Thema: (?) (668) Postverhältnisse Bayern - Österreich
bayern klassisch Am: 18.05.2022 01:46:01 Gelesen: 84588# 540@  
Liebe Freunde,

was es nicht alles gibt: Das Comptoir der Oesterr. Kaiserl. Wiener Zeitung sandte am 23.1.1855 einen Brief mit teilvorgedruckter Adresse ab und der Empfänger war das bayer. Kreis- und Stadtgericht in Würzburg. Zu beachten ist die Franchise "Ex offo", also "Aus dem Büro" und diese zog in der Regel die Gebührenfreiheit nach sich. Hier auch?

Nein, offensichtlich hier nicht, denn die unleserliche Paraphe in blauer Tinte zeigt uns mit 12 Kreuzern rheinisch, dass der einfache Brief taxiert worden war. 2 Tage später kam er in der unterfränkischen Metropole an und wurde gegen Bezahlung zugestellt. Aber warum nahm ein bayer. Gericht überhaupt ein mit Porto belastetes Briefchen aus dem Postverein an? Nun, schauen wir auf seinen Inhalt:



"In der Beilage übersendet das Comptoir die Quittung über die mit geehrter Zuschift ddo. 16. dieses Monats No. ??? anher übermittelte Insertions Gebühr pr. 2 Gulden 20 Kreuzer mit dem Bemerken, daß die zuzusendenden Belege, welche im ersten Schreiben nicht verlangt wurden, 1 Gulden 9 Kreuzer kosten, welcher Betrag gefälligst franko anher übermittelt werden wolle, worauf die Zusendung der Belege unverzüglich erfolgen wird. Rambach."

Da war also einiges schief gelaufen zwischen Würzburg und der Wiener Zeitung. Würzburg wollte/sollte/musste in Wien etwas inserieren und schrieb Wien an (Frankobrief). Wien antwortete (Portobrief), dass dies 2 Gulden 20 Kreuzer CM kosten würde (also plus 20% mehr, als die rheinische Währung) und Würzburg wollte es so und zahlte (Frankobrief). In diesem Brief hatte man aber vergessen Wien aufzufordern, entsprechende Belege nach Würzburg zu schicken, so dass nach diesem Brief hier ein Weiterer frankiert nach Wien mit einem Inhalt von 1 Gulden 9 Kr. CM (wieder plus 20% währungsbedingt) verschickt werden musste (Wertbrief). Nach dessen Erhalt in Wien sollte dann ein (hoffentlich!) letzter Wiener Brief mit den angeforderten Schreiben irgendwann unfrankiert in Würzburg einschlagen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch, bei dieser Konstellation hier unwillkürlich an die EU denken müssend
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/723
https://www.philaseiten.de/beitrag/294736