Thema: Deutsches Reich: Wertschätzung von Belegen
TeeKay Am: 06.11.2022 13:56:04 Gelesen: 11920# 79@  
@ BMmike [#78]

Das Wissen um Portogerechtigkeit fehlt leider vielen Sammlern. Jeder kann irgendwelche Marken auf einen Brief kleben und abschicken. Aber bei "schwierigen" Frankaturen wie z.B. Blocks mit vielen Marken, hohen Nominalen in Mehrfachfrankatur oder exotischen Zusammendrucken besteht die Schwierigkeit gerade darin, Portostufen zu finden, für die diese Frankaturen exakt passen. Weil sich die Mühe in der Vergangenheit die wenigsten Sammler machten, sind manche portogerechten Frankaturen selten bis extrem selten.

Zwei Beispiele (aus meinem Sammelgebiet, daher nicht DR): 5 Mark Schwarzaufdruck in Mehrfachfrankatur - exakt eine bekannt und kommt nächste Woche bei Schlegel mit 25.000 Euro Startgebot zum Ausruf. Satzbriefe mit allen Marken des Satzes Schwarzaufdruck gibt es wie Sand am Meer und werden, wenn überhaupt, für 400 Euro verkauft. Dabei war eine Satzfrankatur 1948 teurer als zwei 5 Mark Marken.

3 Mark Berliner Stadtbilder in Mehrfachfrankatur - sehr wenige bekannt, kosten auf Auktionen dann 2.000 Euro und mehr. Auf der Messe Ulm hatte ich so einen Brief in der Hand. Leider 10 Pf überfrankiert, daher mit nur 100 Euro ausgepreist. Das Traurige: Die 10 Pf hätten genau das Porto für Luftpost ergeben. Der Sammler hätte damals also lediglich den blöden Luftpostaufkleber zusätzlich aufbringen müssen - bezahlt hatte er die Luftpost ja ohnehin schon - und es wären aus 100 Euro 2.000 geworden. Einfach zwei Marken wahllos draufkleben - das konnte halt jeder. Sich ausrechnen, welche Dienste man kombinieren muss, um das ganze portogerecht zu machen, das konnten oder wollten nicht so viele.

Nun ist Portogerechtigkeit nicht gleich Portogerechtigkeit. Einen Brief durch wahllose Kombination von Marken portogerecht zu machen, wird Sammler auch nicht begeistern. Mehrfachfrankaturen der gleichen Marke oder die kleinstmögliche Kombination verschiedener Marken (wenn nötig) sind gefragt, keine bunten Sammelsurien. Bei manchen Portostufen war es unumgänglich, viele verschiedene Marken zu verwenden. Aber auch dann sollte es keine quietschbunte Frankatur verschiedenster Marken sein, sondern eben das postübliche = die kleinstmögliche Anzahl Marken.

Aber auch davon gibt es Abweichungen: Aufbrauch. Wenn Marken nach Portoänderungen auf einmal unnötig wurden (z.B. 6 Pf nach Portoerhöhung auf 7 Pf), kam es zu Massenfrankaturen zum Aufbrauch der nicht mehr benötigten Marken. Das gleiche passierte während der Währungsreform 1948 oder der Außerkurssetzung der DM-Ost Marken in Westberlin Ende März 1949.

Es können auch nicht portogerechte Belege wertvoll werden. Z.B. nicht ausreichend freigemachte Sendungen, die nach Postkontrolle nachfrankiert wurden. Die sind oft teurer als von vornherein korrekt freigemachte Belege. Wer hat z.B. Heuss-Luftpostfrankaturen nach Singapur aus winzigsten Orten Schleswigs mit Landpoststempel und Nachfrankatur zu wenig entrichteten Portos?

Kurz gesagt: Es ist oft unmöglich, eine Preisschätzung für Belege abzugeben, weil es diverse Parameter gibt. Auf Auktionen bin ich regelmäßig überrascht, welche Preise am Ende herauskommen.

Werner Rittmeier [1] befasst sich auf seiner Webseite und befasste sich in seinen Beiträgen in der DBZ oft mit der Schwierigkeit, manche Portostufen zu dokumentieren.

[1] https://www.philatelie-digital.de/author/werner-rittmeier/
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/4660
https://www.philaseiten.de/beitrag/305446