Thema: Württemberg 70 Kr Marke: Die Suche nach der Wahrheit / Peter Feuser vs. BPP
Richard Am: 27.04.2022 09:07:12 Gelesen: 1951# 5@  
Der Einkreisstempel STUTTGART des Postamtes I

Der Einkreisstempel wurde für Nachstempelungen auf 70 Kreuzer-Marken von ca. 1876 bis 1878 in vermutlich dreistelliger Anzahl benutzt. [13] Als Briefpoststempel ist er bedarfsmäßig zeitgerecht verwendet als Aufgabestempel auf Paketkarten nicht möglich. Der größte Teil aller bekannten Abschläge trägt Merkmale einer einzeln erfolgten Gefälligkeitsabstempelung, die wegen des Verkaufsverbotes der Marke zeitgerecht nicht möglich ist. Echt während der Laufzeit der 70 Kreuzer verwendete andere Marken mit diesem Stempel haben hingegen oft den Charakter von Bedarfsentwertungen. Es sind bis etwa 1880 keine Paketkarten bekannt, bei denen der Stempel bei der Aufgabe verwendet wurde. Es existieren einige wenige mit dem Einkreiser verstempelte Mängelexemplare mit dem Charakter von Bedarfsstücken, über deren Zustandekommen spekuliert werden kann.

Der Stempel ist auch, zeitgerecht verwendet ebenfalls praktisch nicht möglich, auf einer großen Bogenecke bekannt. Während der Laufzeit der 70 Kreuzer wurden aus Platzgründen die Ränder abgetrennt (es sind wenige eindeutige Bedarfsstücke mit kleinen Bogenrändern bekannt).

BPP-Prüfer Heinz Thoma hat die Abstempelung auf der Bogenecke als Nachentwertung erkannt und eine Attestierung abgelehnt. Es entbehrt jeder Logik, den Stempel auf einer Bogenecke abzulehnen, auf normal geschnittenen Marken aber als echt und zeitgerecht verwendet zu bestätigen.

Von Prüferseite wird jetzt mitgeteilt, dass zwar von Heinz Thoma die Abstempelung nicht als zeitgerecht bestätigt wurde, eine Einschätzung eines aktuellen Verbandsprüfers zu diesem Stück nicht vorliegt. Damit soll hoffentlich nicht angedeutet werden, dass eine neuerliche Prüfung durch jetzige Verbandsprüfer Aussicht auf eine Attestierung „zeitgerechte Abstempelung“ erhalten könnte.

Der Stempel auf 70 Kreuzer muss nach den Regeln des BPP als falsch gelten. Bis heute wurde und wird der Stempel auf 70 Kreuzer-Marken m.W. grundsätzlich von den Verbandsprüfern als echt und zeitgerecht verwendet anerkannt. Diese Prüfpraxis muss revidiert werden. Die Aussage in früheren Befunden und Attesten von Verbandsprüfern, dass der Stempel zeitgerecht verwendet worden ist, kann keinen Bestand mehr haben.

Der kleine Datumsbrückenstempel des Postamtes I

Der kleine Datumsbrückenstempel des Postamtes I ist als Briefpoststempel bei der Aufgabe von Paketkarten ebenfalls nicht möglich. Bis ca. 1880 sind keine Paketkarten mit dem Stempel bei der Aufgabe bekannt. Es handelt sich ebenfalls in allen Fällen einer Entwertung auf 70 Kreuzer um Nachstempelungen aus dem Zeitraum von 1876 bis Ende 1879, evtl. in ganz wenigen Fällen auch zu einem späteren Zeitpunkt.

Beim Verkauf von gefälligkeitsgestempelten 70 Kreuzer-Marken musste der Stempel jedesmal lästigerweise zurückdatiert und anschließend wieder auf das aktuelle Jahresdatum umgestellt werden. Dabei kam es zu Missgeschicken: in zahlreichen Fällen wurde die eigentlich bei einer Paketkartenverwendung „unmögliche“ Jahreszahl „73“ eingesetzt.

