Thema: Altdeutschland Württemberg: Württemberger Chargé Kaminstempel
Gernesammler Am: 07.03.2022 15:15:03 Gelesen: 2085# 4@  
Hallo Sammlerfreunde,

Recommandierte Briefe gab es bereits im 17. Jahrhundert gekennzeichnet mit einem Rötelgitter welches handschriftlich auf den Brief gebracht wurde, dies wurde bis Ende des 18. Jahrhunderts so weiter praktiziert, dann führten einzelne Postanstalten der Reichspost Stempel zur Kennzeichnung eingeschriebener Briefe ein, meist in größeren Postämtern und nur auf privatem Weg besorgt.

Mit Einführung der Rayonstempel 1803 erhielten alle Postämter eigene Chargestempel nach französischen Vorbild.

Später kamen Sonderformen der Chargestempel mit in den Umlauf die dann auch den Ortsnamen beinhalteten, meist wurde dies getan um Zeit zu sparen da das Briefaufkommen immer größer wurde. Einer davon war der sogenannte „Kaminstempel“



Besondere Formen brachten hier Bayern und Württemberg hervor, z.B. die fast Bildgleichen Chargestempel von Baireuth und Nürnberg (Feuser 202-12 und 2547-13)



Auch gab es bildgleiche Chargestempel von Crailsheim, Kirchberg und Stuttgart die aber mehr dem Chargegitter (Rötelgitter) nachempfunden waren, diese gab es in den Farben schwarz und rot und blau (Feuser 613-5, 1728-5 und 3495-12).



Dieser Stempeltyp ist eigentlich nicht ein, sondern drei Stempel. Oben Zeilenstempel CHARGE, Mitte roter Gitterstempel (sogenanntes „Rötelgitter“, war damals in Württemberg für Einschreiben vorgeschrieben und wurde normalerweise, auch zusätzlich zu anderen Chargé Stempeln, handschriftlich angebracht, unten schließlich ein weiterer Zeilenstempel z.B.CRAILSHEIM.

Eine Ausnahme bildet hier München, hier hat der Stempel auch das Datum mit im Stempelbild:



In Ulm und Stuttart wurde ab 1820 die eingeführten Stempel wegen ihres kastenförmigen Aussehens auch Kasten- oder Kaminstempel genannt. Beide Stempeltypen sind auch schon in der Vormarkenzeit belegt (Stuttgart ab 1820, Ulm ab 1825), Feuser 3495-15 für Stuttgart, Ulm hatte sogar zwei Typen, Feuser 3643-9 ab 1828 und 3643-14 ab 1840.

Der Kaminstempel wurde in den Farben schwarz, rot und blau abgeschlagen, die Verwendungszeit ist bis 1862 belegt, geschätzt wird, das die Stempel noch bis 1874 verwendet wurden.




Die Abmessungen dieser Stempeltypen waren, für Stuttgart 28 x 22 mm und 27 x 23 mm für Ulm, für den ersten Typ mit der kleineren Schrift gibt es noch keine Daten, sollte hier ein Sammler diesen Stempelabschlag zeigen können wäre das schön.



Kleinere Postanstalten die nicht solch hohes Briefaufkommen wie Stuttgart oder Ulm hatten benutzten für Ihre eingeschriebenen Briefe den einzeiligen Chargestempel.

Da die Markenentwertung mit einem Stempel zu geschehen hatte, der den Ortsnamen und das Datum aufwies, war ein Charge-Stempel, den man als klassischen Nebenstempel bezeichnen kann, hierfür natürlich ungeeignet. Aber es gab auch Ausnahmen. Gerade die beiden größten württembergischen Postämter Stuttgart und Ulm besaßen einen Charge-Stempel, der den Ortsnamen aufwies (Kamin-Stempel).

Durch diesem Umstand kam es vor, dass hin und wieder eine Frankatur mit dem Kamin-Charge-Stempel entwertet wurde. Möglicherweise lag dies an dem hohen Postaufkommen dieser beiden Postämter, das eine gelegentliche Verwechslung der Stempel begünstigt hat oder den Schalterbeamten veranlasst hat, der Einfachheit halber nur den Nebenstempel heranzuziehen. Solche seltenen Abschläge mit dem Kamin-Stempel finden sich heute meist auf losen Marken, entweder in. Form einer Duplexentwertung, das heißt neben dem üblichen Ortsstempel ist auch der Charge-Stempel auf der Marke abgeschlagen, oder auch als alleinige Entwertung!

Alleinige Entwertungen mittels Kamin-Charge-Stempel sind sehr attraktiv und besonders auf Brief ganz große Raritäten der Württemberg-Philatelie!

Ich möchte einige Briefe zeigen, diese Bilder hat mir Thomas Heinrich zur Verfügung gestellt.




Ich kann hier einen Franko Brief zeigen aus Stuttgart vom 16.8.1822 vom Stadtrat Bracker an Seine Wohlgebohren Herrn Amtsschreiber Reichardt Beutelspach (heute: Beutelsbach/Weinstadt, östlich von Stuttgart) spediert.

Für das Franko hatte der Absender 5 Kreuzer zu zahlen, sowie weitere 4 Kreuzer für die Recogebühr, gesamt 9 Kreuzer, gestempelt mit Chargestempel von Stuttgart (Kaminstempel) in schwarz.




Unter Philastempel können von diesem schönen Stempel einige eingesehen werden, wer Interesse hat, findet hier die Links dazu:

https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/450325
https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/450327
https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/449792
https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/449171

Bedanken möchte ich mich bei den Herren Peter Obermaier, Peter Feuser und Thomas Heinrich die mir bei der Recherche und dem Bildmaterial sehr geholfen haben.

Gruß Rainer
 
Quelle: www.philaseiten.de
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