Thema: (?) (2894) Altdeutschland Bayern: Schöne Belege
bayern klassisch Am: 04.04.2022 20:28:26 Gelesen: 334504# 2408@  
@ bekaerr [#2407]

Hallo Bernd,

sorry für "Nürnberg", soll natürlich Würzburg heißen.

Bei unterfrankierten Briefen war der Wert der verwendeten Marken der CH als Weiterfranko zu vergüten, also 3 Kr. Marke = 10 Rappen. Man tat praktisch nur so.

Weil Frankobriefe viel günstiger waren, als Portobriefe behalf man sich damit, dass man die hohen Gebühren für Portobriefe ansetzte und dann aber mit der Marke ja nichts anfangen konnte, denn sie wäre ja auf das Franko anzurechnen gewesen, dann stimmte aber die Rechnung nicht mehr (7 Kr. minus 3 Kr. wären ja nur 4 Kr. Unterfrankatur gewesen und 4 Kr. waren ja nur 13 Rappen).

Ja, häufig sind diese Briefe nicht, weil seit Beginn der 1850er Jahre für viele Korrespondenten unverständlich war, dass der Postverein bis Russland/Polen reichte, bis an die Dänische Grenze, bis nach Luxemburg, bis zur Walachei, bis nach Serbien bzw. den italienischen Staaten (Österreich), aber ausgerechnet die einem sehr nahe stehende und liegende Schweiz nicht dazu gehören sollte - so haben etliche Leute nur die Postvereinstaxe frankiert und dachte, es wäre gut.

Wenn dann die Empfänger zur Kasse gebeten wurden, aber zu nett, schüchtern oder doof waren, das zurück zu melden, machten die Absender natürlich immer so weiter. Zum 1.1.1868, als der Postverein das Zeitliche segnete und an dessen Stelle die Vertragsstaaten traten, dachten auch viele, dass die Schweiz zu diesen Vertragsstaaten gehörten und frankierten ihre Briefe jetzt nur noch, wie deinen Brief auch, mit 3 Kr., dem Einheitsfranko entfernungsunabhängig. Aber der Altvertrag der CH mit den süddeutschen Staaten im DÖPV lief noch bis zum 31.8.1868 weiter und verwirrte die Korrespondenten dies- und jenseits des Bodensees weiter.

Der neue Postvertrag vom 1.9.1868 sorgte mit seiner Gebührenstruktur dafür, dass Portobriefe doppelt so teuer wurden, weil man keine Portobriefe mehr gegenseitig verrechnen wollte, also kosteten CH - Frankobriefe nach Bayern 25 Rappen (15 für Bayern, 10 für die CH) bis 1 Loth und 50 Rappen für Briefe über 1-15 Loth, während Portobriefe aus der CH nach Bayern 14 Kr. bis 1 Loth bzw. 28 Kr. über 1-15 Loth kosteten und damit deutlich teurer waren, als Briefe in die USA!

Umgekehrt kosteten Frankobriefe aus Bayern in die CH 7 Kr. bis 1 Loth und 14 Kr. über 1-15 Loth (4 Kr. für Bayern, 3 Kr. für die CH), aber Portobriefe 50 Rappen bis 1 Loth (30 Rappen für Bayern, 20 Rappen für die CH) bzw. über 1-15 Loth gar 100 Rappen = 1 Franken.

Das Buch ist hervorragend, aber nicht, weil ca. 20 Briefe darin von mir stammen bzw. ich an ihm beteiligt war, sondern weil man gut mit ihm arbeiten kann, alle Südstaaten behandelt werden und ich den Aufwand kenne, den Karl betrieben hat, um es unter dem Betrag der Kostendeckung über die Firma Köhler, wenn ich nicht irre, verkaufen ließ. Außerdem fehlen die Alternativen, denn wo sonst sollte man die Originaltexte in Kurzform nachlesen bzw. interpretiert bekommen?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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