daß das richtige Bestimmungspostamt S0 16 erst nachträglich auf dem Brief vermerkt worden ist, denn es handelt sich um eine andere Tinte. Da der Brief in Charlottenburg 2 nicht ohne Bestimmungspostamt in die richtige Richtung geschickt vwerden konnte, war hier also Nachbearbeitung erforderlich. Es sieht jedenfalls so aus, oder?

fragt freundlich alle Rohrpostspezialisten grüßend

telosgraphein007
 
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