Es liegt ein Attest eines Verbandsprüfers für eine m.E. falsch gestempelte Bogenecke 70 Kreuzer vor, in dem diese Jahreszahl als Stempelirrtum (statt „74“) des diensttuenden Postbeamten bezeichnet wird. Der Beamte müsste sich ja ständig beim Einsatz der Jahreszahl geirrt haben, wie die zahlreichen
nachgestempelten 70 Kreuzer mit der Jahreszahl „73“ beweisen.



Beispiele für nachgestempelte 70 Kreuzer-Marken mit dem kleinen Datumsbrückenstempel des Postamtes Stuttgart I. Es fällt auf, dass keine kopfstehenden Abschläge vorhanden sind, und die meisten Marken einzeln abgestempelt wurden.

Zahlreiche Abschläge haben Daten aus 1873! Die Marken müssten sich alle auf überschweren Chargé- oder Express-Auslandsbriefen befunden haben, •• als zeitgerecht gestempelt zu selten.

Prüferverband und der Vorstand der ArGe Württemberg teilen diese völlig unglaubwürdige Annahme der Kreuzerzeitprüfer und bringen sich damit in eine blamable Situation.


Es existieren wenige Exemplare der 70 Kreuzer mit diesem Stempel, die bedarfsmäßig entwertet wirken und über deren Zustandekommen nur spekuliert werden kann. Die Nachstempelungen mit dem kleinen Datumsbrückenstempel erwecken darüber hinaus größtenteils den Charakter von einzeln erfolgten Gefälligkeitsentwertungen. Handelte es sich um Bedarfsverwendungen, müssten zahlreiche Exemplare mit Doppel- oder Mehrfachabschlägen existieren.

Den bisher bekannten Belegen zufolge wurde der kleine Datumsbrückenstempel des Postamtes I bis mindestens 1880 ausschließlich am Schalter für Chargé- und Expressbriefe verwendet (später sind wenige Aushilfsverwendungen bei der normalen Briefpost bekannt).

Hochgerechnet also sollen an diesem Schalter überschwere Auslands-Recobriefe mit einer dreistelligen Anzahl 70 Kreuzer-Marken aufgegeben worden sein, und das dazu wohl noch als Einzelfrankaturen, wie die zentrischen Einzelabstempelungen der mit diesem Stempel entwerteten 70 Kreuzer nahelegen.

Köhler-Sieger sprechen im übrigen von „Bearbeitungsstellen“ für allfällig werdende 70 Kreuzer-Briefe in den 4 Einführungspostämtern Stuttgart I und II, Ulm und Heilbronn. Dies lässt den Schluss zu, dass die 70 Kreuzer-Marken während der Kurszeit überhaupt nicht an den beiden Schaltern im Hauptpostamt verfügbar waren. Die Annahme, dass 70 Kreuzer-Marken auf überschweren Chargé-Auslandsbriefen in nennenswertem Umfange verwendet worden sind, ist gerade in diesem Fall völlig unglaubwürdig.

Es dürfte ursprünglich eine dreistellige Anzahl 70 Kreuzer-Marken mit dieser Abstempelung, die nach den Normen des BPP als falsch gilt, vorhanden gewesen sein. Bis heute wurde und wird der kleine Datumsbrückenstempel des Postamtes I auf 70 Kreuzer generell in Attesten und Befunden der zuständigen Verbandsprüfer als echt und zeitgerecht verwendet kategorisiert.

Diese Prüfpraxis muss in Zukunft revidiert werden. Frühere Befunde und Atteste können, was die Aussage „echt und zeitgerecht verwendet“ betrifft, keinen Bestand mehr haben.

Die Fachprüfer sind hingegen auch hier folgender falscher Meinung:

Die angeblichen Gefälligkeits-Abstempelungen des Postamtes I mit der Datumsbrücke sind bedarfs- und zeitgerechte Briefpostentwertungen.


[13] Vermutlich waren noch keine von den Paketkarten abgelöste 70 Kreuzer im Handel.
 
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