Thema: Recht: Dürfen Delcampe Nutzer nicht mehr nach Deutschland verkaufen ?
DL8AAM Am: 07.11.2022 18:45:11 Gelesen: 3789# 51@  
@ Winni451 [#40]

Und oh Wunder, seltsamerweise können das inzwischen weit über 50.000 Kleinhändler aus China, obwohl das bis vor wenigen Jahren für diese noch eine überbordene und unverständliche deutsche Bürokratie war.

Oh Wunder, das liegt nämlich daran, dass a) der chinesische Staat seinen Exporteuren hier mit Rat und Tat zur Seite steht und b) das diese chinesischen Kleinhändler nicht direkt selbst versenden, sondern dass das grundsätzlich alles über große Fulfillment-Center bzw. eCommerce-Logistik-Abwickler durchgeführt werden und diese den Kleinhändlern den Eintrag bzw. die Abwickung der "LUCID-Pflichten" als Dienstleistung abnehmen. Auch Alibaba unterstützt so seine "Mitgliedshändler". Das ist ähnlich wie bei Amazon, da kann man auch weiterhin international aus dem EU-Ausland bestellen, ohne je vom Zoll bzw. von der DPAG zu einer nachträglichen, kostenaufwändigen Verzollung tangiert zu werden. Das übernimmt die Plattform zentral.

Treffen tun diese Regeln, obwohl damit man eigentlich die "Großen" (und primär wohl eher den chinesischen B2P-Direktimport) treffen wollte, nur die kleinen, plattformunabhängig-freischaffenden Händler für unbedeutendere Spezialdinge und die eher nur selten mal etwas international versenden, die nicht die Fachkenntnis, Menpower oder Extrakosten stemmen können. Zum Beispiel "das" kleine Spezialhobby-Ladengeschäft in England, das Einzelteile für britische Modelleisenbahnen über den Tresen verkauft, nebenbei etwas Inlandsonlinehandel betreibt und gaanz selten mal eine Bestellung aus dem Ausland bedient (bzw. bediente) und der nun meinen Bekannten ernsthaft riet, er solle doch schnell mal mit einem Billigticket rüberfliegen und im Laden direkt vorbeischauen, international versenden sie nichts mehr.

Und dieser Effekt trifft nun auch den B2P-Briefmarkenverkauf über Delcampe, das wohl leider nicht ("amazon-like") bei den Exportnebenpflichten für seine Mitglieder helfen will/kann.

Interessant in der offiziellen Delcampe-Stellungnahme ist für mich aber auch, dass die expliziet nur von Deutschland sprechen, obwohl es sich hier ja um eine EU-weite Regelung handelt. Aber scheinbar setzt (derzeit) wohl nur D die Bestimmungen proaktiv (auch für gewerblich- und verpackungstechnisch unbedeutendere Kleinsthändler) um - "Briefmarkenversand im Umschlag". Ansonsten müssten ja alle diese delcampischen Kleinsthändler ihre Tätigskeiten komplett einstellen. Dann wäre ja aber auch die gesamte Geschäftsidee von Delcampe tot, zumindest bis kommerzielle Dienstleister für den kleinen Händler auf Zypern diese Pflichten kostenpflichtig übernehmen. Die wirklich "Großen" (und da fallen bestimmt dann auch viele "Fälschungshändler" drunter) haben sicherlich nur kurzfristig Probleme damit, die finden immer einen Weg. Es werden dann aber wohl nur noch die "Großen" und "Bösen" am Markt bleiben, sicherlich nicht der "kleine Kellerrentner", der moderne, lokale Bedarfsbelege für'nen Groschen das Stück nebenbei, trotzdem aber (semi-) gewerblich vertreibt.

Man könnte auch hier wieder fast den Eindruck gewinnen, dass alle diese (egal wie gut gemeinten bzw. uns als gut "verkauften") neuen Reglungen nichts anderes sind, als direkte Fördergesetze, die nur die Marktposition von Amazon, Alibaba et al. stärken und weiter zementieren - und die kleinen freischaffenden Händler aus dem Markt drängen.

Beste Grüße
Thomas
 
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