Thema: Sammlererfahrungen früher und heute
drmoeller_neuss Am: 29.11.2021 10:05:17 Gelesen: 2090# 19@  
@ Baber [#13]

Es ist eine interessante Frage, die ich nicht beantworten kann:

Sind die Vorlagebögen offiziell in den Privatbesitz des Postministers übergegangen? Dann kann der Postminister natürlich damit machen, was er will.

Was natürlich nicht geht, ist das Frankieren mit ungültigen Marken. Da hilft es auch nicht, der Post später das Porto zu bezahlen. Wenn ich in der Strassenbahn ohne Fahrschein fahre, kann ich auch nicht nachträglich eine Fahrkarte kaufen. :)

Der ganze Vorgang liegt 40 Jahre zurück. Damals wurde in der Politik manches "großzügiger" als heute geregelt. Heute gibt es in den meisten Betrieben und Behörden strenge Regeln über die Annahme von "Geschenken".

Und wenn wir bei dem Thema Post und Geschenke sind: auf der Behördenpost hat es damals oft "gemenschelt". Mein Großvater hat sich seine ganze Firmenpost am Schalter stempeln lassen, jede Marke mit "Vollstempel". Dafür gab es für die Schalterkräfte ein "Neujährchen": eine gute Flasche Wein, ein paar Pralinen und selbstgebackene Weihnachtsplätzchen von Oma.

Auch mein Briefträger war damals nicht so durchgetaktet wie heute. Zeit für ein Plausch war immer, manchmal eine Tasse Kaffee, selten etwas Hochprozentiges.
Da die Abholung von Einschreiben in Krefeld immer mit viel Zeit und einer Fahrt in die Stadt verbunden war, hatte der Briefträger offensichtliche Sammlerbriefe aus der DDR immer wieder mitgenommen und am nächsten Tag zugestellt. Zur Benachrichtigung hat der Briefträger mit Bleistift auf eine andere Postsendung daraufgeschrieben "morgen zwei Einschreiben". Klar, dass da ein Neujährchen fällig war.

Auch die Müllkutscher haben fleissig an Weihnachten eingesammelt, dafür wurde die gleiche Mülltonne auch schon zweimal geleert (Säcke neben der Tonne ging schon damals nicht, da die Stadt die Müllwerker kontrolliert hat, ob nach der Leerung immer noch die Säcke auf der Straße standen).

Es gab aber auch die korrekten Beamten. Jeder Strich im Postsparbuch wurde fein säuberlich mit dem Lineal gezogen, im Falle des Postbeamten Herr D. aus K. sogar zwei parallele Striche.

Herr D. war bekannt und wir haben ihn auch immer nett gegrüsst, wenn er an unserem Haus mit dem Fahrrad zum Nachmittagsdienst zu Post gefahren ist. Dann wurde der Schlüssel von innen ins Schloss gesteckt, Herr D. mit einem Auge auf der Armbanduhr, und wenn der Sekundenzeiger auf 60 war, wurde der Schlüssel umgedreht und die Post war offen.

Am Schalter von Herrn D. war man Bittsteller. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die Postsparkasse Geld aus dem Guthaben auszahlt. Man musste dazu einen Antrag stellen. Ich hatte mich erdreistet, einmal ohne Personalausweis auf der Post zu erscheinen und hatte nur die Auszahlungskarte dabei. Ich hatte Herrn D. vorgeschlagen, dieses Mal einfach "Persönlich bekannt" auf dem Auszahlungsschein anzukreuzen. Das wurde von Herrn D. brüsk abgeleht und als Einmischungsversuch in innere Postangelegenheiten gesehen. Ich habe dann ohne Bargeld den Heimweg angetreten und den Ausweis geholt. Der wurde dann besonders gründlich geprüft und alle Angaben auf den Auszahlungsschein übertragen, bevor die, ich glaube es waren 30 DM, ausgezahlt wurden.
 
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