Thema: Wertschätzung: Deutsches Reich Germania mit Aufdruck Poczta Polska
Stefan Am: 05.01.2023 10:44:14 Gelesen: 2241# 10@  
@ Saxendreier [#8]

Sind die Stempel/ Marken echt gelaufen? - es ist natürlich zu prüfen - aber was sagen die Spezialisten auf den "ersten Blick"?

Gegenfrage (trifft für viele Samelgebiete zu, nicht speziell auf die gezeigten Briefmarken): warum sollen die fraglichen Briefmarken falsch sein? ;-)

Martin de Matin hat in Beitrag [#9] die dazugehörenden Katalognummern aufgeführt.

Nachfolgend daher bitte nicht als Polemik verstehen, es soll eher das Bild zur damaligen Situation etwas abrunden:

Die gerade im Aufbau begriffene polnische Post hatte kurz nach der Unabhängigkeit als erste Republik (ab November 1918) alles genommen, was nicht niet- und nagelfest war und für das Tagesgeschäft verwendet. Immerhin musste ein Konglomerat aus (mindestens) drei vorher unabhängigen Postverwaltungen sukzessive zusammengeführt und vereinheitlicht werden:

- Österreich (südliches Polen, heutige westliche Ukraine um Lwiw)
- Deutsches Reich (sog. "Polnischer Korridor", Provinz Posen, ab 1923 auch Ostoberschlesien)
- Besetzung Russlands durch das Deutsche Reich im 1. Weltkrieg (siehe deutsche Besetzung 1. Weltkrieg Aufdruckausgaben "Russisch Polen" bzw. "Generalgouvernement Warschau")
- ggf. auch noch weitere alte russische Gebiete im Osten des damaligen Polens = heutiges Litauen (weiß nicht, da bin ich an dieser Stelle raus).

Teilweise erfolgte die Besoldung der Beamten und sonstiger Mitarbeiter vor Ort und der Materiallieferung (auch Briefmarken) vorläufig weiterhin von der ursprünglichen Postverwaltung (zumindest bei den ehemals zum Deutschen Reich gehörenden Postorten war dies noch zeitweise der Fall, spätestens bis im Januar 1920 der Versailler Friedensvertrag in Kraft trat).

Diese Vielfalt lässt sich gut an den anfangs verwendeten Briefmarken (vor Ort in den Postämtern und Wertzeichenstellen vorgefundene Urmarken für die späteren Aufdruckausgaben Polen Mi-Nr. 2 bis 53 und 130 bis 136) und noch besser an den weiterverwendeten Tagesstempeln (teils erst sukzessive von deutsch auf polnisch aptiert) erkennen, welche teils bis in die 1930er Jahre in Gebrauch waren.

In deinem Fall hatte die polnische Post die deutschen Besetzungsausgaben des Generalgouvernement Warschau aus dem ersten Weltkrieg genommen und überdruckt. Ich gehe von einer einzigen Druckerei aus, welche zentral für den Aufdruck zuständig gewesen war. Diese Art Aufdruck existiert in einer ähnlichen Form (allerdings als Handstempelaufdruck) auch als Lokalausgaben (Bsp. Maków, Płońsk, Pułtusk und Zduńska Wola). Diese sind eher fälschungsgefährdet. ;-)

Gruß
Stefan
 
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